Deeskelationstraining für Justizvollzugs-Beschäftigte

In rheinland-pfälzischen Gefängnissen kommt es immer häufiger zu Angriffen auf Justizvollzugsbeamte. Allein in diesem Jahr wurden 13 solcher körperlichen Übergriffe gemeldet. Und dazu kommen Beleidigungen oder Bedrohungen durch Insassen. Damit die Justizbediensteten auf solche Situationen vorbereitet sind und sie gewaltfrei lösen können, bekommen sie ein spezielles Deeskalationstraining. Wir haben uns das an der Justizvollzugsschule in Wittlich angeschaut.

Ein Gefängnisinsasse randaliert in seiner Zelle.
„Herr Schmidt? Wir wollen mit Ihnen reden. Was ist denn los, Herr Schmidt?“ – „Ich will meinen Einkauf.“ – „Sie haben alles letzte Woche in den Einkauf investiert. Es ist doch nichts mehr da.“ – „Das kann nicht sein, ich will meinen Einkauf. Ich habe die Liste ausgefüllt. Ich möchte meinen Einkauf haben.“ – „Nächste Woche kriegen Sie Ihren Einkauf.“ – „Gibt nix zu warten, ich brauche die Sachen.“
Was hier täuschend echt wirkt, ist eine Übung beim Deeskalationstraining. In einem nachgebildeten Haftraum werden die Justizvollzugsbeamten mit alltäglichen Einsätzen konfrontiert. Dabei sollen sie versuchen, die Situation zunächst mit einem ruhigen Gespräch zu deeskalieren.
John Klein, Fortbilder Justizvollzugsschule Rheinland-Pfalz
„Also wenn man natürlich mit Schimpfwörtern Schimpfwörter bekämpft, kommt im Endeffekt nur eine Aggression raus. Was wir auch viel machen, sind so Trainings, wenn Leute beleidigt werden, dass sie nicht das sagen, was ihnen als allererstes in den Kopf kommt, sondern gegebenenfalls versuchen, den Ärger des anderen erst mal zu erkennen und das nicht so persönlich an sich heranzulassen.“
Sollte dann aber trotzdem ein körperlicher Angriff erfolgen, müssen die Justizbediensteten lernen auch damit umzugehen. Hier probt eine Gruppe von Gefängnisinsassen den Aufstand im Hof. In der Übung werden die Anwärter im Justizvollzug körperlich attackiert und müssen trotzdem ruhig bleiben. Oberste Prämisse: Niemand soll verletzt werden. Nicht die Gefangenen, aber auch nicht man selbst.
Beji Benzarti, Anwärter im Justizvollzug
„Man hatte automatisch eine falsche Verteidigung, sag ich jetzt mal, an den Mann gelegt, weil man diese ganzen Taktiken zum Beispiel nicht kannte. Und so weiß man halt auch wirklich für den Fall der Fälle, welche – sag ich mal – gewissen Körperteile, Körperpunkte man vor allem schützen sollte. Und da hat man sich halt vorher nie wirklich Gedanken drüber gemacht.“
Immer wieder werden brenzlige Situationen eingeübt, damit die Justizvollzugsbeamten nicht vor Schreck erstarren, sollten sie im Dienst angegriffen werden. Der rheinland-pfälzische Justizminister zeigt sich beeindruckt vom Training in Wittlich. Das höhere Aggressionpotential in den Gefängnissen führt er vor allem auf den Drogenkonsum der Insassen zurück.
Herbert Mertin (FDP), Justizminister Rheinland-Pfalz
„Aber während das vor 20-25 Jahren eben mehr Alkohol war, sind das heute eben psychoaktive Substanzen ohne, dass wir genau wissen, welche das jetzt im Einzelfall sind. Und die sind eben psychisch sehr belastend und führen dann eben unter Umständen auch zu solchen Aggressionen. Das alles rechtzeitig zu erkennen und zu deeskalieren, das ist eben das Ziel der Ausbildung.“
Beji Benzarti und seine Kollegen fühlen sich mit dem Training jetzt auf jeden Fall sicherer. Denn nun wissen sie: Die schärfste Waffe eines Vollzugsbeamten ist sein Wort.