Ausstellung im Historischen Museum zeigt Frankfurt zur NS-Zeit

Frankfurt am Main steht für vieles: Die Stadt ist zum einen die Wiege der deutschen Demokratie – denn hier in der Paulskirche tagte das erste frei gewählte Parlament auf deutschem Boden. Frankfurt – das ist die Stadt des Handels und der Messen. Hier wurden der Dichter Johann Wolfgang von Goethe und der kritische Denker Theodor Adorno geboren. Die Mainmetropole war auch einmal die Stadt, in der die meisten jüdischen Deutschen lebten. Man könnte annehmen, eine solche Stadt wäre Hitler und dem Nationalsozialismus nicht so leicht verfallen. Doch das Gegenteil war der Fall. Noch bis zum 11. September zeigt jetzt eine Ausstellung im Historischen Museum Frankfurt, warum.

Freistehend, O-Ton Täter: „Es dauerte drei bis 15 Minuten, um die Menschen in den Todeskammern zu töten. Wir wussten, wenn die Menschen in den Kammern tot waren, weil ihr Kreischen aufhörte….“
Es ist die Stimme eines Täters, der an einem Verbrechen gegen die Menschheit beteiligt war. Denn die Ausstellung „Frankfurt im NS“ im Historischen Museum der Stadt zeigt vor allem: Täter – das waren nicht nur Hitler oder „die Nationalsozialisten“.
Jenny Jung, Kuratorin
„Wir haben hier mit dem Titel ‚Eine Stadt macht mit‘ den Fokus gelegt auf die Täterinnen und Täter, große und kleine, die sowohl hinter den Schreibtischen saßen als auch diejenigen, die in den Vereinen dafür gesorgt haben, dass jüdische Mitglieder ausgeschlossen worden sind.“
Die Heimat genau dieser Täter wirkt in vielen Aufnahmen seltsam vertraut: Bürger vergnügten sich auf der Dippemess oder tanzten bei ihrer Abiturfeier – wie konnte Frankfurt eine Stadt der Täter werden?
Der Aufstieg der Nazis beginnt auf der Straße: Die Aufmärsche der Nationalsozialisten beeindrucken viele. Durch Gewalt gegen politische Gegner erhält die NSDAP viel Aufmerksamkeit, obwohl sie lange nur eine Splitterpartei ist.
Jan Gerchow, Museumsdirektor
„Ein erschütterndes Ergebnis der Recherchen ist, dass Frankfurt schon vor 1933 eine relativ braune Stadt war. Das kommt schon in den Wahlergenissen 1929, 1930, ’32 raus, dass dort Frankfurt überdurchschnittlich viele NS-Wähler hatte.“
Und so will der nationalsozialistische Oberbürgermeister Friedrich Krebs 1933 schnell das jüdische Image der Stadt loswerden – er entlässt alle jüdischen Beamte der Stadt. Wochen bevor Hitler das auf Reichsebene beschließt.
Die Stadt ist auf Parteilinie. Ihre Polizei und Feuerwehr tun nichts, als am 9. November 1938 auch in Frankfurt die Synagogen brennen.
Von diesen Pogromen führt der Weg mehr zur Deportation und Ermordung jüdischer Frankfurter. Wie etwa dem Warenhausbesitzer Hermann Wronker: Er wird im Zweiten Weltkrieg in Auschwitz ermordet.
Während des Krieges profitieren Unternehmen in Frankfurt von der Vernichtung Unschuldiger: So produziert die IG Farben synthetisches Benzin für die Wehrmacht. Die Firma Degesch entwickelt das Zyklon B und verkauft es an die KZs. Die Ausbeutung der Insassen dort endet auch nicht nach ihrer Ermordung.
O-Ton Täter: „Nachdem die Leichen fortgebracht waren, nahmen unsere Sonderkommandos die Ringe ab und zogen das Gold aus den Zähnen der Leichname, der größte Teil der Beute wurde in Geheimtresoren der Reichsbank in Frankfurt am Main überführt.“
Von 30.000 Frankfurtern jüdischen Glaubens leben 1945 nur noch einige hundert in der Stadt.
Die Ausstellung zeigt aber nicht nur Gewalt gegen Juden, sondern auch viele Geschichten mutiger Bürger.
Etwa von Martin Bertram: Der Bäckermeister verkaufte auch weiterhin jüdischen Kunden sein Brot.
Eine Gruppe um den Widerstandskämpfer Ludwig Gehm machte mit antifaschistischen Parolen klar: Nicht jeder Deutsche war ein Nazi. Ihre Geschichten zeigen, Frankfurt hätte ein Stadt des Widerstands sein können – hätte es mehr Menschen wie sie gegeben.