Arbeitslose spielen Weihnachtstheater

Die Weihnachtsgeschichte von Charles Dickens ist eines der meist aufgeführten Stücke in der Adventszeit. Mittlerweile gibt es viele Abwandlungen und eine sehr ungewöhnliche fand heute im hessischen Hofheim statt. Denn alle Darsteller dort sind arbeitslos. Und noch ungewöhnlicher, einige von ihn finden über das Theaterspielen wieder zurück in Arbeit. Was es damit auf sich hat, erfahren Sie hinter Türchen Nummer 15 unseres Adventskalenders.

„Komm in meinen Arm. Ich werde dir zeigen, was du nicht siehst, was du nicht sehen willst.“
Es ist ein nicht alltägliches Weihnachts-Theaterstück, denn es ist zugleich eine Jobmaßnahme. Wie Peter Westphal sind alle Darsteller seit über einem Jahr arbeitslos. Der 54-Jährige gelernte Elektroanlageninstallateur aus Schwalbach verlor zu Beginn der Corona-Pandemie seinen Job. Seitdem sucht er einen neuen Arbeitsplatz. Das Theaterspielen soll ihm dabei helfen.
Peter Westphal, Darsteller
„Hier kommt’s mehr drauf an, wirklich die Persönlichkeit aus einem rauszuholen. Und dass man wieder Mut kriegt und dass man wieder auch … na ja, diese Befangenheit, die man hatte, die Frustration, die man gesammelt hat im Laufe der Zeit, mit Absagen et cetera, hinter sich lässt. Und wieder zu sich selbst findet und merkt: Ich kann was und das zeig ich auch und das bring ich auch so rüber.“
Das Stück „Der letzte Geist“ ist keine Glitzer-Weihnachtsaufführung. Es beschäftigt sich mit den Vorurteilen gegenüber Arbeitslosen. Die Hauptfigur Eberhard Scrooge ist seit vielen Jahren arbeitslos, alkoholabhängig und faul, ehe ihm eines Nachts – wie in der Weihnachtsgeschichte – drei Geister begegnen. Sie überzeugen ihn, sein Leben umzukrempeln und wieder arbeiten zu gehen.
Fritz Dinges, Veranstalter des Theaterstücks
„Hier drin erleben Sie Leute, die sonst nie den Mund aufmachen. Sie haben sie auf der Bühne erlebt. Die hatten früher Angst davor gehabt, auf die Bühne zu gehen. Heute gehen sie anders hin. Sie bewerben sich anders. Ist eine ganz andere Situation geworden: Sie gehen raus und glauben wieder dran.“
Bei Zhivka Savova verlief die Maßnahme erfolgreich. Drei Jahre lang war die Türkin arbeitslos, sprach nur wenig Deutsch. Vor einem Jahr kommt sie zur Theatergruppe und findet kurz danach wieder einen Job. Nach persönlich schwierigen Jahren hat sie jetzt eine Vollzeitanstellung als Pflegekraft.
Zhivka Savova, Pflegekraft in Kriftel
„Ohne dieses Theater wäre ich bestimmt wieder in einer Depression. Das ist zuhause nicht schön, wenn man alleine ist. Ich habe mit niemandem geredet, ich hatte keine Freunde. Jetzt ja, aber vorher nicht. Und ja … das Theater hat mir auch viel beigebracht.“
Die Veranstalter vermitteln die Darsteller an Arbeitgeber aus der Region. Einige von ihnen sitzen heute im Publikum. Rund 70% der Teilnehmer finden laut den Veranstaltern kurz nach dem Theaterspielen wieder einen Job. Auch Peter Westphal hatte am Montag ein Bewerbungsgespräch und ist optimistisch.
Peter Westphal, Darsteller
„Das Gespräch lief supergut. Ich konnte einiges, was ich hier im Kurs auch gesehen habe und gemerkt habe, anwenden und mitnehmen. Und ich denke, ich hab’s ganz gut angestellt. Also ich bin da sehr, sehr guter Dinge.“
Über das Theaterspielen zurück auf den Arbeitsmarkt: Für Peter Westphal und die anderen Darsteller wäre das nach langer Arbeitssuche ganz sicher wie ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk.