Bundestagswahl 2025: Zu Gast im Studio: Sebastian Münzenmaier (AfD)

In nicht mal mehr drei Wochen wird ein deutscher Bundestag gewählt. Sie wählen ihn und wir geben Ihnen hier in 17:30 Sat.1 live Entscheidungshilfe. In den nächsten Tagen und Wochen begrüßen wir die Spitzenkandidaten aus Rheinland-Pfalz und Hessen.

Markus Appelmann, Moderator:
Und heute ist der AfD-Spitzenkandidat aus Rheinland Pfalz bei uns im Studio: Sebastian Münzenmaier. Ich grüße Sie.
Sebastian Münzenmaier (AfD), Spitzenkandidat Rheinland-Pfalz:
Ich grüße Sie.
Appelmann:
Herr Münzenmaier, bevor wir ins Gespräch gehen, gehen wir mit Ihnen zunächst an den Wahlkampfstand, und zwar nach Eisenberg im Donnersberg Kreis.
Sebastian Münzenmaier. 35 Jahre alt, geboren im hessischen Darmstadt, aufgewachsen in der Pfalz. Er hat Jura studiert und dann als Versicherungs- und Finanzanlagenfachman im Vertrieb gearbeitet.
Seit 2013 ist Münzenmaier Mitglied der Alternative für Deutschland. Jetzt will er das erste Direktmandat für die AfD in Rheinland-Pfalz holen. Hier, im Wahlkreis Kaiserslautern. Ein Wahlkreis, der seit den 60er Jahren ausnahmslos von den Direktkandidaten der SPD gewonnen wird.
Kein Selbstläufer also, aber Münzenmaier gibt sich kämpferisch:
Sebastian Münzenmaier (AfD), Spitzenkandidat Rheinland-Pfalz
„Von mir aus könnte sowieso jede Woche Wahlkampf sein und jetzt ist es ja Gott sei Dank soweit. Die Ampel ist zerbrochen und der Zulauf ist unglaublich. Also Sie sehen es ja selbst, heute Morgen Infostand, plötzlich sind irgendwie 70 Leute da, informieren sich bei uns. Wir nehmen jeden Tag neue Mitglieder auf, sind im ganzen Land unterwegs. Es läuft Bombe und es wird ein richtig gutes Ergebnis.“
Münzenmaier hofft auf über 20 Prozent. Bei den Bürgern hier lösen er und seine Partei gemischte Gefühle aus.
Andrea Bott
„Der ist ein Mensch wie du und ich, sage ich jetzt mal zu Ihnen. Er ist nicht überheblich und man sich wirklich mit ihm unterhalten.“
Susanne
„Ich sage nicht, dass ich alles richtig finde, was die Ampelparteien oder auch die CDU, also die etablierten Parteien, bis jetzt gemacht haben. Da sehe ich durchaus Fehler. Und das sorgt leider auch dafür, dass die AfD stärker wird. Und das macht mir Angst.“
Sebastian Münzenmaier ist seit 2017 Mitglied des Bundestags und dort stellvertretender Fraktionsvorsitzender seiner Partei. Als rheinland-pfälzischer Spitzenkandidat ist ihm der Wiedereinzug so gut wie sicher. Ob über die Landesliste oder als direkt gewählter Kandidat, entscheiden die Wähler in gut zweieinhalb Wochen.
Appelmann:
Sie treten jetzt in der Pfalz an, nicht mehr im Wahlkreis Mainz, wo sie nur so rund 5 % der Stimmen geholt haben. Das ist noch weit entfernt vom Gewinn des DirektmandatS, oder?
Münzenmaier:
Ja, also ich trete in Kaiserslautern an, Wahlkreis Kaiserslautern. Unser Ziel ist natürlich, das erste Direktmandat im Westen zu holen. Die Chancen sind dort gar nicht schlecht. Wir sind in etlichen Gemeinden. In diesem Wahlkreis waren wir auch schon im Juni, zur EU-Wahl waren wir stärkste Kraft. Das wollen wir ausbauen. Wir sind fast jeden Tag im Wahlkreis unterwegs, sind unglaublich präsent.
