Dauerbaustelle ärgert Einzelhändler

Zuerst die Corona-Krise, jetzt die Energiekrise und dazu Kunden, die immer weniger kaufen – viele Einzelhändler bangen um ihre Existenz. Im hessischen Kelkheim kommt für die Geschäfte noch ein weiteres Problem hinzu: Durch eine Großbaustelle sind sie von ihrer Kundschaft nahezu abgeschnitten.

Diese Bagger sorgen derzeit für mächtig Ärger. Denn durch sie werden zwei Orte im Taunus für zwei Jahre voneinander getrennt. Normalerweise verbindet die beiden Kelkheimer Stadtteile Ruppertshain und Fischbach eine zwei Kilometer lange Landstraße, Fahrtzeit fünf Minuten. Durch die Baustelle müssen Ruppertshainer nun einen langen Umweg in Kauf nehmen, der fast eine halbe Stunde dauert. Stattdessen kaufen sie nun lieber gleich in Königstein ein. In Fischbach bleibt die Geschäftsstraße dafür menschenleer.
Manuela Rausch betreibt dort eine Metzgerei in fünfter Generation. Nach ein paar Wochen Baustelle ist ihr Umsatz bereits um fast die Hälfte eingebrochen.
Manuela Rausch, Inhaberin einer Metzgerei
„Man hätte vorher drüber nachdenken können, wie das alles so wird. Weil zwei Jahre ist eine lange Zeit. Da hat sich halt einfach keiner – auch von der Stadt nicht – Gedanken drum gemacht, wie es wird.“
Auch Michael Schramen hat es schwer getroffen. Der Obst- und Gemüsehändler musste bereits Personal entlassen, da sein Umsatz zu gering ist. Der 50-Jährige öffnet nun einen Tag weniger pro Woche und hat für die Baumaßnahmen kein Verständnis.
Michael Schramen, Inhaber eines Obst- und Gemüsemarkts
„Das schwindet so langsam. Wir brauchen einfach mehr Unterstützung. Also wir brauchen mehr Unterstützung von der Stadt, weil ich halt sehe: Es wird nicht besser.“
Laut Stadt Kelkheim ist die Sanierung der Landstraße seit 20 Jahren überfällig. Bürgersteige werden gleich mit ausgetauscht und die Wasserversorgung ausgebaut. Bürgermeister Albrecht Kündiger sieht keine Möglichkeit, die Umleitung für Autos über Feld- oder Waldwege abzukürzen.
Albrecht Kündiger, Bündnis 90 / Die Grünen, Bürgermeister Stadt Kelkheim
„Zwischen Ruppertshain und dem Ortsteil Fischbach verkehren rund 4.000 Autos täglich, die kann ich nicht durch den Wald schicken. Die Waldwege sind einseitig, die sind nicht befestigt, das funktioniert nicht. Insofern müssen die Bürger mit den Beeinträchtigungen leben.“
Die Beeinträchtigung für die Geschäfte habe er schlichtweg unterschätzt, will nun aber die Bürger auf die Situation der Einzelhändler aufmerksam machen.
Albrecht Kündiger, Bündnis 90 / Die Grünen, Bürgermeister Stadt Kelkheim
„Jetzt müssen die Bürger aus Fischbach, jetzt müssen die Bürger aus Ruppertshain sagen: Wir stehen zu unseren Einzelhändlern, wir kaufen dort ein. Auch wenn es vielleicht den ein oder anderen Umweg für mich bedeutet.“
Finanzielle Entlastungen für die betroffenen Geschäfte seien angesichts der klammen Kelkheimer Stadtkasse aber nicht drin. Für die Händler in Fischbach dürfte es schwierig werden, die Baustelle zu überstehen.