Betriebsversammlung bei VW in Baunatal

Für die Mitarbeiter von Volkswagen in Baunatal war die Nachricht ein Schock: Weil der Wolfsburger Autobauer wirtschaftlich in Schieflage geraten ist, will der Konzern die Belegschaft erheblich verkleinern – und denkt sogar darüber nach, ganze Werke zu schließen. Bei VW in Baunatal fand deshalb heute eine Betriebs-Versammlung statt. Bei den rund 15.500 Mitarbeitern sind die Sorgen auch danach noch groß.

Keine glücklichen Gesichter kurz nach der großen Betriebsversammlung heute Mittag bei VW in Baunatal. Rund zwei Stunden lang hat der Konzernvorstand der Belegschaft zuvor die angespannte Lage bei Volkswagen geschildert – konkrete Aussagen zur Zukunft des Werkes und der Mitarbeiter in Baunatal gibt es dabei aber nicht.
Martin Wiegand
„Die Luft war heiß. Sagen wir mal so. Es gab Pfiffe, es gab auch Buhrufe. Und ja – die rote Karte für den Vorstand auf jeden Fall.“
Ralf Buschbeck
„Für mich war vieles nicht ehrlich, was von oben gesagt wurde. Klar kann man auf die Tränendrüse drücken und man kann die Konkurrenz ansprechen. Aber das sind ja genau so Sachen, da sollte man sich vorher mal Gedanken drüber machen, ne?“
Sandra Auel
„Letztlich sitzen sie halt am längeren Hebel. Wir sind halt die Kleinen. Und mehr als sagen: ‚Wir finden das nicht in Ordnung, weil das halt nicht auf unseren Mist gewachsen ist‘, können wir ja nicht.“
Nichts Genaues weiß man nicht – für den Betriebsratsvorsitzenden ist das Teil der Strategie des Konzerns. Lieber erst mal alles in der Schwebe halten – und die Belegschaft schon mal ganz allgemein auf das Schlimmste vorbereiten.
Carsten Büchling, Betriebsratsvorsitzender Volkswagen Baunatal
„Wenn man keine Kündigungen ausgesprochen hat, kann man die Androhung ganz schnell wieder zurückziehen. Das erwarten wir in den nächsten Tagen. Dann sind wir auch bereit, zu den bisher üblichen Gesprächen, wenn es um die Zukunft von Volkswagen geht, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Falls das nicht passiert, muss dem Vorstand vollkommen klar sein: Dann geraten wir in einen großen, ernstzunehmenden Tarifkonflikt. Und zwar mit der IG Metall gegen den Vorstand.“
Der VW-Vorstand äußert sich heute nicht vor der Kamera, gibt aber wirtschaftliche Nachteile am Standort Deutschland sowie Schwierigkeiten auf dem wichtigen Absatzmarkt China als Gründe für die Sparpläne an.
Eher ungewöhnlich: Mit Hessens Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori nimmt heute auch ein Mitglied der Landesregierung an der Betriebsversammlung teil. Dabei sichert der Minister den Beschäftigten des mit Abstand größten privaten Arbeitgebers in Nordhessen seine volle Unterstützung zu.
Kaweh Mansoori (SPD), Wirtschaftsminister Hessen
„Man muss ja insgesamt sagen: Baunatal ist ja ein sehr gut aufgestellter Standort für die Zukunft. Viele Fähigkeiten, die für die Elektromobilität erforderlich sind, gibt es hier schon. Viele Bauteile und Komponenten, die es für eine erfolgreiche Umstellung auf Elektromobilität brauchen wird, können auch hier gefertigt werden. Deshalb sind das erstmal gute Ausgangsvoraussetzungen.“
Ein Satz ist bei den VW-Mitarbeitern heute immer wieder zu hören: Der Fisch stinkt vom Kopf her. Viele Mitarbeiter sind verärgert, dass sie in Baunatal nun vielleicht etwas ausbaden müssen, das an anderer Stelle verbockt wurde – nämlich in der Vorstandsetage des VW-Konzerns in der Wolfsburger Zentrale.