Appelmann:
Also deswegen taktisch auch nach Kaiserslautern gegangen.
Münzenmaier:
Taktisch und emotional. Ich bin Pfälzer, ich liebe die Pfalz. Von dem her war es mir eine große Freude, dass die Kreisverbände mich angesprochen haben, ob ich bereit bin, dahin zu kommen. Und taktisch natürlich, weil wir sagen, dort wollen wir gewinnen, wir setzen auf die Pfalz, ist unsere Hochburg. Und ich bin guter Dinge, dass das klappt.
Appelmann:
Wir setzen jetzt gleich schon mal auf die großen Themen dieser Wahl. Die sind Migration und Wirtschaft. Das sagen alle aktuellen Umfragen. Und Herr Münzenmaier, wir starten direkt mit dem Themenkomplex Migration.
Die Union versucht der AfD ihr wichtigstes Wahlkampfthema zu entreißen. Nach dem Mord eines ausreisepflichtigen Afghanen an einem kleinen Jungen und einem Mann in Aschaffenburg, setzt die Union am vergangenen Mittwoch im Bundestag einen Appell an die Bundesregierung durch – auch mit den Stimmen der AfD. Der Inhalt des Antrags: ALLE Flüchtlinge sollen an den Grenzen zurückgewiesen werden.
Doch der Jubel der rechtsnationalen Partei wiederholt sich am Freitag nicht. Der Versuch der Union, die Asylgesetze zu verschärfen, findet – trotz Zustimmung der AfD – keine Mehrheit.
Auch außerhalb des Bundestags formiert sich Widerstand. Bei einer Wahlkampfveranstaltung in Neu-Isenburg protestieren am Wochenende rund 9.000 Menschen gegen die AfD und ihre Migrationspolitik.
In ihrem Wahlprogramm fordert die Partei, bei Flüchtlingen keinen Familiennachzug zu erlauben. Abgelehnte Asylbewerber sollten nur noch ein Existenzminimum erhalten. Die Zahl der sicheren Herkunftsstaaten, in die sich leichter abschieben lasse, müsse deutlich steigen. Um Deutschland in Zukunft wirksam vor zu viel Migranten zu schützen, will die AfD das Grundrecht auf Asyl abschaffen und aus internationalen Flüchtlingsabkommen austreten. Drastische Maßnahmen, gegen die andere Staaten  protestieren werden. Doch das scheint der AfD gleichgültig zu sein.
Appelmann:
Eine klare Positionierung in der Migrationspolitik, die Zurückweisung aller Flüchtlinge an den Grenzen, sagen Sie. Das heißt aber im Ernstfall, dass die Bundespolizei mit Wasserwerfern und Waffen die Flüchtlinge zurückdrängen muss.
Münzenmaier:
Na ja, es geht jetzt erst mal drum – ich glaube, wir sind uns alle einig bis tief in die SPD hinein, dass die derzeitige Migrationspolitik massiv gescheitert ist. Wir haben viel zu viele Menschen hier im Land, die nicht hier sein dürften. Und ganz viele Menschen kommen an unseren Grenzen an rufen “Asyl” …
Appelmann:
Wenn das die SPD so sehen würde, hätte sie der Gesetzesänderung aber zugestimmt im Deutschen Bundestag.
Münzenmaier:
Na ja, da müssen Sie SPD-Kollegen fragen. Aber fragen Sie mal Olaf Scholz. Es gibt einen Spiegel-Titel, ich glaube aus dem November, wo er sagt: “Wir müssen endlich im großen Stil abschieben.” Das sind Aussagen, die man bisher so nur von uns kennt.
Appelmann:
Abschieben ist das eine. Es geht um die Zurückweisung aller Flüchtlinge an den Grenzen mit Waffengewalt.
Münzenmaier:
Na ja, “mit Waffengewalt”. Was Sie da reininterpretieren. Es geht erst mal darum, dass wir überhaupt an den Grenzen Zurückweisungen möglich machen. Und da hat die Union recht. Ich finde es gut, dass die Union jetzt nach jahrelangem Rumeiern sich etwas bewegt hat letzte Woche, dass sie auch bereit war, unsere Stimmen zu akzeptieren. Das war ein gutes Signal an die Bevölkerung.
