Bad Kreuznacher Arzt operiert Kinder in Afrika

Und jetzt kommen wir zu einem Mann, der vielen Kindern schon ein neues Gesicht geschenkt hat. Dr. André Borsche aus Bad Kreuznach. Seine letzte Reise mit seiner Frau führte ihn in eines der ärmsten Länder der Welt: nach Mosambik. Gebeutelt von einem Jahrzehnte andauernden Bürgerkrieg. Die medizinische Versorgung vor Ort ist katastrophal. Das gilt auch für die unzähligen Verbrennungsopfer, darunter viele Kinder.

Den kleinen Angustino hat es übel erwischt: Vor drei Wochen ist er beim Spielen ins Feuer gefallen. Dabei wurde ein erheblicher Teil seiner Haut verbrannt – der Vierjährige leidet Höllenqualen. Das Team um den plastischen Chirurgen Dr. André Borsche versorgt den tapferen Angustino erst mal mit Schmerzmitteln – und rettet ihm in mehreren stundenlangen Operationen mit Hilfe von Bluttransfusionen und einer Hauttransplantation das Leben. Seine rechte Hand müssen die Ärzte amputieren.
Auf der Kinder-Intensivstation mit akut Verbrannten warten viele weitere furchtbare Schicksale auf das Ärzteteam aus Deutschland: Es sind Kinder, die ohne die medizinische Hilfe aus Rheinland-Pfalz ein Leben lang unter den Folgen ihrer Verletzungen leiden oder sogar sterben würden. Insgesamt führen Dr. Borsche und Kollegen innerhalb weniger Tage 36 Operationen durch – und ermöglichen ihren kleinen Patienten so die Hoffnung auf ein weitgehend normales Leben. Und doch können sie nur einem Bruchteil der Menschen vor Ort helfen: Es sind schlichtweg zu viele Kinder, die dringend operiert werden müssten. Deshalb leisten die deutschen Ärzte in Mosambik auch Hilfe zur Selbsthilfe: Bei jedem chirurgischen Eingriff sind Mediziner aus Mosambik mit im Operationssaal, um die wichtigsten Prinzipien der Verbrennungschirurgie kennenzulernen.
Nach einigen Tagen macht sich das deutsche Ärzteteam wieder auf den Heimweg – und riskiert dabei noch einmal das eigene Leben. Auf dem Weg zum Flughafen fallen Schüsse – Rauchschwaden stehen über der Hauptstadt Maputo. Zum Glück geht alles gut und das Team erreicht den Flug nach Deutschland unbeschadet. So überwiegt am Ende die Freude, wenigstens ein bisschen Leid gelindert zu haben – verbunden mit der Hoffnung, dass es Ihren kleinen Patienten wie Angustino, die jetzt von  mosambikanischen Ärzten und Schwestern betreut werden, von nun an jeden Tag ein kleines bisschen besser geht.
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Markus Appelmann, Moderator:
Der Mann mit den Zauberhänden ist bei uns im Studio. Dr. André Borsche, ich grüße Sie.
Dr. André Borsche, Plastischer Chirurg aus Bad Kreuznach:
Guten Abend.
Appelmann:
Herr Brosche, wissen Sie, wie es dem kleinen Angustino heute geht?
Borsche:
Gott sei Dank geht es ihm gut. Wir kriegen über WhatsApp doch immer wieder Nachricht und haben natürlich sehr gezittert. Denn wenn man so viele Operationen an einem kleinen Menschen vollführt, möchte man natürlich, dass es auch wirklich gut geht. Und da sind natürlich die Heilungsphasen ganz spannend.
Appelmann:
In dem gehört, dass sie innerhalb weniger Tage 35, 36 Operationen durchgeführt haben. Eine Mammutaufgabe. Und trotzdem können Sie nicht das ganze Leid in diesem Land lindern. Wie entscheiden Sie denn, wem Sie helfen und wem Sie nicht helfen?
Dr. André Borsche, Vorsitzender Interplast:
Also am meisten haben wir natürlich das Bedürfnis, den Kindern zu helfen, weil wir wissen, die haben ihr ganzes Leben noch vor sich. Aber eines der Ziele ist auch, dass wir den Ärzten zeigen wollen, in welchen Techniken sie auch ihren Patienten in Zukunft helfen können, wenn wir nicht da sind. Und das war gerade in diesem Einsatz ganz besonders toll. Die mosambikanischen Ärzte und Schwestern waren dauernd dabei, haben immer mitgemacht und wir hatten den Eindruck, die saugen richtig all das, was wir an Wissen zu vermitteln haben, auf, um ihren eigenen Leuten am besten zu helfen.
Appelmann:
Was wir gerade eben im Beitrag gesehen haben, Sie begeben sich selbst in Gefahr. Sie, Ihre Frau, das gesamte Team. Kann man das ausblenden?
Borsche:
Auf der einen Seite geht man natürlich ein gewisses Risiko ein. Wer also sozusagen nur auf dem Sofa sitzen möchte und die schöne Welt durch schöne Bilder erleben, der ist bei uns falsch. Man muss schon merken, dass man sich einfach vernünftigerweise einem Risiko aussetzt, aber dieses dann doch für eine Sache, die so wichtig ist, die einen so brennend interessiert, wo man unbedingt doch da hinterher sein will, den Menschen zu helfen, die keine Chance haben, da geht man auch dieses Risiko ein.
Appelmann:
Sie haben gerade eben gesagt eine Sache, die so wichtig ist. Wir berichten schon viele Jahre über Ihre Tätigkeit und wir merken, dass Sie mit Herzblut dabei sind. Was ist denn Ihr Antrieb? Was ist Ihr Lohn?
Borsche:
Das ist die unendliche Dankbarkeit und überhaupt was Sinnvolles machen. Ich als Arzt habe gelernt, Menschen helfen zu können. Das ist doch das schönste Geschenk, was man sich überhaupt nur wünschen kann. Und das so unmittelbar, so ohne große Bürokratie wirklich zentral anbringen zu können, das ist fantastisch. Man könnte fast sagen, man kann süchtig danach werden, wenn man sieht, wie sehr man diesen Menschen helfen kann. Und da eingebettet sein in einem Team, was mitmacht, und alle ticken in der Zeit auf höchstem Niveau und ganz intensiv, das ist großartig.
Appelmann:
Bis letztes Jahr waren Sie im Diakoniekrankenhaus in Bad Kreuznach. Jetzt sind Sie im Ruhestand. Trifft auf Sie eher zu “Unruhestand”, oder können Sie die Zeit auch ein bisschen genießen mit der Familie?
Borsche:
Ja, die Familie spielt auch eine Rolle, und da freue ich mich auch. Die Enkelkinder, mittlerweile sind es schon acht, die wir besuchen können. Aber so ganz habe ich das Skalpell nciht aus der Hand genommen, sondern operiere gelegentlich im Gesicht noch in einer Praxis eines Freundes, sodass ich bissel auch drin bleibe, weil einfach der Gedanke, helfen zu können und auch in Kommunikation zu stehen, das ist etwas, was mich einfach auch im Leben wirklich erfüllt.
Appelmann:
Kommunikation ist ein gutes Stichwort. Sie haben ja hunderten Kindern schon ein neues Gesicht gegeben. Kommunizieren die immer noch mit Ihnen? Gerade um die Weihnachtszeit, gibt es da ganz viel Post oder elektronische Post?
Borsche:
Ganz genau. Das ist wunderschön. Ich kriege von Kindern, die mittlerweile verheiratet sind, die ihre Kinder haben, schicken uns Bilder und wir sind erfüllt von dieser Dankbarkeit. Und das geht wirklich rund um die Welt. Ob Südamerika, Afrika, sogar aus Tschetschenien haben wir zwei, drei Kinder, die regelmäßig sozusagen jetzt schon als Erwachsene uns immer noch sehr, sehr dankbar verbunden sind.
Appelmann:
Wir haben ganz viel gerade auch im Voraus gesprochen. Da haben Sie gesagt, das war jetzt Ihr 70. Einsatz. Eine unvorstellbare Zahl in all diesen Jahren. Haben Sie schon wieder Pläne fürs nächste Jahr?
Borsche:
Wir wollen im Januar nach Indien fahren. Und Indien ist im Moment eine schwierige Sache, weil das ist eigentlich ein Schwellenland, was eigentlich keine Hilfe von außen mehr braucht. Und trotzdem wissen wir, dass in den ländlichen Regionen doch noch sehr viele arme Leute sind, die sehr auf uns hoffen, weil wir sie kennen, lieben und ihnen auch weiterhelfen wollen.
Appelmann:
Ich finde das eine ganz tolle Tradition, dass sie immer so rund um die Weihnachtszeit zu uns ins Studio kommen. Danke für den Besuch in diesem Jahr. Dr. André Borsche.
Borsche:
Ja, ganz herzlichen Dank auch von Ihrer Seite. Ganz großartig. Merci beaucoup.