Demonstration im Ahrtal

Die Jahrhundert-Flutkatastrophe im letzten Sommer – sie hat viele Menschenleben gefordert und tausende Häuser zerstört. Die Anwohner kämpfen seitdem mit den Folgen und versuchen den Wiederaufbau zu stemmen. Doch der schreite viel zu langsam voran. Rund zehn Monate nach der Katastrophe regt sich Unmut im Ahrtal.

Stefan Kurth und Doris Hein stehen auf ihrem Grundstück in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Dort wo sie einst Gäste in ihrer Straußwirtschaft im Garten bewirtet haben steht nichts mehr. Alles wurde von der Flut mitgerissen. Und auch das Privathaus der Familie stand zwei Meter hoch unter Wasser. Noch immer leben die beiden in einem Provisorium. Aus eigener Kraft haben sie schon viel gestemmt – doch auf die versprochenen finanziellen Hilfen zum Wiederaufbau ihres Hauses müssen sie mehr als vier Monate warten.
Doris Hein, Flutbetroffene aus Bad-Neuenahr Ahrweiler: „Also letzte Woche haben wir die erste Abschlagszahlung bekommen. Und das ist schön, dass die gekommen ist. Aber zwischendurch hat uns das schon sehr sehr mürbe gemacht, weil es einfach so lange gedauert hat. Wir konnten uns einfach nicht erklären, woran das liegt. Wir haben versucht da anzurufen, ne Email zu schreiben und eigentlich hat man da auch keinen erreicht.“
Längst sei noch kein Alltag eingekehrt im Ahrtal und doch würden beispielsweise Versorgungszelte, die kostenlos ein warmes Essen bieten, jetzt geschlossen. Für die Anwohner eine Katastrophe.
Stefan Kurth, Flutbetroffener aus Bad-Neuenahr Ahrweiler: „„Diese Treffpunkte sind wichtig, dass sich die Leute halt versorgen können, weil viele auch nicht die Zeit haben einkaufen zugehen. Und zumal, wenn keine Küche und kein Kühlschrank vorhanden ist, wo sollen wir das zubereiten? Wo sollen wir es lagern? Und das ist halt so bei den Meisten noch der Fall.“
Mit den Problemen steht die Familie nicht alleine da. Rund 250 Betroffene haben sich deshalb gestern Abend zu einer Demonstration zusammengefunden, zum ersten Mal überhaupt im Ahrtal. Sie wollen auf sich aufmerksam machen. Darauf, dass weiter freiwillige Helfer benötigt werden und, dass sie von der Politik nicht vergessen werden.
Birgit Löhr aus Bad Neuenahr-Ahrweiler: „Das Land muss mehr tun. Einfach das Land. Die lassen uns irgendwo hängen. Da sind wir irgendwo verloren gegangen.“
Thomas Heller aus Bad Neuenahr-Ahrweiler: „Ich hab acht Monate im Keller gelebt, hier in Ahrweiler. Keine Wohnung bekommen, nichts.“
Gabi aus Dernau: „Die ganze Welt wird gerettet aber die 40 Kilometer hier im Ahrtal, die gehen vor die Hunde. Und das meine ich genau so. Und das macht mich wütend. Ich kenn wieviel Leute, die Geld gespendet haben. Es kommt nicht an.“
Vor der Kreisverwaltung Ahrweiler stellt sich Landrätin Cornelia Weigand den Fragen der Anwohner. Zum Thema Essens-Stationen sagt sie:
Cornelia Weigand (parteilos), Landrätin Kreis Ahrweiler: „Es braucht schon ganz ganz lange keine 40.000 Essen mehr. Es sind aber Millionen tatsächlich in warme Essen geflossen. Einige Millionen. Und die Frage ist, wie lange muss das Geld noch in Essen fließen oder wann kann das Geld vielmehr in die Unterstützung des Aufbaus fließen.“
Die Probleme sind vielschichtig, nicht alles kann die Landrätin beantworten. Das Fazit der Flutbetroffenen:
Michael Buschow aus Bad-Neuenahr Ahrweiler: „Frau Weigand, absoluten Respekt. Sie ist rausgekommen. Hochachtung. Wir haben schon eigentlich unser Ziel erreicht, den Anfang zu machen.“
Ines Thomä aus Bachem: „Ich bin nicht schlauer, als ich hierher gekommen bin. Und für mich hat das jetzt nicht viel gebracht.“
Stefan Kurth und Doris Hein wünschen sich, dass die Anwohner den Einsatz der Spendengelder mitbestimmen können.
Stefan Kurth, Flutbetroffener aus Bad-Neuenahr Ahrweiler: „Man muss die Betroffenen ja hören, ist ja logisch. Ich bin ja betroffen jetzt in dem Fall. Und woher soll denn der Bürgermeister wissen, wie es mir geht? Also muss er mich doch fragen; was brauchst du? Das ist ja eigentlich die Botschaft. Was brauchst du? Was braucht ihr Betroffenen? Wir stellen euch das zur Verfügung.“
Zusammen anpacken und den Wiederaufbau stemmen, das ist das Ziel aller Anwohner. Damit das Ahrtal endlich wieder zum Alltag zurückkehren kann.