Azubi-Projekt: Nachhaltiger Wiederaufbau im Ahrtal

Übermorgen ist es genau ein Jahr her, dass die verheerende Flut große Teile des rheinland-pfälzischen Ahrtals verwüstet hat. Neben unzähligen zerstörten Häusern, befindet sich auch die Infrastruktur immer noch im Wiederaufbau. Seit Ende letzten Jahres packen auch über 100 Auszubildende der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes mit an. Ihr Ziel: Das Ufer der Ahr für die nächste Flut wappnen.

Hendrik Weißflog, Wasserbauer
„Die Bilder von der Flut waren wirklich schrecklich. Als ich hierhin kam, war es noch nicht so schön grün, wie es jetzt ist. Es war kahl, überall lag Müll, es war alles verdreckt. Die Ahr war nicht wiederzuerkennen von einem Google-Maps-Bild; ich war ja nie hier. Kaum auszudenken, was die Leute hier mitgemacht haben.“
Als ihn sein Ausbildungsbetrieb Ende letzten Jahres ins Ahrtal schicken will, um dort den praktischen Teil seiner Lehre zum Wasserbauer zu machen, muss Hendrik Weißflog aus Wincheringen nicht lange überlegen. Auch er hatte die Bilder aus der Flutnacht gesehen. Das Ausmaß der Zerstörung konnte er vorher nur erahnen.
Sein Fachwissen und das der anderen rund 100 Lehrlinge wurde hier dringend gebraucht. Denn als zukünftige Wasserbauer lernen sie, wie sie Flussufer aufbauen und absichern können.
Sie verwenden eine spezielle Methode, die hier in der Region bisher noch nie angewendet wurde: die sogenannte „Lebendbauweise“. Dabei bauen sie eine Art „natürlichen Zaun“ mit Hölzern und Pflanzen, die Wurzeln schlagen und mit dem Boden verwachsen.
Hendrik Weißflog, Wasserbauer
„Also, man möchte, dass das Ufer nicht bei einem nächsten Hochwasser wieder weggeschwemmt wird durch die Strömung, durch die Erosion, sondern man möchte, dass es bestehen bleibt. Und so hat man eben diese naturnahen Bauweisen hier ausgewählt.“
Für die Menschen in der Ahr-Region sei die Arbeit der Azubis ein echter Mutmacher, sagt der Bürgermeister der Stadt. Weniger ermutigend seien hingegen die enormen bürokratischen Hürden für den Wiederaufbau.
Guido Orthen, CDU, Bürgermeister Bad Neuenahr-Ahrweiler
„Nahezu ein Jahr nach dem Ereignis sind wir müde und manchmal auch mürbe; bei den Privaten, was die Anträge angeht, aber bei den öffentlichen Stellen auch. Die Regeln, an die wir uns halten, sind die Regeln, die am 14. Juli 2021 schon galten. Das ist das Problem. Wir brauchen einfacheres Recht für die Menschen und für die Kommunen, damit wir wieder aufbauen können.“
Kritik, die auch der rheinlandpfälzischen Ministerpräsidentin und dem Bundesverkehrsminister nicht neu sein dürfte.
Malu Dreyer, SPD, Ministerpräsidentin Rheinland-Pfalz
„Ich habe Verständnis dafür, dass viele sagen, es geht zu langsam. Aber ich kann immer nur wieder sagen: Wir alle tun wirklich unser Möglichstes und packen an und lernen auch immer wieder dazu, damit das Ahrtal Stück für Stück wieder zu einem wunderschönen Tal wird.“
Volker Wissing, FDP, Bundesverkehrsminister
„Die Dinge können nicht eins zu eins wieder so hergestellt werden, wie sie waren, weil wir aus diesem Hochwasser auch Lehren ziehen müssen. Insofern werden viele Dinge anders sein. Auch der Gewässerschutz hier entlang des Ufers der Ahr wird anders gemacht, aber er wird eben auch besonders nachhaltig und, wie ich finde, besonders schön gemacht und ich glaube, das ist wichtig.“
Seine Arbeit hier hat Hendrik Weißflog erst einmal abgeschlossen. Und auch seine Ausbildung hat der 19-Jährige inzwischen erfolgreich beendet. Mit dem Azubi-Projekt an der Ahr habe er nicht nur neue Arbeitserfahrungen gesammelt, sagt er, sondern Eindrücke für sein ganzes Leben mitgenommen.