Arbeiten unter 3G-Bedingungen

Die vierte Corona-Welle ist größer als alle bisherigen. Ein Negativrekord jagt den nächsten. Die Zahl der Corona-Neuinfektionen liegt erstmals seit Beginn der Pandemie über 400. Die Gesundheitsämter in Deutschland melden knapp 67.000 neue Corona-Fälle. Daher werden die Corona-Maßnahmen erneut verschärft. Seit heute greift die neue 3G-Regel am Arbeitsplatz: Alle Beschäftigten vor Ort müssen dann geimpft, genesen oder getestet sein. Doch wie kontrollieren die Unternehmen das eigentlich in der Praxis?

Rund 1.400 eigene und 550 externe Mitarbeiter betreten regelmäßig das Betriebsgelände des Arzneimittelunternehmens Biotest in Dreieich. Seit heute hat nur noch Zugang, wer geimpft, genesen oder getestet ist. Kontrolle und Dokumentation erfolgen durch den Werkschutz. Viele Angestellte begrüßen die neue Regelung.
Gönül Polat, Laborantin
„Es hat sich eigentlich im Großen und Ganzen nichts geändert für uns. Die meisten sind auch geimpft. Deswegen ist alles eigentlich ganz gut.“
Michael Thies, Leitung Qualitätskontrolle
„Ich find das gut. Also, ich fühle mich da auf jeden Fall um einiges sicherer. In allen anderen Arbeitsgebieten oder auch privat.“
Jasmin Kienle-Wiche, Assistentin Quality Operations
„Ich muss mit den Kollegen zusammenarbeiten und hab eigentlich gar keine andere Wahl. Und so kann ich mir jetzt halt sicher sein, dass alle auch getestet sind, oder geimpft oder genesen.“
Auf der Zugangskarte wird die Freigabe gespeichert – für Geimpfte und Genesene zeitlich unbegrenzt, für negativ Getestete 24 Stunden lang. Im Gegensatz zu anderen Ungeimpften müssen sich die Mitarbeiter von Biotest die Coronatests nie selbst beschaffen. Das Unternehmen bietet sie ihnen rund um die Uhr kostenlos an.
Dirk Neumüller, Leiter Unternehmenskommunikation Biotest AG Dreieich
„Wir stellen lebensrettende Medikamente aus menschlichem Blutplasma her, die momentan sehr knapp auf dem Markt sind, und unsere Patienten sind auf die Medikamente angewiesen. Wir arbeiten im Drei-Schicht-Betrieb, sieben Tage die Woche. Und wir möchten auf keinen Fall, dass eine Schicht ausfällt, weil Kollegen ihren Test vergessen haben.“
Täglich kostenlose Coronatests für alle ungeimpften Angestellten, das kann und will sich nicht jeder Betrieb leisten.
Mike Schaad führt einen Handwerksbetrieb in Nierstein. Seine 90 Mitarbeiter arbeiten auf Baustellen im gesamten Rhein-Main-Gebiet. Von Ungeimpften verlangt der Chef zur Sicherheit sogar einen negativen PCR-Test – doch nicht jeder ist bereit, diesen Nachweis zu erbringen.
Mike Schaad, Geschäftsführung Jakob Ebling GmbH
„Da gab’s heute Morgen einen Fall, da kam ein Kollege auf die Baustelle – also ein eigener von Ebling – und den haben wir heimgeschickt, ja. Dem haben wir gesagt: ‚Geh doch jetzt in die nächste Apotheke und lass dich testen‘. Und da hat er gesagt: ‚Oh nee, dann mach ich das morgen‘. Ja, also die Leute werden heimgeschickt. Weil – ich kann mir das Risiko nicht ins Haus holen.“
Der Unternehmer schätzt, dass 30% des Baustellenpersonals ungeimpft sind. Kontrolle und Dokumentation der Nachweise durch Vorgesetzte vor Ort seien daher ein erheblicher Mehraufwand. Viele Unternehmen stießen schon jetzt an ihre Grenzen, so die Landesvereinigung Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz.
Karsten Tacke, Hauptgeschäftsführer Landesvereinigung Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz e. V.
„Immer dort, wo die Mitarbeiter sehr verstreut arbeiten, wo zeitgleich Zugang auch zum Werksgelände gewährt werden muss, ohne dass die Leute digital erreichbar sind, wird die Umsetzung immer schwieriger. Wenn die Umsetzung eines Gesetzes innerhalb dieser kurzen Frist – und ich glaube, das ist sehr einsichtig, dass das der Fall ist – nicht möglich ist, dann kann ich das nicht gleichzeitig mit Bußgeld belegen. Wir erwarten, dass der Gesetzgeber hier an der Stelle klarstellt, dass er diese Bußgeldvorschriften in dieser Geschwindigkeit nicht anwendet.“
Denn bei Verstößen gegen die 3G-Regelung am Arbeitsplatz drohen aktuell Bußgelder von bis zu 25.000 Euro – für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. So steigt mit dem heutigen Tag der Druck – vor allem aber nicht nur auf Ungeimpfte.