Ausbildung in Teilzeit

Deutschland gehen die Azubis aus. Im letzten Jahr waren bundesweit mehr Lehrstellen unbesetzt als jemals zuvor – 42 Prozent aller Unternehmen konnten nicht alle Stellen besetzen. Auch in Hessen sind viele Betriebe händeringend auf der Suche nach Auszubildenden und gehen dafür auch schon einmal ungewöhnliche Wege.

 

Magdalena Nowak präsentiert ihre Abschlussarbeit. Mit dieser Anlage, die verschiedene Werkstoffe automatisch erkennen und sortieren kann, hat sie den ersten Teil ihrer Ausbildung zur Mechatronikerin mit Bravour gemeistert. Eine normale Auszubildende ist Magdalena nicht. Sie ist alleinerziehend, hat fünf Kinder Zuhause.
Magdalena Nowak, Auszubildende:
„Da gab es auch schwere Momente so zu sagen. Aber ich wollte das und ich wollte das unbedingt so dass ich gedacht habe: wenn das nicht klappt, dann klappt es nicht, aber ich mache das und ich ziehe das durch. Und soweit klappt es.“
Für ihr Ziel gibt sie alles. Morgens um sechs fängt Magdalena an ihre Kinder zu versorgen und hat erst am späten Abend das erste Mal Zeit für sich. Damit das alles klappt, hat ihr Arbeitgeber für sie ein besonderes Ausbildungsmodell geschaffen.
Philipp Rother, Ausbildungsleiter Karl Mayer Stoll GmbH:
„Das Besondere daran ist, dass Magdalena in der Zeit, in der normalerweise Mechatroniker-Auszubildende diese Ausbildung machen, die gleichen Inhalte vermittelt bekommt und sie auch entsprechend annimmt und umsetzt, jedoch pro Tag knapp zweieinhalb Stunden weniger zur Verfügung hat, hier bei uns in der Werkstatt. Das heißt sie holt dann das, was in der Theorieseite nachzuholen ist dann einfach Zuhause nach, während die Kinder schlafen. Das ist schon sehr beeindruckend in der Hinsicht.“
Eine aktuelle Werbekampagne für flexible Teilzeitausbildungen soll Arbeitgeber und Auszubildende gleichermaßen auf die Vorteile einer Teilzeitausbildung hinweisen. Eine Entwicklung, die auch Dr. Christa Larsen freut. Sie beobachtet den Hessischen Arbeitsmarkt seit vielen Jahren und weiß, warum die Zahl der Auszubildenden immer weiter sinkt.
Dr. Christa Larsen, Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur, Goethe-Universität Frankfurt:
„Seit zehn, fünfzehn Jahren haben wir die sogenannte Akademisierung, das heißt, Eltern wünschen sich für ihre Kinder, dass sie möglichst ein Studium absolvieren, auch mit dem Wunsch verbunden, dass man sich damit wirtschaftlich besser absichern kann. Eltern sind extrem einflussreich bei der Entscheidung für einen Bildungs- und einen Berufsbildungsgang bei jungen Menschen nach wie vor, das wissen wir und deshalb muss man auch die Eltern mit in diese Sensibilisierung hinein nehmen.“
Die Expertin setzt nicht nur auf die Flexibilisierung von Ausbildungs- und Arbeitszeiten Um mehr Azubis zu gewinnen sei es zum Beispiel auch notwendig Studienabbrecher anzusprechen und Deutschkurse in die Ausbildung zu integrieren.
Bei Magdalena zumindest hat das System Teilzeitausbildung funktioniert. Sie wird, wenn nichts mehr dazwischen kommt, im Januar ihren Abschluss in der Tasche haben.