Bahnen fahren nach Streikabsage überwiegend nach Plan

Nach der kurzfristigen Absage des zweitägigen Warnstreiks sind die Züge nach Angaben der Deutschen Bahn heute weitestgehend planmäßig gefahren. Und doch gab es bei einigen Bahnreisenden lange Gesichter. Weil der Streik bei mehreren privaten Bahnunternehmen in Hessen und Rheinland-Pfalz wie geplant stattfand, ging mancherorts gar nichts mehr – etwa im Odenwald.

Heute Mittag am Bahnhof Höchst im Odenwald: Hier, wo normalerweise die Odenwaldbahn Reisende von Erbach bis nach Hanau und zurück befördert, fährt heute kein einziger Zug. Fast alle Beschäftigten der Privatbahn haben die Arbeit niedergelegt. Viele Pendler sind verwirrt – und verärgert.
Svenja Minor
„Jo, ich finde es herzlichst beschissen. Gerade für die Menschen, die auf die Bahn angewiesen sind. Ohne jegliche Information gesagt zu bekommen, der Zug fährt einfach nicht.“
Fabio Fonseca Ferreira
„Hier vorne am Ticketautomat stand halt, der nächste würde gegen 11:29 Uhr fahren. Und da habe ich jetzt bis hierhin gewartet. Auf der Arbeit herrscht aktuell Personalmangel bei mir. Und wir versuchen gerade, das alles hinzukriegen. Aber das klappt dann nicht, wenn ich nicht auf die Arbeit komme.“
Ganz anders die Lage heute Morgen am Hauptbahnhof in Frankfurt: Hier ist zwar etwas weniger los als sonst, der Betrieb läuft aber weitgehend reibungslos – nur vereinzelt fallen Züge aus.
Quasi in letzter Minute hatten sich die Deutsche Bahn und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG am Samstagnachmittag vor dem Frankfurter Arbeitsgericht auf einen Vergleich geeinigt. Danach erhalten auch alle Mitarbeiter der Deutschen Bahn, die den Mindestlohn bislang nur über Zulagen erhalten, den Mindestlohn als Basisvergütung. Damit beziehen sich auch künftige Tariferhöhungen auf diese höhere Basis. Im Gegenzug verzichtet die EVG vorerst auf weitere Warnstreiks.
Carsten Maier, Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft
„Jetzt geht es natürlich noch um unsere weiteren Kernforderungen, sprich: Wir fordern zwölf Prozent, mindestens aber 650 Euro im Monat mehr für unsere Kolleginnen und Kollegen. Und das bei einer Laufzeit von zwölf Monaten.“
Jetzt wollen beide Seiten erst einmal an den Verhandlungstisch zurückkehren. Bislang bietet die Bahn den Mitarbeitern zehn Prozent mehr Lohn. Die EVG erwartet ein deutlich besseres Angebot.
Carsten Maier, Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft
„Nach dem Aufschieben des Warnstreiks liegt natürlich der Ball bei den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern. Sie sind jetzt gefragt, uns Angebote zu machen, über die wir auch verhandeln können. Sollte das nicht passieren, werden wir natürlich demnächst oder auch kurzfristig zu weiteren Warnstreikmaßnahmen aufrufen.“
Erneutes Chaos im Zugverkehr also nicht ausgeschlossen – nicht nur bei den kleinen Privatbahnen wie der Rheingaulinie Frankfurt / Neuwied oder der Odenwaldbahn, wo die Tarifverhandlungen seit längerem stocken, sondern auch bei der Deutschen Bahn, die sich bislang wenig bereit zeigt, den Forderungen der Bahngewerkschaft nachzukommen.