Apotheken beklagen Medikamentenmangel

Erst Öl und Gas – und jetzt auch noch Medikamente: Die werden in den Apotheken langsam zur Mangelware. Viele gängige Schmerzmittel oder Hustensäfte sind schlichtweg nicht mehr zu bekommen. Der Grund: Es gibt Schwierigkeiten in den internationalen Lieferketten. Nun schlagen die hessischen Apotheker Alarm.

Der skeptische Blick in die Vorratsliste. Dem Frankfurter Apotheker Holger Seyfarth gehen die Medikamente zur Neige. Diesen Fiebersaft für Kinder etwa hat er gerade noch zwei Mal auf Lager. Nachbestellen kann er ihn derzeit nicht, ganz gleich bei welchem Anbieter. Sehr zum Unmut seiner Kunden.
Holger Seyfarth, Apotheker
„Wenn die Mutter mit ihrem Säugling, der eine Mittelohrentzündung hat, in der Apotheke steht und keinen Fiebersaft bekommt – dann ist schon viel Geduld und auch Überredungskunst gefragt, damit die Situation nicht irgendwie eskaliert.“
Auch bestimmte Nasensprays, Paracetamol, Ibuprofen oder Elektrolytpulver für Durchfallerkrankungen stehen immer seltener in den Regalen. Alternativen sind oft nicht erhältlich. Das bekommen auch Mütter immer öfter zu spüren.
Charlotte Stieda, Marketingmanagerin in Elternzeit
„Ich habe vom Kinderarzt ein neues Rezept bekommen für Paracetamol-Zäpfchen und wollte die in der Apotheke holen, dann waren sie ausverkauft. Und es hieß auch, dass ich zu jeder anderen Apotheke gehen könnte, die hätten aber auch keine. Dass die momentan nicht verfügbar wären.“
Ines Metzger, Mutter eines Sohnes
„Man fragt sich halt, wieso so etwas nicht auf Vorrat da ist. Da wird man ja dann auch ein bisschen allein gelassen. Da kann man dann zum Arzt rennen oder zur Notaufnahme und gucken, dass man das noch bekommt. Und eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass es vorrätig ist.“
Margret Lisker, Rentnerin
„Ich find’s schon schlimm, man hätte das eigentlich zeitig erkennen müssen. Und alles eigentlich mehr über die einheimische Industrie machen müssen, als dass man alles auslagert. Das ist das Problem.“
Viele Medikamente für den deutschen Markt werden in großen Werken in Indien oder China hergestellt. Durch Corona-Lockdowns oder den Ukrainekrieg kommt es immer wieder zu Lieferengpässen. Den Medikamentenmangel können dann auch die Pharmahersteller hierzulande nicht ausgleichen. Eine tückische Situation. Schon werden Rufe laut, Apotheker könnten die fehlenden Medikamente doch selbst herstellen. In der Theorie ja, doch angesichts der Materialkosten und des Personalaufwands wären diese dann um ein vielfaches teurer.
Holger Seyfarth, Vorsitzender Hessische Apothekerverband
„Das kriegt man eben nicht für 3,15 Euro, das ist aktuell der Preis für diesen Fiebersaft. Dann müsste man 30 oder 40 Euro verlangen und das ist natürlich völlig absurd. Also, die Idee hat einen gewissen Charme, ist in der Praxis aber völlig untauglich.“
Als Vorsitzender des Hessischen Apothekerverbands fordert Holger Seyfarth von der Politik, einen bundesweiten Vorrat für Medikamente anzulegen. Den gibt es hierzulande bislang nicht, um in Notsituationen darauf zurückzugreifen. Und somit dürfte der jetzige Medikamentenmangel noch Monate anhalten.