Artenvielfalt in unseren Bächen geht zurück
Neben dem Klimawandel gehört das Artensterben zu den größten Bedrohungen unseres Planeten. Daher arbeiten Wissenschaftler unentwegt daran, mehr darüber zu erfahren und so viele Arten wie möglich zu erforschen. So ist gerade eine europaweite Studie zur „Entwicklung der Biodiversität in Bächen“ erschienen. Dabei haben die Forscher auch Gewässer in Rheinland-Pfalz untersucht. Mit überraschenden Ergebnissen.
Stefan Stoll und Wolfram Remmers sind am Steinaubach bei Birkenfeld unterwegs. Schon seit sechs Jahren kommen sie immer wieder hierher, um ihn nach Lebewesen zu untersuchen. Eine schwierige Aufgabe, denn mit bloßem Auge ist kaum ein Tier zu erkennen. Doch in jedem Quadratmeter befinden sich bis zu 10.000 Tiere. Eine wichtige Grundlage für ein gesundes Ökosystem.
Prof. Stefan Stoll, Gewässerökologe Umweltcampus Birkenfeld
„Wenn jetzt diese Gewässerorganismen reichhaltig vorkommen, dann zeigt das an, dass da genügend Nährstoffe für Fische zur Verfügung stehen. Dann haben wir auch Forellen und sonstige Arten in so einem Bach mit drin. Die Insekten schlüpfen. Dann gibt es eben auch erwachsene Insekten, die hier im Sommer durch die Luft fliegen. Das ist ganz wichtig für Vögel, für Spinnen und andere Organismen um den Bach drum herum. Ohne diese Gewässerorganismen gäbe es das alles nicht.“
Mit ihren Untersuchungen haben die Forscher an einer Studie zur Artenvielfalt in Bächen teilgenommen. Sie ist mit 22 mitwirkenden Ländern die größte jemals in Europa. Die Ergebnisse zeigen, dass die Biodiversität in den letzten 30 Jahren zugenommen hat.
Prof. Stefan Stoll, Gewässerökologe Umweltcampus Birkenfeld
„Der kommt allerdings daher, dass wir in den 80er Jahren auf einem ganz geringen Niveau der Artenvielfalt angefangen haben. Die Gewässer waren sehr stark belastet. Vor allem stoffliche Belastung. Kläranlagen gab es kaum. Und die wurden dann gebaut. Die ersten Renaturierungen wurden gebaut. Das war alles sehr erfolgreich.“
Doch die Daten zeigen auch, seit fünf Jahren gibt es wieder weniger Arten. Der Erfolg verpufft. Grund sind zum einen die Landwirtschaft und damit verbundene Dünger und Pestizide, die in die Gewässer gelangen. Zum anderen der Klimawandel. Da die Wassertemperaturen steigen, können einige Arten nicht überleben.
Prof. Stefan Stoll, Gewässerökologe Umweltcampus Birkenfeld
„In allen Gruppen gibt es kälteliebende Arten und wärmeliebende Arten, die angepasst sind an schnellfließendes, kühles, sauerstoffreiches Gewässer. Die sind da besonders betroffen. Von den Kleinstlebewesen, die sind namentlich kaum bekannt, aber bei den Fischen, da sind das zum Beispiel die Forelle, die Groppe, ganz typischer Arten, die hier prägend sind, die hier zunehmend Probleme bekommen. Also eine Forelle kann keine Wassertemperaturen dauerhaft über 20 Grad ertragen.“
Im Labor können die Forscher ihre Proben noch genauer untersuchen. Für ihre Studienergebnisse haben sie wochenlang jedes einzelne Lebewesen aus den Proben gezogen und zugeordnet. Um den Abwärtstrend umzukehren, müssten Kläranlagen umgerüstet werden. Außerdem schlagen sie Kühlsysteme für die Bäche vor.
Wolfram Remmers, Gewässerökologe Umweltcampus Birkenfeld
„Und das kann man zum Beispiel auch ganz gut erreichen, indem man Gewässerrandstreifen anlegt. Mit Gehölzen, die das Gewässer beschatten. Damit kann man vor allem der Erwärmung entgegenwirken. Denn Gewässer, die einen Gewässerrandstreifen haben, können 4-6 Grad kühler sein, als wenn sie keinen hätten.“