Apotheken befürchten weitere Versorgungsengpässe

Das Problem gibt es bereits seit Monaten, zurzeit aber spitzt sich die Situation zu. Deutschlandweit sind zahlreiche Medikamente, darunter zum Beispiel Penicilin, Antibiotika und Fiebersäfte nur schwer zu bekommen. Und trotzdem soll übernächste Woche eine Flexibilitätsregelung auslaufen, die derzeit den Apotheken noch etwas Spielraum lässt. Die Apotheken warnen daher vor einer drohenden Unterversorgung!

Weniger Bürokratie – mehr Handlungsspielraum! Seit etwa drei Jahren gilt auch für diese Apotheke in Frankfurt eine flexible Austauschregelung. Heißt: Sind die fiebersenkenden Tabletten nicht vorrätig, darf auch Fiebersaft rausgegeben werden. Und: Sind nur 20 Tabletten verschrieben, dürfen diese vom Apotheker auch aus einer 30er Packungen entnommen werden. Das Problem: Am 7. April soll die Regelung bundesweit auslaufen.
Holger Seyfarth, Apotheker & Vorsitzender Hessischer Apothekerverband
„Also die Folgen sind ja jetzt schon dramatisch, dass die Versorgung nicht mehr in jedem Fall gewährleistet ist. Aber wenn dieses Gesetz nicht verlängert wird, dann bricht die Arzneimittelversorgung definitiv zusammen.“
Noch sortiert der Apothekenroboter hier etwa 7.000 Arzneimittel. Aber fehlten der Apotheke vor einem halben Jahr schon etwa 300 Medikamente im Sortiment, sind es mittlerweile schon doppelt so viele.
Holger Seyfarth, Apotheker & Vorsitzender Hessischer Apothekerverband
„Das ist alles dabei. Von Antibiotika, Herz-Kreislauf-Mittel, selbst Insuline für Diabetiker sind teilweise nicht lieferbar. Und hier gibt es keine Ausweischmöglichkeiten. Und das ist natürlich ein unerträglicher Zustand.“
Ist ein Medikament überhaupt nicht mehr verfügbar, leiden am Ende vor allem die Patienten.
Kurt Johnen, Professor
„Ja, im Prinzip ist es so, dass ich, wenn ich krank bin, natürlich die Medikamente brauche, die mir helfen. Und wenn die nicht da sind, finde ich das auch katastrophal, dass auch noch nicht mal eine Ersatzlösung dann gefunden wird.“
Helga O., Rentnerin
„Das finde ich eigentlich unmöglich. Denn wir sind so ein großes Land und da sollte man das dann schon vorrätig halten.“
Auch die Ärzte selbst beklagen den aktuellen Medikamentenmangel.
Thomas Gleichauf, Kinderarzt
„Absolute Basismedikamente, die im Alltag benötigt werden, sind nicht lieferbar. Und wir eiern rum und es ist schier eine Katastrophe. Also das ist ein Armutszeugnis für die Versorgung. Also für die Eltern, die ihre Kinder, die krank sind, versorgen wollen, ist das eine Zumutung. Das geht überhaupt nicht! Das hab ich in … bin 30 Jahre niedergelassen, noch nie erlebt!“

Über 80% der Arzneimittel in Deutschland werden in Indien und China produziert. Durch gestiegene Produktionskosten und den Ukrainekrieg kommt es aber immer wieder zu Lieferengpässen. Den Medikamentenmangel können dann auch die Pharmahersteller und Apotheken hierzulande nicht ausgleichen.
Und um diese Versorgungslücke abfedern zu können, stellt die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände eine klare Forderung:

Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände e.V.
„Für Patientinnen und Patienten brauchen und fordern wir dauerhaft die bewährten unbürokratischen flexiblen Austauschregeln für alle Arzneimittel. Das ist an den Menschen und an der Versorgungsrealität orientierte Gesundheitspolitik. Alles andere mündet im Versorgungschaos.
Auf die Kritik der Verbände scheint die Poilitik nun zu reagieren. Der Bundestag könnte die flexible Austauschregelung bis zum 31. Juli verlängern.
Parallel dazu wird auf Bundesebene derzeit an einem Lieferengpass-Gesetz gearbeitet, das Apotheken und Patienten Versorgungssicherheit bringen soll.