Aus für Verbrennermotoren? – Das sagt die Wirtschaft

Planungssicherheit hat die Industrie derzeit so überhaupt nicht. Und das hat dramatische Folgen. Zwei aktuelle Beispiele. Nummer 1: In Kaiserslautern heißt es momentan Baustopp am Batteriewerk. Hier, wo Opel früher High-Tech-Diesel produziert hat, wurde eine Batteriefabrik der Superlative angekündigt: 600.000 Akkus für E-Autos pro Jahr. Eigentlich sollten die Bauarbeiten schon abgeschlossen sein. Beispiel 2: Das Daimler Lastwagenwerk in Wörth hat diese Woche Kurzarbeit ab September angemeldet. Daimler, die immer mehr auf Elektro-LKW setzen wollen, verkaufen derzeit deutlich weniger Lastwagen – der Absatz ist eingebrochen. Das zeigt, wie sehr die Auto- und LKW-Branche – eine Schlüsselindustrie in Deutschland – derzeit zu kämpfen hat. Am Ende stehen viele Zehntausende Jobs in Hessen und Rheinland-Pfalz auf der Kippe.

Die Firma Rowe in Worms: Ihre rund 350 Mitarbeiter produzieren Motoren- und Getriebeöle für Fahrzeuge mit Benzin- und Dieselmotoren. Aber auch Bremsflüssigkeiten und Kühlmittel, die sich für Elektroautos nutzen lassen. Rowe setzt auf eine breite Produktpalette und möchte weiter kräftig in den Standort investieren. Doch die Marktentwicklung ist schwer abzusehen. Werden Neuwagen mit Benzin- und Dieselmotor wirklich bald verboten? Werden E-Autos stärker gefördert? Geschäftsführerin Alexandra Kohlmann fordert von der Politik eine klare Linie.
Alexandra Kohlmann, Geschäftsführerin ROWE MINERALÖLWERK GMBH Worms
„Dieses Tauziehen ist natürlich ein sehr unglückliches Signal. Wir wünschen uns natürlich als Unternehmen da schon auch einfach Beständigkeit und auch eine Sicherheit für unsere Planung. Und ich würde es schon sehr begrüßen, wenn dann auch eine Entscheidung getroffen wird, dass man sich auch einfach darauf verlassen kann. Also, dieses Schaffen eines verlässlichen Rahmens ist, glaube ich, einfach ganz essenziell auch für uns als Unternehmen hier in Deutschland.“
Die Unsicherheit ist nicht nur bei Rowe zu spüren, sondern in der gesamten deutschen Auto- und Zulieferindustrie. Noch ist die Autobranche der wichtigste deutsche Wirtschaftszweig. Rund 780.000 Mitarbeiter erzielen mit Benzin- und Dieselmotoren einen Jahresumsatz von über 560 Milliarden Euro. Ein Verbrennerverbot bereits in wenigen Jahren könnte – ohne die nötigen politischen Rahmenbedingungen – einen massiven Stellenabbau zur Folge haben.
Karsten Tacke, Hauptgeschäftsführer Landesvereinigung Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz
„Man zwingt die Wirtschaft in Umstrukturierungsprozesse, die erheblich viel Geld kosten, ohne, dass sie am Ende zum Ziel führen. Das gefährdet Arbeitsplätze und den wirtschaftlichen Erfolg. Die Fahrzeugindustrie ist für Deutschland so eine Art Herzschrittmacher. Das hängt an den weitverzweigten Zulieferketten, die nahezu in alle Wirtschaftsbereiche reichen hier. Das heißt also, hier würde man einen Kollateralschaden anrichten.“
Auch eine Studie des Kreditversicherers Allianz Trade warnt vor den Konsequenzen, die ein Umstieg auf Elektroautos hätte, denn diese bestehen aus weniger technischen Teilen als Benzin- und Dieselfahrzeuge. Die Autohersteller würden dann rund 30 Prozent weniger Personal brauchen. In Deutschland könnten rund 260.000 Arbeitsplätze verloren gehen. Dennoch – sagen Gewerkschaften wie die IG Metall – müssten die Hersteller massiv in die Elektromobilität investieren. Nur so könnten sie ihre weltweit führende Stellung behalten und zukunftssichere Arbeitsplätze schaffen.
Jörg Köhlinger, Leiter IG Metall Bezirk Mitte
„Uns drohen dann keine Massenentlassungen, wenn die Industrie sich auf neue Technologien einstellt, wenn die Beschäftigten mitgenommen werden, wenn Zukunftskonzepte für einzelne Unternehmen entwickelt werden. Uns drohen dann Massenentlassungen, wenn Unternehmen und Konzerne die Trends verschlafen.“
Doch die technisch einfacheren Elektroautos können zum Beispiel in China – auch dank staatlicher Subventionen – billiger gebaut werden. Unter anderem deshalb setzen die hessischen Unternehmerverbände weiter auf den Verbrenner.
Clemens Christmann, stv. Hauptgeschäftsführer Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände
„Weil er gut ist fürs Klima – und deswegen muss das Verbrennerverbot weg. Wenn wir die Klimaziele langfristig erreichen wollen, mit Wohlstand, mit Mobilität, mit Akzeptanz in der Bevölkerung, dann geht es nur mit Verbrennungsmotoren. Wir haben die Technik, wir haben da die Jobs. Und wenn man die mit E-Fuels betankt, dann ist es genauso gut fürs Klima wie wenn ich Elektromotoren mit PV-Strom oder Windkraftstrom betanke.“
Schon jetzt haben die Beschlüsse der EU und der Bundesregierung dramatische Folgen: Vor kurzem ist der Aktienkurs von Autokonzern Stellantis abgestürzt, zu dem auch der Autobauer Opel in Rüsselsheim gehört. Zulieferer wie ZF haben den Abbau von Tausenden Stellen angekündigt. Die Firma Rowe dagegen will weiter wachsen und fordert jetzt klare politische Vorgaben. Denn bald wird sie millionenschwere Investitionsentscheidungen treffen müssen. Und dann will sie sicher sein, dass sie auf die richtigen Maschinen und Produkte setzt.