Antisemitische Kunst auf der documenta wird entfernt

Die Kasseler Kunstausstellung documenta: Auf dem Bild ist ein Werk eines indonesischen Künstler-Kollektivs mit antisemitischen Motiven noch zum Teil verdeckt. Inzwischen kann man es nicht mehr sehen. Tagelang war es jedoch in der Kassler Innenstadt zu besichtigen. Nicht der erste Antisemitismus-Vorwurf gegen die documenta und ihre Macher. Nicht nur für den Präsidenten des Zentralrats der Juden ist jetzt ganz klar eine rote Linie überschritten.

Ein Soldat mit Schweinsgesicht. Er trägt ein Halstuch mit einem Davidstern. Auf seinem Helm der Name des israelischen Geheimdienstes Mossad. Kunst auf der documenta. Auch dieser Mann mit einem Hut, auf dem SS-Runen zu sehen sind, ist ein Motiv auf dem Banner des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi. Das ganze Wochenende steht der Banner genauso auf dem Friedrichsplatz in Kassel – Kunstfreiheit oder Geschmacklosigkeit?
„Es ist ganz klar erkennbar antisemitisch, antiisraelisch und rassistisch.“
„Ich finde es ist sehr grenzüberschreitend.“
„Ich habe auf jeden Fall kein gutes Gefühl, wenn ich das sehe.“
Dieses ungute Gefühl teilt der documenta-Besucher mit dem israelischen Botschafter, mit dem Zentralrat der Juden, mit Politikern und vielen Stimmen die etwas zu sagen haben – aus ganz Deutschland.
Gestern entschließt sich die documenta-Leitung dann zuerst einen Teil des Werkes abzudecken, am Abend folgt die Verhüllung des gesamten Banners.
Warum in Deutschland antisemitische Kunst überhaupt gezeigt werden darf? Die Geschäftsführung der documenta sei keine Instanz, die sich die Exponate vorlegen lasse, so die Generaldirektorin des Kunst-Events. Die Macher der Kunst streiten Antisemitismus-Vorwürfe ab.
Zitat Taring Padi
„Die Ausstellung von People`s Justice auf dem Friedrichsplatz ist die erste Präsentation des Banners in einem europäischen und deutschen Kontext. Sie steht in keiner Weise mit Antisemitismus in Verbindung. (…) Wir entschuldigen uns für die in diesem Zusammenhang entstandenen Verletzungen.“
Kunst, die verhüllt werden muss, – die zu einem Eklat führt. Die Weltkunstaustellung in Kassel kostet rund 42 Millionen Euro. Das Geld kommt vom Bund, vom Land Hessen und aus Kassels Stadtkasse. Es wird anscheinend gezahlt ohne Vorabkontrolle.
Etwas spät kommt die Distanzierung von antisemitischen Inhalten.
Angela Dorn, Bündnis 90 / Die Grünen, Kunstministerin Hessen
„Es gibt natürlich Grenzen der Kunstfreiheit. Spätestens wenn das Strafrecht berührt ist, dann darf ein Kunstwerk nicht gezeigt werden. Und hier ist nochmal ein ganz besonderer Fall. Wir reden über das Thema Antisemitismus und da haben wir eine hohe Sensibilität und insofern finde ich es richtig, dass auch die Künstlerinnen und Künstler entschieden haben, das dieses Werk nicht weiter gezeigt werden soll.“
„Kunstfreiheit“, das war lange das Credo des Kasseler Oberbürgermeisters, doch heute Nachmittag schlägt Christian Geselle andere Töne an.
Christian Geselle, SPD, Oberbürgermeister Kassel
„Die Stadt Kassel und ich als Oberbürgermeister, wir fühlen uns beschämt, es ist ein immenser Schaden für die Stadt Kassel, für die documenta, für das Land Hessen entstanden. Es ist etwas passiert, was nicht hätte passieren dürfen. Antisemitismus hat in der Stadt Kassel keinen Platz. Deshalb muss dieses Kunstwerk von dem Friedrichsplatz entfernt werden.“
Jetzt wird der Banner also ganz abgebaut.
Doch der Schaden, der entstanden ist, bleibt. Die documenta 15 wird in die Geschichte eingehen. Als Ausstellungsort von Kunst mit antisemitischen Inhalten. Und das ausgerechnet in Deutschland.