Mit Handicap ins Wasser – Querschnittsgelähmte lernen tauchen
Schwerelos durchs Wasser gleiten. Das Tauchen gibt Brian Engelmann ein Körpergefühl, von dem er nicht wusste, dass er es jemals wieder fühlen wird. Denn der 35-Jährige sitzt seit dreieinhalb Jahren im Rollstuhl. Jetzt erkundet er die Unterwasserwelt. Abtauchen in Baunatal.
Zug um Zug arbeitet sich Brian Engelmann voran. Was seine Beine nicht leisten können, übernehmen die Arme. All das, was sich im Alltag schwer anfühlt, löst sich hier in Luft auf. Für den Rollstuhlfahrer mit nichts zu vergleichen.
Brian Engelmann, Tauchschüler
„Durch diese Sitzposition im Rolli, dieser Druck, das löst halt schon Schmerz aus auf den Körper. Und dieser Schmerz wird einem halt komplett genommen durch diese Schwerelosigkeit. Und das ist ein phänomenales Gefühl. Und das habe ich tatsächlich drei Tage nach dem ersten Tauchgang immer noch gespürt.“
Heute steht bereits der vierte an. Engelmann übt, wie man einen Parcour schwimmt. So entwickelt er unter Wasser ein besseres Körpergefühl. Außerdem bekommt der 35-Jährige gezeigt, wie man beim Tauchen eine Boje setzt.
„Und dann nimmst du noch einmal den Oktopus und machst richtig pff. Und dann schießt die hoch.“
Bojen sind im offenen Wasser wichtig: Denn so können andere schon an der Oberfläche sehen, wo sich ein Taucher befindet.
„Hat mega Spaß gemacht.“
Die Tauchlehrer hier sind speziell für Schüler mit einer Behinderung ausgebildet. Arndt Kemper bereitet sich auf jeden einzelnen individuell vor: Welche Besonderheit bringt ein Tauchschüler mit? Bei einem Blinden beispielsweise muss unter Wasser ganz anders kommuniziert werden.
Arndt Kemper, Tauchlehrer
„Wenn ich den Menschen anfasse, kann man sagen, wenn ich zum Beispiel die Hand hoch hebe, hey wir tauchen auf. Ich mache die Hand runter, hey wir gehen etwas runter. Oder ich streichle ihn nach dem Motto, mach langsamer. Also es gibt auch verschiedene Möglichkeiten der Kommunikation.“
Außerdem reagiert jeder Körper unter Wasser anders. Bei Engelmann ist der Kreislauf anfällig. Bei langen Tauchgängen friert er schnell.
Brian Engelmann, Tauchschüler
„Ich bin ab der Brust abwärts gelähmt. Gerade der Wärmeaustausch im Körper funktioniert da nicht ganz so wie bei einem nicht-gelähmten Körper. Das muss man ganz klar sagen. Und man schwitzt natürlich in dem Neoprenanzug auch mehr als ohne. Und das sind so Faktoren, die man im Auge haben muss.“
Die Mut erfordern. Und Vertrauen voraussetzen. Auch deshalb sind bei jedem Tauchgang zwei Lehrer dabei.
Arndt Kemper, Inhaber Tauchschule
„Das ist eine Herzensangelegenheit. Wirklich, ja. Weil man sieht einfach die Emotionen, die Menschen. Manchmal rollen sogar Tränen über die Backe bei denen, aber selbst bei mir auch. Und das ist einfach nur emotional pur, was du hier erleben kannst mit den Leuten.“