Münzenmaier:
Wir wollen gemeinsam in der Flüchtlingspolitik was ändern.
Appelmann:
Da gehen wir mal ganz genau dran. Sie sprechen diesen Antrag an am Mittwoch im Deutschen Bundestag und ich zitiere Ihnen aus diesem Antrag: “Die AfD nutzt Probleme, Sorgen und Ängste, die durch die massenhafte Migration entstanden sind, um Fremdenfeindlichkeit zu schüren und Verschwörungstheorien in Umlauf zu bringen. Die AfD sei kein Partner der Union, sondern ein politischer Gegner.” Das stand da drin, und das haben Sie unterschrieben.
Münzenmaier:
Das stand im Begründungsteil. Und ja, auch wir haben interne Debatte geführt. Aber wissen Sie, uns geht es um Deutschland und uns ist egal, wenn Friedrich Merz im Begründungsteil meint, er könne sich irgendwie an uns abarbeiten. Da stehen wir drüber. Wir haben höheres Interesse. Das Land steht immer über der Partei. Und deswegen haben wir zugestimmt, obwohl da der ein oder andere Satz drin steht, der natürlich Quatsch ist.
Appelmann:
Wir haben gerade eben gehört, Sie geben der Union Ihr Hauptwahlkampfthema ab und die Wähler gehen rüber zur Union.
Münzenmaier:
Na ja, das ist Ihre Lesart, das kann ich so nicht erkennen. Wir stehen momentan bundesweit bei 22 %. Es ist unser Kernthema. Die Union schließt sich jetzt uns an und wir bieten der Union an, sie darf uns gerne folgen, wenn sie die Kraft dazu hat, wenn sie es durchsteht, wenn sie die Demos ertragen kann. Sie darf uns gerne folgen auf dem Weg in eine bessere Republik, in ein besseres Deutschland.
Appelmann:
Es sind gerade 22 % angesprochen. Wirklich eine ganz aktuelle Umfrage von heute. Stabil liegen sie so bei um die 20 %. Aber eine Stimme für die AfD ist doch eine verlorene Stimme, weil niemand mit ihnen in die Regierung gehen will.
Münzenmaier:
Na ja, eben nicht. Ich glaube, gerade letzte Woche hat ja gezeigt, dass es nur Mehrheiten gibt im Bereich der Migrationspolitik, wenn die AfD mitmacht. Und erinnern Sie sich an Österreich …
Appelmann:
Hier ging es aber um Koalitionsbildung.
Münzenmaier:
Genau, wenn Sie mich ausreden lassen, erkläre ich Ihnen gerne auch das. Erinnern Sie sich an Österreich. In Österreich hat vor der Wahl jeder gesagt, mit der FPÖ wollen sie nicht reden. Nach der Wahl ist die Brandmauer gefallen. Jetzt hat Kickl den Regierungsauftrag und die ÖVP, also die dortige CDU, wird Minderheitspartner. Wer weiß, wie schnell das bei uns gehen kann.
Appelmann:
Aber Friedrich Merz hat auch nach dem Freitag noch mal klargemacht, das ist der Unions-Kanzlerkandidat, es wird keine Koalition mit der AfD geben in der nächsten Legislatur unter ihm.
Münzenmaier:
Gut, vielleicht akzeptieren wir, dass Friedrich Merz dann nicht mehr da sein wird, wer weiß. Und Friedrich Merz hat sich in der Vergangenheit auch schon quasi im Wochentakt neu geäußert. Jetzt gehen wir erst mal in die Wahlen. Wir werden ein Rekordergebnis holen. Wir werden den Druck auf die Union hoch halten. Und da muss Friedrich Merz sich entscheiden. Möchte er seinen Fünf Punkte Plan durchsetzen?
Münzenmaier:
Mit wem? Mit den Grünen? Oder möchte er dann drauf verzichten auf die Brandmauer und sagt: “Wir setzen endlich mal Deutschland in den Fokus.”
