Bundesgerichtshof überprüft Urteile im Lübcke-Prozess

Die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke erschütterte im Sommer 2019 das ganze Land. Der Täter: Der Rechtsextremist Stephan E. Er wurde vom Oberlandesgericht Frankfurt zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Der wegen Beihilfe zum Mord angeklagte Markus H. wurde hingegen freigesprochen. Heute befasst sich der Bundesgerichtshof mit den Urteilen, denn sowohl die Hinterbliebenen von Walter Lübcke als auch der Generalbundesanwalt und die Angeklagten hatten Revision eingelegt – aus unterschiedlichen Gründen.

Die Witwe und die Söhne von Walter Lübcke sind heute bei der Verhandlung anwesend. Im Gegensatz zu den beiden Angeklagten Markus H. und Stephan E., die nur durch ihre Anwälte vertreten sind.
Die Familie von Walter Lübcke will mit der Revision erreichen, dass der Freispruch gegen Markus H. aufgehoben wird und es zu einem neuen Prozess kommt.
Markus H. war vom Oberlandesgericht Frankfurt vom Vorwurf der Beihilfe zum Mord an Walter Lübcke freigesprochen worden und hatte lediglich eine Bewährungsstrafe wegen unerlaubten Waffenbesitzes erhalten.
Damals hatte der Vorsitzende Richter Thomas Sagebiel in seiner Urteilsbegründung durchscheinen lassen:  Es gibt durchaus Indizien, die auf eine Mittäterschaft von Markus H. hindeuten, doch die Zweifel überwiegen zu Gunsten des Angeklagten.
Doch die Familie von Walter Lübcke ist überzeugt: Markus H. war in der Tatnacht dabei, auch wenn von ihm im Gegensatz zu Stephan E. keine Spuren am Tatort gefunden wurden. Das damals gesprochene Urteil enthalte zudem klare Rechtsfehler.
Holger Matt, Anwalt der Nebenklage
„Es sticht seit langem ein Kernelement heraus, nämlich: Wie ist die DNA-Spur an das Hemd von Walter Lübcke gekommen? Das schriftliche Urteil bietet hierfür keine Erklärung, die auf Beweisen basiert oder Angaben irgendwelcher Personen basiert, sondern mutmaßt, wie es passiert sein könnte. Das halten wir auch für einen eklatanten Rechtsfehler.“
Auch der Generalbundesanwalt ist in Revision gegangen. Auch er rügt Rechtsfehler im Urteil. Das Gericht in Frankfurt habe den Anspruch an die Beweise zu hoch gesteckt und Markus H. deshalb zu Unrecht freigesprochen. Außerdem will der Generalbundesanwalt erreichen, dass für Stephan E. eine Sicherungsverwahrung nach seiner Haft angeordnet wird.
Die Verteidiger von Markus H. weisen heute alle Revisionsanträge zurück. Ihr Mandant sei zu Recht vom Vorwurf der Beihilfe zum Mord freigesprochen worden.
Björn Clemens, Verteidiger von Markus H.
„Denn selbst wenn wir jetzt hier irgendwelche Formalien finden, aufgrund derer man das Urteil aufheben kann, ist das ja noch keine Verurteilung, sondern dann müsste nochmal die Beweisaufnahme, wie wir sie in Frankfurt hatten, neu durchgeführt werden, und da ist überhaupt nichts zu erblicken, was man dann finden könnte, was die Täterschaft meines Mandanten bestätigt.“
Der Anwalt von Stephan E. versucht mit dem Revisionsverfahren eine Sicherungsverwahrung für seinen Mandanten zu verhindern. Doch gleichzeitig muss Stephan E. eine weitere Verurteilung befürchten. Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte ihn zwar vom Vorwurf des versuchten Mordes an dem Asylbewerber Ahmed I. freigesprochen, doch auch gegen dieses Urteil wurde Revision eingelegt.
Der Bundesgerichtshof muss nun prüfen, ob und welche Urteile er aufhebt. Seine Entscheidung wird für den 25. August erwartet.