3. Jahrestag des Anschlags von Hanau

Drei Jahre ist es her, dass ein Mann in Hanau neun Menschen erschossen hat. Sein Motiv: Rassismus. Gestern, am Jahrestag des Anschlags, haben Angehörige, Bürger und Politiker der Opfer gedacht und erneut zum Kampf gegen Rassismus, Hass und Hetze aufgerufen. Denn die Aufarbeitung hat gerade erst begonnen.

 

Es sind bewegende Momente, die sich gestern Mittag auf dem Hanauer Marktplatz abspielen. Rund 500 Menschen sind zur zentralen Gedenkstunde für die Opfer des Anschlags am 19. Februar vor drei Jahren gekommen. Unter den Gästen sind auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Hessens Ministerpräsident Boris Rhein.
Boris Rhein (CDU), Ministerpräsident Hessen: „Für uns alle ist das ein schwerer Tag, aber es ist vor allem natürlich für die Hinterbliebenen ein ganz besonders schwerer Tag. Aber der Tag ist auch wichtig, weil die Erinnerung wichtig ist. Denn von der Erinnerung kommen wir an den Auftrag, den wir haben. Der Auftrag ist Kampf gegen Rassismus, Kampf gegen Extremismus.“ (17s)
Ein Kampf, der noch lange nicht gewonnen ist, wie die Angehörigen der Opfer des Anschlags wieder und wieder betonen. So sehr sie die Erinnerung an ihre verlorenen Familienmitglieder hochhalten, so sehr kritisieren sie die öffentliche Aufarbeitung.
Çetin Gültekin, Bruder des ermordeten Gökhan Gültekin: „Bis heute hat niemand die politische Verantwortung übernommen. Bis heute haben wir nicht einmal eine Entschuldigung zu hören bekommen.“ (10s)
Viele zentrale Fragen zur Tatnacht seien immer noch ungeklärt. Das Vertrauen in Politik und Behörden schwinde von Tag zu Tag.
Boris Rhein (CDU), Ministerpräsident Hessen: „Das erschreckt mich natürlich. Aber ich habe auch Verständnis dafür, dass jemand, der in einer solch furchtbaren einzigartigen Situation ist, das auch so empfinden kann. Wir müssen jetzt alles tun, damit dieses Vertrauen zurückkommt, damit dieses Vertrauen wieder gestärkt wird.“ (15s)
Von großer Bedeutung dafür sei das Ergebnis des Untersuchungsausschusses, in dem sich der hessische Landtag seit gut anderthalb Jahren mit den Geschehnissen vom 19. Februar 2020 beschäftigt. Auch die Bundesinnenministerin und hessische SPD-Vorsitzende betont, wie wichtig dieses Instrument in der Aufklärungsarbeit sei. Aber auch der frühzeitigen Prävention komme eine wichtige Rolle zu.
Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministerin: „Kinder machen keine Unterschiede, wo jemand herkommt, sondern das macht die Gesellschaft. Und da müssen wir ansetzen, dass wir Kinder stark machen, dass sie keine Unterscheidung haben, wer wo herkommt. Ich bin auch aufgewachsen in einer Stadt mit 168 Nationen. Für mich war es aber selbstverständlich, dass es keine Unterschiede gibt, egal wo man herkommt. Und dafür müssen wir sorgen und dafür tagtäglich eintreten.“ (25s)
Ein gutes Beispiel für Präventionsarbeit sei das geplante Zentrum für Demokratie und Vielfalt, das zwischen den beiden Tatorten in der Hanauer Innenstadt entstehen soll. Deshalb fördere der Bund das Projekt mit 3,4 Millionen Euro. Es ist ein weiteres Puzzleteil in der Aufarbeitung des Anschlags vom 19. Februar. Ein Prozess, der uns alle noch viele Jahre begleiten wird.