Appelmann:
Aber erst mal müssen Sie sich entscheiden. Denn Bernd Baumann, ihr AfD-Parteifreund, sagt: “Hauptgegner ist die CDU.” Das klingt doch nicht nach einem möglichen Koalitionspartner.
Münzenmaier:
Natürlich ist im Wahlkampf unser Hauptgegner die CDU, weil sie das erzählt, was wir möchten, aber es letztendlich nicht umsetzt, sondern mit den Grünen und mit den Roten koalieren wird. Wir sagen, wir werden mit jedem sprechen. Wir sind Demokraten, wir sprechen mit jedem, der sich mit unseren Inhalten d’accord fühlt und beschäftigen möchte. Wenn die Union das macht, werden wir mit denen reden. Wenn die Union das nicht möchte, werden wir es nicht tut.
Appelmann:
Die Union hat in diesen Antrag reingeschrieben “Fremdenfeindlichkeit”. Wir haben es ja gerade eben auch zitiert, und das wird unter anderem auch damit begründet, dass Sie “Remigration” wieder in Ihr Bundestagswahlprogramm aufgenommen haben. Wir hören mal Alice Weidel auf dem Parteitag in Riesa zum Thema Remigration.
Alice Weidel (AfD), Kanzlerkandidatin
„Sozialleistungen für Nicht-Aufenthaltsberechtigte streichen und Rückführungen im großen Stil durchführen. Und ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Wenn es dann Remigration heißen soll, dann heißt es eben Remigration!“
Appelmann:
Warum benutzen Sie diesen Begriff, der vielen Menschen mit Migrationshintergrund Angst macht?
Münzenmaier:
Der Begriff ist erst mal ein wissenschaftlicher Begriff und bedeutet “Rückführung in die Herkunftsländer”. Da geht es auch nicht um Zwang oder so was. Ich meine, Sie alle kennen diese Correctiv-Lüge, die mittlerweile auch vor Gericht aufgedeckt wurde. Correctiv wurde verurteilt, die dürfen das nicht mehr verbreiten. Wir haben in unserem Bundestagswahlprogramm den Begriff “Remigration” auch ganz klar definiert. Kriminelle Ausländer führen wir zurück.
Appelmann:
Mit geht es jetzt gar nicht um Ihre Definition. Es gibt ganz verschiedene Definitionen von “Remigration”.
Münzenmaier:
Na ja, das ist nicht so …
Appelmann:
Aber Menschen mit Migrationshintergrund macht das Angst.
Münzenmaier:
Na ja, also wissen Sie, es gibt die Definition der Bundeszentrale für politische Bildung. Ich glaube, das ist nicht unsere Definition, sondern das ist eine Definition einer Instanz, die jetzt nicht im Verdacht steht, AfD-nah zu sein. Und da ist die Definition: “Rückführung in die Herkunftsländer” – auch freiwillig.
Appelmann:
Ich will Ihnen mal ganz kurz den Terrorismusforscher Peter Neumann vorspielen. Der sagt zu diesem Begriff Remigration folgendes:
„’Remigration‘ ist ein Begriff, der von der Neuen Rechten in den 70ern erfunden wurde, um ‚Ausländer raus‘ intelligenter klingen zu lassen. Heutige Rechtsextreme verwenden ihn auch für Deutsche, deren Herkunft oder Religion ihnen nicht passt.“
Appelmann:
“Ausländer raus!”
Münzenmaier:
Das ist völliger Schwachsinn.
Appelmann:
Sie haben es ja gerade eben auch beschrieben. Warum benutzen Sie nicht die Umschreibung? Warum muss es “Remigration” heißen?
Münzenmaier:
Ich meine, wenn sich Medien oder politische Gegner auf den Begriff stürzen und versuchen den irgendwie als rechtsextrem zu frame … Ich kennen Herrn Neumann nicht, habe ich noch nie von gehört. Die Bundeszentrale für politische Bildung ist eine Instanz in Deutschland, die man kennt.Also für mich ist es so, ich glaube doch eher dieser Begrifflichkeit und wir definieren ja ganz bewusst aus, was wir meinen. Da steht in Spiegelstrichen in unserem Wahlprogramm, das ichjedem Zuschauer ans Herz legen kann, steht in Spiegelstrichen genau, was wir meinen. Und wer kann denn was dagegen haben, dass wir sagen: “Illegale, die gar nicht hier sein dürfen, müssen zurück. Kriminelle, die hier schwere Straftaten begehen, müssen zurück.” Da sind wir doch d’accord.
