Die hessischen Grünen wählen einen neuen Landesvorsitz

Der Unmut an der grünen Parteibasis wächst mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen der Ampelregierung aus SPD, Grüne und FDP auf Bundesebene. Von zu vielen grünen Positionen sei man bereits im Vorfeld abgerückt. Ein Warnsignal haben nun die hessischen Grünen an ihrem Landesparteitag bei der Wahl zur neuen Doppelspitze gesendet.

Es ist die Überraschung der Parteitags: Sebastian Schaub wird neuer Vorsitzender der hessischen Grünen. In einem Wahlkrimi setzt sich der Limburger Fraktionssprecher im dritten Anlauf mit nur 26 Stimmen Vorsprung durch. Mit seiner Forderung nach einem schärferen grünen Profil rennt der 51-Jährige bei der Parteibasis offene Türen ein. Immer lauter wird die Kritik an den Berliner Koalitionsverhandlungen, in der grüne Forderungen wie etwa ein Tempolimit auf Autobahnen schnell vom Tisch waren.
Sebastian Schaub, Bündnis 90 / Die Grünen, neuer Landesvorsitzender Hessen
„Wir müssen im Umweltschutz, in der Verkehrswende, im Klimaschutz, aber auch gerade bei sozialer Gerechtigkeit und auch bei unserem Widerstand gegen Rechts klar Position beziehen. Und noch klarer Position beziehen, als wir das bisher gemacht haben.“
Sein Vorgänger Philip Krämer galt vor der Wahl eigentlich als Favorit. Dass der 29-Jährige neben seinem neuen Mandat im Bundestag auch weiter den Landesvorsitz in Doppelfunktion ausüben wollte, hatte für Kritik gesorgt. Als Vorsitzende wiedergewählt wird Sigrid Erfurth, wenn auch nur mit knapper Mehrheit. Die neue Doppelspitze wird den Spagat zwischen Berliner Realpolitik und der rebellierenden Basis meistern müssen. Die Wiedergewählte versucht schon mal, die Koalitionsverhandlungen in ein besseres Licht zu rücken.
Sigrid Erfurth, Bündnis 90 / Die Grünen, Landesvorsitzende Hessen
„Sowohl die Grünen, als auch die SPD und die FDP sind von verschiedenen Sachen abgerückt. Und ich finde es immer etwas einseitig, zu sagen: Ihr habt das nicht durchgesetzt und ihr habt jenes nicht durchgesetzt. Sondern ich finde: Am Ende machen wir einen Strich drunter und schauen, ob’s passt.“
Auch die hessische Bundestagsabgeordnete Bettina Hoffmann gibt sich in der Frankfurter Jahrhunderthalle größte Mühe, die Basis einzufangen. Mit deutlichen Worten mahnt sie, den Koalitionsvertrag erst abzuwarten.
Bettina Hoffmann, Bündnis 90 / Die Grünen, Bundestagsabgeordnete
„Macht keine Rosinenpickerei, sondern guckt euch das Gesamtpaket an. Da sind unheimlich viele grüne Ansätze drin, die wirklich einen Wandel bringen werden. Und dann gebt eure Bewertung ab. Und sagt nicht: Nur weil das Tempolimit nicht drinsteht und dort das nicht steht, ist das alles Scheiße!“
In dieser Woche will die künftige Ampelregierung den Koalitionsvertrag vorstellen. Doch ob die grüne Parteibasis diesem zustimmt, kann niemand voraussagen.