Es war die bundesweit größte Online-Plattform für Drogen, bis Ermittler die Internetseite „Chemical Revolution“ 2019 dicht machten. Entsprechend umfangreich sind die Ermittlungen gegen die Hintermänner, zu viel für nur einen Prozess. Vergangenes Jahr ging bereits ein erstes Gerichtsverfahren zu Ende, heute begann das zweite.
Prozessauftakt am Landgericht Gießen – endlich, könnte man sagen. Wegen mehrerer Krankheitsfälle musste das neue Verfahren wiederholt verschoben werden. Heute konnte endlich die Anklage gegen die nächsten Hintermänner verlesen werden.
Sebastian Zwiebel, Pressesprecher Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt
„Den fünf Angeklagten wird bandenmäßiges Handeltreiben von Betäubungsmitteln in zum Teil nicht geringer Menge in über 300 Fällen vorgeworfen.“
Die Beschuldigten sollen Drogen aus den Niederlanden nach Deutschland transportiert und hier in angemieteten Wohnungen und Garagen gelagert haben, u.a. in der hessischen Wetterau. Die Betäubungsmittel wurden dann im Internet und im anonymen Darknet verkauft. Darunter 130 Kilogramm Amphetamin, 42 Kilo Cannabis und sechs Kilo Kokain. Der Gewinn: Umgerechnet eine Million Euro in der Kryptowährung Bitcoin. Bis Ermittler die bundesweit größte Drogen-Plattform Anfang 2019 dicht machten. Im ersten Prozess wurde vergangenes Jahr ein Hauptangeklagter zu 9 Jahren und 2 Monaten Haft verurteilt, auch sechs weitere Angeklagte erhielten mehrjährige Haftstrafen. Youssef E. bekam 4,5 Jahre, nun muss sich der Niederländer als einziger ein zweites Mal vor Gericht verantworten. Diesmal im Fokus: Sein Handeln ab Anfang 2018.
Sebastian Zwiebel, Pressesprecher Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt
„Das hängt damit zusammen, dass er sowohl im ersten Zeitraum als auch im zweiten Zeitraum aus Sicht der Generalstaatsanwaltschaft Taten begangen hat, die im zweiten Prozess jetzt auch aufgeklärt werden sollen.“
Youssef E. soll nicht nur mit dem Ankauf und Transport der Drogen beauftragt gewesen sein. 2018 habe er laut Anklage 60.000 Euro in den Aufbau von Chemical Revolution investiert und sei zu einem der Anführer der Gruppe aufgestiegen.
Carsten Praeg, Reporter
„Seine Verteidiger wollen sich heute nicht vor der Kamera äußern. Ihr Mandant verfolgt die Anklageverlesung äußerlich gelassen. Im ersten Prozess konnte ihm nicht nachgewiesen werden, einer der führenden Köpfe von Chemical Revolution zu sein. Sollte das aber im zweiten Prozess gelingen, könnte seine Haftstrafe deutlich höher ausfallen.“
Am Mittwoch wollen die Verteidiger die Stellungnahmen der fünf Angeklagten verlesen, acht Termine sind bis Ende April angesetzt. Der vorige Prozess hatte sich über ein ganzes Jahr gezogen.