Appelmann:
Da sind sich auch viel im Deutschen Bundestag d’accord.
Münzenmaier:
Das hoffe ich doch.
Appelmann:
Wir halten fest: Sie benutzen diesen Begriff, wenn er auch manchen Menschen Angst macht. Aber das ist ihnen egal. Und wir kommen zu unserem nächsten großen Punkt. Und das ist der Punkt Wirtschaft. Jetzt in unserer Sendung.
Die AfD vertritt nicht nur in der Flüchtlingspolitik extreme Positionen, sondern auch in der Wirtschafts- und Energiepolitik. So fordert die AfD in ihrem Bundestagswahlprogramm umfangreiche Steuersenkungen. Den Solidaritätszuschlag, die CO2-Abgaben und die Luftverkehrssteuer will sie abschaffen. Das Bürgergeld soll durch eine geringere Grundsicherung ersetzt werden. Die AfD ist überzeugt, dass die Menschen den Klimawandel nicht aufhalten können. Deshalb will sie die Verbote für Verbrennermotoren sowie Öl- und Gasheizungen aufheben. Deutschland solle die Kohlekraftwerke weiterlaufen lassen und wieder in die Atomkraft einsteigen. Und auch bei den Themen Europäische Union und Euro unterscheidet sich die AfD deutlich von allen anderen Parteien.
Appelmann:
Und das möchten wir auch nochmal klar festhalten. Deswegen bitten wir Sie, Position zu beziehen mit einer ganz kurzen Antwort, am besten mit Ja oder Nein. Weg vom Euro, zurück zur deutschen Mark?
Münzenmaier:
Ja – im Gemeinschaftsverbund mit unseren europäischen Partnern, sodass wir wieder nationale Währungen einführen, anstatt eine Gemeinschaftswährung, die sich überlebt hat.
Appelmann:
Zweite Frage: Raus aus der Europäischen Union?
Münzenmaier:
Wir schreiben ganz bewusst, wir wollen etwas Neues gründen, keinen Alleingang machen. Es gibt einen Bund europäischer Nationen mit uns und unseren europäischen Partnern, von denen ja etliche regieren. Und der konzentriert sich auf das, was wirklich wichtig ist.
Appelmann:
Wir kommen jetzt gleich dazu. “Raus aus dieser Europäischen Union, wie wir sie haben und ein Europa der Vaterländer, eine europäische Wirtschafts- und Interessensgemeinschaft” – so steht es wörtlich im Bundestagswahlprogramm. Das heißt doch, die EU ist der wichtigste Partner für deutsche Produkte, der wichtigste Absatzmarkt. Der würde doch dann direkt einbrechen.
Münzenmaier:
Wie kommen Sie denn darauf? Ich habe ja gerade eben erklärt, wir wollen nicht einfach nur raus und machen Alleingang, sondern wir bauen etwas Neues, wir kürzen die EU, Sie können das den Umbau der EU nennen. Wir kürzen die EU wieder auf die Programmatik zurück, was da hingehört. Gemeinsame Wirtschaftspolitik, Schutz der Außengrenzen, sodass wir im Inneren der EU oder dieses neuen Bundes europäischer Nationen uns wunderbar mit unseren Nachbarn austauschen können. Wir sagen ja nicht, wir machen da jetzt den Laden zu und wir gehen einfach raus. Wir sagen, wir machen was Neues und wir hören auf mit dem Quatsch. Von wegen über Bürokratisierung, Verbrennerberbot. So was wollen wir nicht mehr.
