Bodycams für Zugpersonal

Zur Weihnachtszeit werden nicht nur die Fußgängerzonen voll, sondern auch Busse und Bahnen – mit vielen negativen Folgen für die Zugbegleiter. Beleidigungen, Drohungen, körperliche Gewalt gehören immer öfter zur Tagesordnung. Die Deutsche Bahn ist alarmiert und greift zu Gegenmaßnahmen: Die ersten 50 Mitarbeiter im Regionalverkehr wurden nun mit sogenannten Bodycams ausgestattet. Wir sind bei einem Zugbegleiter mit Kamera an der Uniform in Frankfurt zugestiegen.

„Guten Tag, die Fahrkarten bitte.“
Den Satz wird Sven Strecker an diesem Vormittag noch öfter sagen. Der Kundenbetreuer kontrolliert im Regionalexpress von Frankfurt nach Heidelberg die Fahrkarten. Mit dabei seine neue Assistentin, die Bodycam. Mit ihr fühlt sich Sven Strecker sicherer, denn auch er wurde schon öfter auf verschiedene Art angegangen.
Sven Strecker, Kundenbetreuer DB Regio
„Verbal natürlich, anspucken. Es gibt auch Fahrgäste, die sind einfach respektlos uns gegenüber. Die fragt man nach der Fahrkarte, dann sagen die: ‚Habe ich nicht.‘ Und wenn man dann nochmal nachfragt, dann sagen die: ‚Jetzt geh endlich weiter, sonst haue ich dir eine runter!’“
Ein Schild weist auf den möglichen Videoeinsatz hin. Die Bodycam filmt aber nicht die ganze Zeit, sondern nur im Ernstfall. Schritt 1: das Display einschalten, eine erste Warnung. Die Kamera zeichnet aber erst auf, wenn Sven Strecker den roten Knopf drückt. Das ist aber oft gar nicht nötig.
Sven Strecker, Kundenbetreuer DB Regio
„Wenn der Fahrgast sich selber sieht in der Bodycam im Display, dann sieht er, wie er reagiert. Wenn er erbost ist, das schreckt dann schon viele ab. Dass die dann sagen: ‚Okay, so kenne ich mich ja gar nicht.’“
Auf gespeichertes Material kann nur die Bundespolizei zugreifen. Den roten Knopf musste Sven Strecker bislang allerdings noch nicht drücken. Insgesamt jedoch werden Zugbegleiter immer öfter angegangen: In den vergangenen beiden Jahren gab es mit jeweils mehr als 3.000 Übergriffen auf Mitarbeiter der Deutschen Bahn so viele wie nie zuvor. Knapp Zweidrittel der Angriffe betrafen dabei das Zugpersonal im Regionalverkehr. Nach einer Testphase sollen die Bodycams auch in S-Bahnen eingesetzt werden, viele Fahrgäste haben Verständnis.
Uwe Köhler
„Einfach zum Schutz des Bahnpersonals. Die sind ja wirklich manchmal sehr aggressiven Anfeindungen ausgesetzt. Das muss man sich nicht gefallen lassen und das wird abschrecken wirken.“
Lavinia
„Die Polizei macht das ja auch mittlerweile. Und ja, so ist man einfach noch mal ein bisschen überwachter. Ich finde, das gibt einem nochmal so eine Sicherheit. Auch generell, als Passagier im Zug.“
Für Sven Strecker wird es dann noch stressig, wenn auch aus etwas anderen Gründen: Der Zug kann nicht wie geplant bis Heidelberg durchfahren, auf einem Teil der Strecke ist die Oberleitung auf die Gleise gestürzt. Unser Kundenbetreuer muss die schlechte Nachricht durchsagen und rechnet bei den Reisenden schon mit den schlimmsten Reaktionen.
Sven Strecker, Kundenbetreuer DB Regio
„Ich könnte mir gut vorstellen, dass der eine oder andere da vielleicht auch aggressiv wird.“
Glück im Unglück für ihn: Die Fahrgäste sind zwar vorerst in Weinheim gestrandet, zeigen aber Verständnis. Letzter Kontrollgang, ob alle Reisenden den Zug verlassen haben. Wenigstens geht es für Sven Strecker heute ohne Anfeindungen zurück nach Frankfurt.