Abmahnungswelle wegen Google Fonts

Viele Unternehmen in Hessen und Rheinland-Pfalz erhalten zurzeit überraschend Post von Rechtsanwälten. Der Vorwurf darin: Sie hätten auf ihrer Unternehmens-Webseite sogenannte „Google-Fonts“ benutzt und damit gegen den Datenschutz verstoßen. Bis zu 240 Euro Schadenersatz seien deshalb sofort zu zahlen. Wir haben nachgeforscht, was es damit auf sich hat.

Abmahnungen wie diese flattern gerade zu Tausenden in die Briefkästen von Unternehmen, aber auch von Privatpersonen. Die Empfänger werden beschuldigt, sensible Daten von Besuchern ihrer Webseite widerrechtlich an Google in die USA weitergeleitet zu haben. Bei der IHK Koblenz melden sich deshalb täglich Dutzende Beschuldigte.
Leonard Klumpp, Referent für Recht und Steuern IHK Koblenz
„Gerade ein älterer Rentner, der die Webseite vielleicht gar nicht selber gemacht hat, sondern das jemandem als Auftrag übergeben hat und sich darum auch gar nicht kümmert, der weiß gar nicht, worum es geht. Der bekommt einen Brief, da steht dann auch eine Anwaltskanzlei drauf, der ist natürlich erst mal total verunsichert. Wir haben allerdings auch IT-Unternehmer, die ganz genau wissen, dass das so nicht stimmen kann, was ihnen da vorgeworfen wird, die sind natürlich auch dementsprechend sauer.“
Die Briefe werden hauptsächlich von zwei Anwaltskanzleien aus Berlin und Nordrhein-Westfalen versandt, die von den Beschuldigten einen dreistelligen Schadensersatz fordern. Im Fokus stehen sogenannte „Google-Fonts“, die angeblich widerrechtlich verwendet worden seien.
Google Fonts ist eine Sammlung von über 1.000 Schriftarten, die Google kostenlos für Webseiten zur Verfügung stellt. Um sie zu verwenden, gibt es zwei Möglichkeiten: Webseitenbetreiber können die Schriftarten runterladen und auf einem lokalen Server speichern. Alternativ können sie die Schriften aber auch online einbinden, also ohne diese runterzuladen. Das Problem: Wird die Internetseite dann von einem Besucher aufgerufen, kann es zu einer Verbindung mit dem Google-Server kommen. Dabei können personenbezogene Daten des Webseitenbesuchers, wie zum Beispiel die IP-Adresse, an Google in die USA weitergegeben werden. Ohne Einwilligung ist das jedoch laut der Datenschutzgrundverordnung verboten.
Tatsächlich hatte das Landgericht München Anfang des Jahres einen Unternehmer dazu verurteilt, Schadensersatz zu zahlen, weil er Google Fonts datenschutzwidrig verwendet habe. Doch bei der aktuellen Abmahnungswelle gehe es den Anwälten überhaupt nicht um den Datenschutz, sondern um Geld, sagt die IHK Koblenz.
Leonard Klumpp, Referent für Recht und Steuern IHK Koblenz
„Aus unserer Sicht ist dieses massenhafte Anschreiben von Personen nur des Gewinns Willen eindeutig rechtsmissbräuchlich. Das heißt, aus unserer Sicht ist auch ein Schadensersatzanspruch nicht gegeben, weshalb wir dazu raten die Zahlung nicht zu leisten.“
Die IHK Koblenz rät Betroffenen dazu, die eigene Webseite zu überprüfen und auf lokal gespeicherte Google Fonts umzusteigen. Außerdem sei es sinnvoll, selbst einen Anwalt einzuschalten. Denn ob die Gegenseite beweisen könne, dass der Datenschutz durch die eigene Webseite tatsächlich verletzt wurde, sei äußerst fraglich.