Appelmann:
Kommen wir gleich noch dazu. Wir haben einen Wirtschaftswissenschaftler gebeten, einfach mal zu bewerten, was die Pläne der AfD mit der EU bedeuten würden. Und Professor Philipp Harms aus Mainz hat uns folgendes gesagt:
Prof. Philipp Harms, Wirtschaftswissenschaftler Universtität Mainz
„Wir haben aber innerhalb der EU Institutionen und Prozesse, die erlauben diese Konflikte zu lösen und das würde verlorengehen in diesem Konzept ‚Europa der Vaterländer‘. Wir müssten also bei jeder Streitfrage erst mal aushandeln, wer sich durchsetzt und ich glaube, die AfD ist der Meinung, dass sich nur Deutschland durchsetzen wird, so wie Trump wahrscheinlich der Meinung ist, dass immer Amerika sich durchsetzt im Verhältnis zu seinen Nachbarländern. Ich glaube nicht, dass das funktioniert. Ich glaube, dass unsere europäischen Nachbarländer da nicht mitmachen werden und am Ende stehen wir vor dem Scherbenhaufen.“
Appelmann:
Wollen Sie das?
Münzenmaier:
Na ja, ich halte es für Quatsch, was er gerade gesagt hat. Er sagt, es wäre gar nicht mehr möglich, dass man auf multilateraler Ebene in diesen Bund europäischer Nationen irgendwelche Rechtsmechanismen hat. Wer sagt das denn? Wir sagen nur, wir bauen ein neues Europa. Das ist doch was ganz anderes.
Appelmann:
Aber Sie müssen ja erst mal aus diesem Konstrukt raus und dann erst mal was Neues bilden. Der Wirtschaftswissenschaftler hat ausgerechnet, wir hätten einen Verlust des Bruttoinlandsproduktes von 5 %. 200 Milliarden € sind das pro Kopf, ein Minus von zweieinhalbtausend Euro.
Münzenmaier:
Der Wirtschaftswissenschaftler hat das berechnet, wenn Deutschland einen einsamen Dexit macht. Davon ist aber überhaupt nicht die Rede. Schauen Sie mal, in Österreich wird Kickl Bundeskanzler. Wir haben Orban, wir haben Fico, wir haben Le Pen, die in Frankreich führend ist. Mit diesen Leuten werden wir einen Bund europäischer Nationen bauen. Da ist nichts von Dexit die Rede. Da geht es darum, was Neues, was Besseres zu schaffen.
Münzenmaier:
Ohne 40.000 Beamte dem Raumschiff Brüssel sitzen und Ihnen erzählen, welches Auto sie fahren dürfen. Das wollen wir nicht, das lehnen wir ab.
Appelmann:
Sie haben noch ganz andere andere Ansichten als die anderen Parteien bei der Energiepolitik. Und da wollen wir auch noch mal eine klare Positionierung von Ihnen. Zurück zur Atomkraft.
Münzenmaier:
Ja, definitiv.
Appelmann:
Alle Windkraftwerke abreißen?
Münzenmaier:
Nee, das ist eine überspitzte Wahlkampfaussagen. Wir wollen, dass keine Subvention mehr in Windkraft fließt und wir sind dafür, dass zum Beispiel im Grimm’schen Märchenwald, dass dort keine Windkrafträder positioniert werden dürfen und wenn dort welche sind, werdeb wir sie abbauen.
Appelmann:
Aber wir haben ja gerade eben schon über die Wahlkampfveranstaltungen gesprochen. In Neu-Isenburg am Wochenende, Alice Weidel war da und sie hat ganz klar in Richtung Windräder gesagt: “Wir werden die hässlichen Dinger niederreißen, wir werden sie niederreißen, wo sie nicht hingehören, und wir werden wieder aufforsten.”
Münzenmaier:
Genau, da geht es genau um den Grimm’schen Märchenwald.
Appelmann:
Es ist extra gefragt worden. Und es ging nicht nur – auch in der Sendung am Sonntag hat sie klar gesagt: “Nein, das ist symbolisch gemeint für alle.”
Münzenmaier:
Genau. Das ist symbolisch. Es geht darum Wir wollen nicht, dass in Naturschutzgebieten, dass dort einfach Windräder hingepflanzt werden. Wir wollen Subventionen streichen. Wir wollen dafür sorgen, dass die Natur wieder im Vordergrund steht und nicht einfach irgendwo eine Windkraftanlage hingeballert wird.
