Cannabis-Clubs vor dem Start

Bei der vieldiskutierten Freigabe für Cannabis ist heute ein besonderer Stichtag: Nun können spezielle Vereine eine Lizenz zum legalen Anbau beantragen. Wer aber denkt, er könne von jetzt auf gleich loslegen, hat sich getäuscht. Denn die behördlichen Auflagen sind groß, wie unser Beispiel aus Wiesbaden zeigt.

Ein Altbau mitten in der hessischen Landeshauptstadt, Vorstandstreffen des „Cannabis Social Club Wiesbaden“. Gegründet hat sich der Verein schon vor über einem Jahr, ihren offiziellen Lizenzantrag schicken die Vorsitzenden heute aber noch nicht ab. Denn viele Angaben sind nötig: Steuernummer des Vereins, ein polizeiliches Führungszeugnis, ein genaues Jugendschutzkonzept. Und dann soll die Bearbeitung laut Behörden ohnehin bis zu drei Monaten dauern.
Christopher Kalkhof, Cannabis Social Club Wiesbaden
„Jeder hat ja gedacht: ‚Klasse, jetzt sind wir alle als Verein in der Lage, los geht’s!‘ – Nein! Wir nutzen diesen Tag heute – es ist ja online geschaltet, wir sehen zum ersten Mal heute exakt, was man alles erfüllen muss, um an eine Anbaulizenz zu kommen.“
Nur eingetragene Vereine dürfen eine Lizenz beantragen, keine Unternehmen. Bis zu 500 Mitglieder pro Club dürfen Cannabis nichtkommerziell anbauen und nur eine bestimmte Jahresmenge. Nur die Mitglieder selbst dürfen Pflanzen anbauen, keine bezahlten Beschäftigten. Der Anbau soll ausschließlich durch Mitgliedsbeiträge finanziert werden, Verkauf und Werbung sind tabu. Kein Konsum vor Ort, keine Wohngebäude als Anbaustätte. Zu Schulen müssen 200 Meter Abstand eingehalten werden. Es dürfen sich nicht mehrere Clubs ein Gebäude teilen. Der Wiesbadener Verein hat sich noch gar nicht für eine konkrete Immobilie entschieden.
Fynn von Kutschenbach, Cannabis Social Club Wiesbaden
„Weil wir gesagt haben: Erst wenn die Antragsstelle öffentlich ist und wir ganz genau sehen, was benötigen wir, um den Antrag zu stellen, werden wir einen Pacht- oder Mietvertrag unterzeichnen. Weil am Ende heißt es: Das Grundstück ist nicht das korrekte und wir müssen den Vertrag widerrufen. Das wäre für alle Beteiligten eigentlich schade.“
Die Zuständigkeit für eine Lizenzvergabe gleicht einem Flickenteppich: In Hessen ist das Regierungspräsidium Darmstadt zuständig, in Rheinland-Pfalz etwa das Landesamt für Soziales und Jugend. Kritik kommt heute vom hessischen Städtetag: Die Kommunen lehnen es ab, für die Vor-Ort-Kontrollen der Cannabis-Vereine zuständig zu sein und sehen das Land in der Pflicht. Den finanziellen Aufwand für die lokale Suchtprävention wollen die Städte notfalls vom Land einklagen.
Jürgen Dieter, Geschäftsführender Direktor Städtetag Hessen
„Riesenaufwand, zusätzliches Personal erforderlich und Finanzen, die nicht sicher ausgeglichen sind.“
In Wiesbaden will sich der Club noch ein paar Wochen Zeit lassen, bis alle nötigen Angaben gesammelt sind. Mit einer ersten Cannabis-Ernte rechnen viele Vereine nicht vor Ende des Jahres.