Alternativer Kraftstoff aus Frittenfett

Mit Frittenfett tanken, dem Klima etwas Gutes tun, ohne dabei dem Geldbeutel sehr wehzutun: Das geht jetzt mit dem Dieselkraftstoff HVO 100 an mehreren Tankstellen in Hessen. Der Öko-Diesel senkt den CO2-Ausstoß um bis zu 90%. Ist das die klimaschonende und kostengünstige Lösung für alle, die kein E-Auto besitzen? Wir haben uns die neuen Tankstellen mal angeschaut. 

Freie Fahrt mit Frittenfett: Das ist jetzt ROTH-Energie-Tankstelle in Gießen möglich. Seit letzter Woche verkauft sie den synthetischen Diesel HVO100, der aus Abfallstoffen hergestellt wird – ein Tankfüllung aus der Friteuse?
Kim Dennis Backhaus, Marketing-Leiter ROTH Energie: „Es ist tatsächlich so, dass einer der Hauptrohstoffe aus denen HVO hergestellt werden kann, gebrauchte Speiseöle und Speisefette sind (…) Und momentan ist es, dass man bis zu 90% CO2 im Vergleich zum herkömmlichen Diesel mit dem synthetischen Diesel einsparen kann.“ (15 Sekunden)
HVO kommt von hydrotreated vegetable oils, auf Deutsch: hydrierte Pflanzenöle. Und so sieht der gesamte Entstehungsprozess aus – vom Rohstoff bis zum Kraftstoff.
 (Grafik)
  1. Pflanzen benötigen zum Wachsen CO2 und speichern es per Photosynthese aus der Luft.
  2. Aus Pflanzen, wie beispielsweise Raps, werden Öle hergestellt – etwa das Frittierfett.
  3. In herkömmlichen Öl-Raffinerien oder speziellen Bioraffinerien werden die Speiseöle oder andere Reste chemisch bearbeitet.
Der Prozess heißt Hydrierung: Dabei wird unter anderem Wasserstoff zu den Fetten hinzugefügt.
  1. Aber: Nur wenn der Wasserstoff aus Erneuerbaren Energien stammt, ist der Kraftstoff zu 90% klimaneutral.
  2. Bei der Verbrennung von HVO100 im Diesel-Motor entsteht aber nicht mehr CO2, als die Pflanzen gebunden haben. (38 Sekunden)
Laut Kim Backhaus hat der Fritten-Diesel dieselbe Reichweite wie ein Diesel aus Erdöl und sei dabei sogar Motor-schonender.  
Tanken könnten den Kraftstoff Besitzer von Diesel-Autos, deren Motoren nicht als zehn Jahre ist. Doch längst nicht jeder traut sich.
Zeydan, Fahrlehrer: „Naja, ich hab noch nie davon gehört, ich bin nicht vertraut damit und wollte nichts riskieren.“ (10 Sekunden)
Vertrauter mit dem Kraftstoff sind viele Kunden an der ROTH-Tankstelle in Frankfurt: Sie verkauft HVO100 schon seit Februar. Selbst aus Bayern reisen Kunden zum tanken an.
Manuel Sandner, ROTH Energie-Tankstelle Frankfurt: „Am Anfang waren es weniger, da waren es vielleicht fünf bis zehn Kunden am Tag, die es dann ausprobiert haben, leicht skeptisch waren. Mittlerweile sind es 25 Kunden am Tag.“ (10 Sekunden)
Und das obwohl der Diesel anfangs 30 Cent pro Liter, jetzt 15 Cent pro Liter teurer ist als normaler Diesel.
Doch es gibt auch Kritik an HV0100: Denn CO2-Ersparnis gebe es nur mit Wasserstoff aus erneuerbaren Energien. Der Wasserstoff zur HVO-Herstellung stamme zurzeit größtenteils aus fossilen Quellen.
Außerdem:
Nikolas von Wysiecki, NABU Hessen: „Ein Großteil dieses HVO1000 wird aus Asien kommen, kommt jetzt schon aus Asien. Das heißt, es wird keine Lösung für Energiesouveränität werden oder eine geringere Abhängigkeit von anderen Ländern darstellen.“ (16 Sekunden)
Auch könne die Menge an Reststoffen nicht immer weiter gesteigert werden. 2023 verhinderte die ehemalige schwarz-grüne Landesregierung den Verkaufsstart des Diesel – Grund: Der Fokus müsse auf der E-Mobilität liegen.
Backhaus hält dagegen:
Kim Dennis Backhaus, Marketing-Leiter ROTH Energie: „Wir sind der Auffassung, dass um die Klimaziele zu erreichen, wir alle Technologien nutzen müssen, ob das jetzt die Brennstoffzelle ist, ob das Wasserstoff ist, ob das die E-Mobilität ist (…) Wir brauchen eine breite Technologieoffenheit.“ (15 Sekunden)
Bis August will ROTH in Hessen den Kraftstoff an 12 Tankstellen verkaufen. Vielleicht hat der eine oder andere Diesel-Fahrer mehr bald Frittenfett im Tank.