Appelmann:
Okay, wir kommen zu einem weiteren wichtigen Punkt, wo wir sehen, dass sie ein Alleinstellungsmerkmal haben. Und da geht es um die Gasleitung Nordstream, die Sie gerne wieder reparieren möchten. Und am besten läuft dann wieder russisches Gas in Richtung Deutschland. Wollen Sie vom russischen Präsidenten Putin sich noch mal abhängig machen? Wollen Sie sich wieder erpressen lassen?
Münzenmaier:
Na ja, es geht in erster Linie jetzt mal darum, unsere kritische Infrastruktur, Nordstream, wurde angegriffen und gesprengt und bis heute weiß man nicht, wer dafür verantwortlich ist. Das darf nicht passieren, das muss aufgeklärt werden. Zweitens: Wir handeln in der Außenpolitik im deutschen Interesse. Es ist deutsches Interesse, günstige Rohstoffe zu beziehen. Und da reden wir nicht über sich erpressen lassen oder sonst irgendwas, sondern wir werden mit all denjenigen sprechen, die uns Verträge anbieten, mit denen wir günstige Rohstoffe beziehen können.
Appelmann:
Ist die Wirtschaft nicht so abgestürzt, weil wir gerade so abhängig waren vom russischen Gas?
Münzenmaier:
Ja, die Wirtschaft ist deshalb abgestürzt, unter anderem auch, weil wir Sanktionen verhängt haben, die unserer Wirtschaft mehr geschadet haben als den Russen. Wir kaufen ja heute dasselbe Öl und Gas über Drittstaaten ein, die sich eine goldene Nase verdienen.
Appelmann:
Soll man Putin einfach gewähren lassen?
Münzenmaier:
Nein, Sie verstehen das völlig falsch. Es geht eben nicht darum, ihn gewähren zu lassen, sondern es gibt Punkte, in denen haben wir ein eminentes Interesse und das ist zum Beispiel günstiges Gas. So, und warum sollen wir dann in diesem Bereich nicht sagen, es ist deutsches Interesse, günstiges Gas zu beziehen?
Appelmann:
Wir merken schon, Sie haben in diesem Punkt spezielle Ansichten. Deswegen auch noch mal ganz klar nachgefragt …
Münzenmaier:
Aus Ihrer Sicht speziell.
Appelmann:
Auch aus der Sicht einiger Wählerinnen und Wähler. Deswegen eine ganz kurze Frage: Ist Putin ein Kriegsverbrecher oder nicht?
Münzenmaier:
Also ich glaube, dass in der Ukraine durchaus auch von Russen Kriegsverbrechen begangen werden. Definitiv. Ob man ihn persönlich jetzt dafür haftbar machen kann ,,,
Appelmann:
Ich habe jetzt nach Putin gefraft.
Münzenmaier:
Das ist eine Frage, die ich so nicht beantworten kann. Was weiß er? In was ist er direkt involviert? Aber selbstverständlich finden da Kriegsverbrechen auch statt.
Appelmann:
Aber war er nicht der Kopf, der sozusagen diesen russischen Angriffskrieg ausgelöst hat?
Münzenmaier:
Absolut. Und deswegen verurteilen wir das ja. Wir sprechen ganz klar an, das ist ein völkerrechtswidrigen Angriffskrieg. Es darf nicht sein, dass ein Land heutzutage einfach Grenzen verschiebt, indem es völkerrechtswidrig Kriege beginnt. Selbstverständlich nicht.
Appelmann:
Und trotzdem plädieren Sie dafür, auch wieder im Bundestagswahlprogramm nachlesbar, dass es keine weitere Unterstützung der Ukraine gibt.
Münzenmaier:
Genau. Aber nicht aus dem Grund, dass wir sagen, wir wollen der anderen Nation in einem Krieg helfen, sondern wir sagen ganz klar: Es ist nicht unser Krieg. Also Milliarden m ich glaube, wir sind momentan bei ungefähr 28 Milliarden, die Deutschland bisher in die Ukraine gepumpt hat. Wir haben gesehen, dass das den Krieg nicht beendet. Wir möchten Frieden. Wir möchten diplomatische Lösungen.Wir glauben, dass durch diplomatischen Druck vielleicht ein Waffenstillstand erreicht werden kann …
Appelmann:
Sie gleuben, Putin kehrt an den Verhandlungstisch zurück, höre ich raus.
