2G setzt Gastronomen und Veranstalter unter Druck

Gastronomen und Veranstalter dürfen in Hessen die Corona-Regeln lockern – also etwa die Masken- und Abstandspflicht entfallen zu lassen. Allerdings nur, wenn Sie unter 2G öffnen, das heißt: nur noch Geimpfte und Genesene reinlassen. Dieses System schmeckt längst nicht allen Gästen, wie einige hessische Gastronomen jetzt erfahren mussten.

„Bleibt fern von der asozialen Kneipe.“
„Schade, dass Ihr mithelft, Menschen zu diskriminieren. Die baldige Pleite dürfte die gerechte Folge davon sein.“
„Auf solche Naziläden ist geschissen…“
Solche und andere Kommentare müssen die beiden Geschäftsführerinnen der Bar Ritzis in Gießen gerade ständig lesen. Und damit nicht genug, gestern Abend haben Juliane Färber und Biena Dzierzewski sogar eine Morddrohung erhalten.
Juliane Färber, Inhaberin Ritzis Gießen
„Ich habe sofort meine Kollegin Biena im Ritzis angerufen, habe gefragt, ob alles okay ist, nachdem wir diese Morddrohung bekommen haben über einen Messengerkanal. Und es war aber alles in Ordnung vor Ort. Und wir machen uns da jetzt tatsächlich Gedanken darüber, wie wir handeln oder wie auch die Mitarbeiter handeln müssen, wenn wir nicht vor Ort sind. Jetzt nach dieser Szene in Idar-Oberstein machen wir uns natürlich Gedanken, ob sich so was dann in die reale Welt aus dem Social Media Kanal übertragen lässt oder eben nicht.“
Sogar den Sicherheitsdienst musste das Ritzis verstärken. Und selbst der wurde schon attackiert.
Auch Ralph Eberhardt wird gerade heftig angefeindet. Er setzt für die Halloween-Veranstaltungen auf der Burg Frankenstein bei Darmstadt die 2G-Regel um. Die Reaktion: üble Beleidigungen.
Ralph Eberhardt, Geschäftsführer Burg Frankenstein
„Es sind ein paar Menschen dabei, die ich sogar persönlich kenne, von denen ich das gar nicht erwartet habe, dass solche Reaktionen kommen. … dass wir analog Drittes Reich, Judentum, die Leute ausgrenzen würden. Man müsste uns komplett boykottieren, das Restaurant, alles, keiner dürfte hier hingehen und wir wären doch trotzdem Superspreader mit der Veranstaltung..“
Dabei wollte Ralph Eberhardt eigentlich auch Getestete reinlassen, also 3G. Doch damit hätte die Großveranstaltung vom Gesundheitsamt genehmigt werden müssen.
Ralph Eberhardt, Geschäftsführer Burg Frankenstein
„Und da haben wir halt angefragt, was wir dürfen, und da hat uns keiner eine Antwort gegeben. Weil wir auch gesagt haben, wir brauchen keinen Mailverkehr, wir müssten einfach mal miteinander sprechen, dass man sich das vielleicht vor Ort anschaut. Wir müssen unser Hygienekonzept ja auch anhand dieser Vorlagen anpassen. Jetzt mussten wir die Entscheidung treffen. Und wir hatten halt nur die Wahl gar nichts oder 2G.“
Ralph Eberhardt ist vor allem sauer auf die Behörden, die ihn mit dem Regelwirrwarr alleine lassen.
Auch andere hessische Gastronomen sind verunsichert. Nur rund 40 Prozent haben sich für 2G entschieden, sagt der Branchenverband.
Julius Wagner, Geschäftsführer Hotel- und Gaststättenverband Hessen
„Aktuell fühlt es sich für die Branche durchaus an, als würde sie zum Prellbock. Und eine ganze Debatte – auch über das Impfen – wird an die Schwelle der Restauranttür getragen. Das ist für die Gastronomen schwierig, gar keine Frage.“
Und im Winter könnte sich die Situation womöglich noch verschlimmern. Mehr 2G – mehr Diskussionen!
Das Ritzis in Gießen aber will bei 2G bleiben – trotz Shitstorm. Eine wirtschaftliche Entscheidung, denn bereits an den ersten beiden Wochenenden gab’s rund 30 Prozent mehr Umsatz als in den Wochen davor.