Acht Jahre Warten auf Arbeitserlaubnis

Eine junge Familie flüchtet 2015 vor dem Bürgerkrieg aus Äthiopien. Auf der Flucht müssen sie viele Gefahren überstehen, alles mit dem Ziel, sich in Deutschland ein neues, sicheres Leben aufzubauen. Doch obwohl sie voller Integrationswillen und Tatendrang alles daran setzen, auf eigenen Beinen zu stehen, ist ihre Ankunft im rheinland-pfälzischen Guntersblum zugleich der Beginn einer langen Leidenszeit.

Acht Jahre lang hat es gedauert, bis zu diesem Moment. Acht Jahre lang haben Sadia Hussen und ihr Mann von der Ausländerbehörde keine Aufenthaltserlaubnis bekommen und damit auch keine Arbeitserlaubnis – sie waren lediglich geduldet, denn sie hatten keine Pässe; weder ihr Heimatland Eritrea, noch ihr Geburtsland Äthiopien fühlten sich zuständig. Dass sie Sprachkurse absolvierten, arbeiten wollten, ihr eigenes Geld verdienen wollten – alles egal. Doch jetzt ist Sadia glücklich. Sie darf endlich arbeiten.
Sadia Hussen, kam 2015 nach Deutschland
„Die Arbeit gut mit nette Leute und Mitarbeiter. Putzen und alles machen wie mein Haus und das gefällt mir auch gut. Ich freue mich. Schon lange wir nicht dürfen Arbeit. Das Problem acht Jahre zu Hause ganz viel Stress. Und jetzt habe ich guten Schlaf auch. Ich bin müde und schlafe.“
Nicht nur für Sadia ist der neue Job im Altenzentrum Oppenheim ein Segen. Auch ihr Arbeitgeber freut sich, dass er sie endlich einstellen durfte.
Christopher Leimbach, Leiter Altenzentrum Oppenheim
„Gerade im Bereich der Pflege aber auch schon im Bereich der Hauswirtschaft gibt es für uns ein enormes Problem geeignete Mitarbeiter zu finden, von Guten ganz zu schweigen. Das ist für uns die Kernaufgabe aktuell.“
Der Kreis Mainz-Bingen stellte der Familie über die Jahre stets nur eine Duldung für wenige Wochen aus, die immer wieder auf dem Amt verlängert werden musste, so dass die Angst vor einer Abschiebung präsent blieb. Alle Bitten, zumindest eine längere Duldung zu gewähren wurden ausgeschlagen und so hieß es auch für Sadias Mann Mohammed acht Jahre lang: keine Arbeit, keine Perspektive und dadurch auch keine Hoffnung, die gemeinsame Tochter aus Äthiopien nachzuholen, die sie auf der Flucht zurücklassen mussten. Auch seine beiden Söhne, die in Deutschland geboren wurden, litten sehr unter der ungewissen Situation.
Dass die Familie in dieser schweren Zeit nicht zerbrochen ist, liegt auch an Katrin Pfeffer. Sie hat Familie Hussen über die Flüchtlingshilfe kennengelernt und in ihr Herz geschlossen; für Sadia und Mohammed ist sie wie eine Mutter. In ihrem Garten kann Mohammed Tomaten, Paprika und Mais für die Kinder anbauen, aber auch Kräuter aus seiner Heimat. Eine wichtige Ablenkung in der langen Zeit des Nichtstuns.
Katrin Pfeffer, ehrenamtliche Flüchtlingshelferin
„Das war auch für mich schwer auszuhalten, dieser Konflikt. Wir sitzen hier und sind einerseits fröhlich und andererseits weiß ich – und das hat lange gedauert, bis sie das überhaupt rausgelassen haben – wie schlecht es ihnen auch geht. Dann kam auch, wie frustriert sie auch sind und der Mohammed wäre am Ende dann auch bald zusammengebrochen glaube ich. Also als alles nichts geholfen hat, das war jetzt wirklich höchste Zeit.“
Dass sie jetzt endlich einen Aufenthaltstitel bekommen, verdanken Sadia und Mohammed vor allem Pfarrer Johannes Hoffmann der sie auf ihrem Weg stets unterstützt hat und mit ihnen sogar bis nach Berlin gefahren ist, um dort bei der äthiopischen Botschaft vorzusprechen. Mohammed hat hier in der evangelischen Gemeinde in den letzten Jahren stets ehrenamtlich als Küster und Hausmeister gearbeitet. Jetzt kann er noch in dieser Woche seine neue Stelle in einer Firma beginnen, die Solaranlagen installiert – kann endlich selbst seine Familie versorgen, wie er es sich all die Jahre gewünscht hatte. Mit Johannes Hoffmann verbindet ihn eine enge Freundschaft.
Mohammed Ibrahim-Hussen
„Meine Familie viele, viele geholfen Pfarrer Hoffmann und evangelische Kirche. Pfarrer Hoffmann gleiche Baba, gleiche Familie. “
Johannes Hoffmann, evangelischer Pfarrer in Guntersblum
„Ich wünsche denen, dass sie auf ihren Arbeitsstellen glücklich werden, dass sie da Selbstbewusstsein und auch Sprachkenntnisse verbessern können und ich wünsche ihnen vor allem, dass sie dann im Rahmen der Familienzusammenführung ihre 14-jährige Tochter bald hierher holen können. Für die wird es sicher schwerer sein sich einzuleben als für ihre beiden Brüder, die ja hier in Deutschland groß geworden sind. Das wäre mein Wunsch.“
Ende des Monats fährt die Familie wieder nach Berlin, um ihre Reiseausweise abzuholen. Dann gibt es endlich eine reale Hoffnung, dass sie ihre Tochter nach acht Jahren bald wieder in die Arme schließen können.