Münzenmaier:
Wir glauben, dass Druck auf beide Seiten dazu dienen kann, dass eine Verhandlungslösung angestrebt wird. Jeder Krieg endet letztendlich durch Verhandlungen und jeder Tag, wo es keinen Waffenstillstand gibt, sterben da unten junge Menschen, sowohl Ukrainer als auch Russen. Das wollen wir nicht.
Appelmann:
Okay, da setzen wir ein Punkt. Könnte man auch noch ganz viel dazu sprechen. Wir kommen noch mal zu unserem klaren Spiel zum Schluss zum Thema “Position beziehen”. Das heißt, von mir eine kurze Frage und von Ihnen eine klare, schnelle Antwort. Ja, Nein. Oder vielleicht sogar eine Zahl. Mindestlohn deutlich erhöhen?
Münzenmaier:
Nein. Stattdessen besser Steuerentlastung für unsere Bürger.
Appelmann:
Wo sollte der Mindestlohn dann liegen am Ende?
Münzenmaier:
Es geht, glaube ich, nicht um die Höhe des Lohns. Es geht darum, dass die Menschen mehr Geld im Portemonnaie haben, das heißt mehr Netto vom Brutto. Ich muss Steuern und Abgaben senken. Immer nur mehr Lohn zu bezahlen bringt gar nichts, wenn der Staat sich bedient.
Appelmann:
Wobei einige ausgerechnet haben und haben gesagt, mit dem Programm hätte der Geringverdiener sogar noch weniger Geld.
Münzenmaier:
Da muss ich reingrätschen. Gestatten Sie mir das. Das ist falsch, Das ist schlicht und ergreifend falsch.
Appelmann:
Das Leibniz Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, hat das gesagt.
Münzenmaier:
Genau. Aber sie haben nicht berücksichtigt, dass wir zum Beispiel die Grunderwerbssteuer abschaffen wollen, dass die Grundsteuer abgeschafft wird, was alle Mieter und Eigentümer entlastet, dass die CO2-Abgabe abgeschafft wird, was an den Spritpreisen …
Appelmann:
Und wie zahlen wir das Ganze? Das sind so um die 97 Milliarden €.
Münzenmaier:
Absolut. Aber wir haben fast 1 Billion € Steuereinnahmen. Das heißt, Deutschland hat kein Einnahmenproblem, wir haben ein Ausgabeproblem. Wir verschwenden unglaublich viel Kohle für Entwicklungshilfe auf der ganzen Welt. China, Indien bekommen Geld von uns.
Appelmann:
Da kommt eine passende Frage dazu.
Münzenmaier:
Dann machen Sie damit direkt weiter.
Appelmann:
Mit Sachen einsparen: Am Bürgergeld festhalten oder abschaffen?
Münzenmaier:
Das Bürgergeld verändern. Das haben Sie ja vorhin selber schon angesprochen. Wir glauben, dass es eine Grundsicherung geben muss, die das Bürgergeld wieder etwas strafft. Wir nennen es “aktivierende Grundsicherung”. Wer nicht arbeiten kann, bekommt was. Wer arbeiten kann und nur nicht will, muss gemeinnützige Tätigkeiten machen, zum Beispiel in Parks.
Appelmann:
Mit der Bitte um Kürze: Verbrenner-Aus. Ab wann?
Münzenmaier.
Niemals:
Appelmann:
Verlängerung der Kohlekraftwerke bis wann?
Münzenmaier:
Bis wir funktionierende Kernkraftwerke haben und endlich wieder günstigen Strom.
Appelmann:
Tempolimit?
Münzenmaier:
Auf gar keinen Fall.
Appelmann:
Wahlalter auf 16 senken?
Münzenmaier:
Nein, da sind wir dagegen.
Appelmann:
…sagt Sebastian Münzenmaier, der Spitzenkandidat der AfD in Rheinland Pfalz. Danke für den Besuch.
Münzenmaier:
Vielen Dank für die Einladung.