Edersee-Anrainer kämpfen für Tourismus

Der Kampf ums Wasser – am nordhessischen Edersee ist er jetzt in eine neue Runde gegangen. Denn Deutschlands drittgrößter Stausee ist nur noch zu rund 12 Prozent mit Wasser gefüllt. Wegen anhaltender Trockenheit und weil schon früh im Jahr viel Seewasser an den Fluss Weser abgegeben wurde. Kommunalpolitiker und Tourismusbetriebe bangen um die Ferienregion und fordern eine andere Bewirtschaftung des Sees.

Leere Stege, wo sich sonst Badegäste und 400 Boote tummeln. Ein einsamer Rettungsring im Niemandsland – zu Hochzeiten steht das Wasser bis hierhin. Bereits Mitte August ist der Edersee so leer, dass die ortsansässige Segelschule ihren Betrieb einstellen muss, anderthalb Monate zu früh. Inhaber Thomas Hennig findet dafür klare Worte:
Thomas Hennig, Inhaber Segelschule Rehbach-Edersee
„Katastrophe. Wir haben 40 Prozent Umsatzeinbußen, allein nur in der Segelschule. Im Geschäft 50 Prozent. Und das lässt sich betriebswirtschaftlich nicht mehr rechnen. Noch so ein Jahr, dann müssen wir schließen.“
500 Segelschüler weniger, Mitarbeiter kann er nicht mehr voll beschäftigen. Seit über 40 Jahren betreibt er die Segelschule – Zukunft ungewiss. Auch Tochter Wiebke Happich macht sich Sorgen. Sie vermietet am Edersee drei Ferienhäuser und elf Ferienwohnungen mit 130 Betten, eigentlich bis in den Herbst hinein. Doch nach zahlreichen Stornierungen von Schulklassen ist diese Herberge seit über einem Monat geschlossen. Und auch diese Ferienwohnung bleibt leer. Seit Jahren sind die Übernachtungen rückläufig, im Vergleich zum Vorjahr rund ein Viertel weniger.
Wiebke Happich, Geschäftsführerin SommerHaus am Edersee
„Wir haben in diesem Jahr 1.700 Übernachtungen weniger. Die Zahl ist ein Fakt. Was aber nicht messbar ist, ist eben der Imageverlust. Weil dieses Bild prägt sich ein, im August nicht mehr baden zu können. Ist Wasser da, ist es nicht da? Das nimmt so viel Raum und so viel Kraft und so viel Zeit in Anspruch, dass man sich schon fragt: Macht das alles noch Sinn, hier weiterzumachen?“
Der 27 Kilometer lange Edersee fasst 200 Millionen Kubikmeter Wasser. Die Nutzung ist gesetzlich geregelt. So wird den Sommer über Wasser abgelassen, das via Eder und Fulda im niedersächsischen Hann. Münden in die Weser fließt. Dort soll es den Pegel stützen, damit Schiffe ganzjährig Personen und Frachten gen Norden transportieren können. Genau dagegen wehren sich Kommunalpolitiker am Edersee. Der Landrat sieht die Ferienregion mit 775 Mio. Euro Jahresumsatz und 13.000 Arbeitsplätzen im Tourismus in Gefahr und ist überzeugt, dass …
Jürgen van der Horst (parteilos), Landrat Kreis Waldeck-Frankenberg
„… die Frage, wann wird das Wasservolumen genutzt, in welche Jahreszeit fällt die Unterstützung der Weser, dass das wichtig sein kann bei der Frage, ob man zu einem fairen Interessenausgleich kommt. Bei uns ist zum Beispiel die Sommerferienzeit wichtig. Dann geht es um eine Woche vor oder zurück. Und da muss es auch möglich sein, über Kompromisslinien das zu optimieren.“
Mit einer Resolution fordern Vertreter des Kreises Waldeck-Frankenberg technische Maßnahmen und eine neu geregelte Bewirtschaftung. Das jedoch wäre das Aus für die Schifffahrt auf der Oberweser, sagt das zuständige Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Weser. Angesichts anhaltender Trockenheit und des gesetzlichen Auftrags gebe es bei der Wasserabgabe kaum Spielraum.
Henning Buchholz, Leiter Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Weser
„Solange die Regularien sind, wie sie sind, wird es keine andere Lösung geben. Solange die Talsperre im Bundeseigentum als Bundeswasserstraße geführt ist, hat sie die Aufgabe, die Oberweser zu stützen. Und solange das politisch nicht geändert wird, wird es an den Rahmenbedingungen auch nichts ändern.“
Die hessische Landesregierung will die Forderungen prüfen, bietet sich als Vermittlerin an. Edersee-Tourismus oder Weser-Schifffahrt – am Ende wird die Entscheidung über diesen Verteilungskampf auf Bundesebene getroffen.