Brandmauer Ja oder Nein? – Im Gespräch mit Andreas Rödder

Soll die CDU die „Brandmauer“ besser durch „rote Linien“ ersetzen?

Eva Dieterle, Moderatoin:
Und was er damit genau meint, darüber sprechen wir jetzt mit Andreas Rödder, guten Abend!
Andreas Rödder, Historiker Universität Mainz
Hallo. Einen schönen guten Abend.
Dieterle:
Herr Rödder, Sie sagen: Statt einer Brandmauer, sollte die Union besser klare rote Linien definieren. Jetzt ist ja klar, dass die AfD die EU in der jetzigen Form abschaffen will, militärische Hilfen für die Ukraine ablehnt und vieles mehr. Das sind doch klare rote Linien.
Rödder:
Das sind inhaltliche rote Linien. Wir müssen zwei Arten von roten Linien unterscheiden. Diejenigen, wo wir sagen, da sind verfassungsrechtliche Grenzen erreicht, wo eine Partei nicht mehr auf dem Boden der Verfassung steht. Darum geht es bei Fragen des Staatsbürgerschaftsrechts, bzw. der Unterschiedlichen Behandlung von deutschen Staatsbürgern unterschiedlicher ethnischer Herkunft oder darüber würde es zum Beispiel bei der Holocaustleugnung gehen. Andere Fragen wie die Russlandpolitik oder wie die Europapolitik, das sind Fragen, die man hart politisch diskutieren muss. Für die Union verlaufen da rote Linien. Aber diese roten Linien würde ich politisch diskutieren und offensiv angehen.
Dieterle:
Schauen wir nochmal auf die Verfassungsrichterwahl zurück. Da hatte die Linkspartei in Teilen zugestimmt. Wie ist Ihr Eindruck: Rückt die Union eher nach links als nach rechts?
Rödder:
Die Union ist in solchen Fragen eher bereit, mit der Linkspartei zu Absprachen zu kommen als mit der AfD. Generell stellen wir fest, dass bei der letzten Bundestagswahl 55  % der Wähler für nicht-linke Politik gestimmt haben. Allerdings diesseits der Brandmauer im Bundestag die stärke Verhältnisse 36,8  % für linke Parteien zu 28,5  % für die Union sind. Das führt dazu, dass die Union in dieser Konstellation immer wieder Konzessionen nach links machen muss. Dadurch verliert sie an Zuspruch bei den 55  %, die für nicht-linke Politik gestimmt haben. Und die AfD wird stärker. Das ist ein Teufelskreis, in dem die Union steckt. Und sie müsste diesen Teufelskreis realisieren, damit sie ihn irgendwie strategisch adressieren kann.
Dieterle:
Die AfD ist im Bund mittlerweile in vielen Umfragen auf Platz 1 vor der Union. Die Strategie, die AfD zu isolieren, ist gescheitert. Bringen Sie es noch einmal auf den Punkt: Wie müsste die Union nun mit der AfD umgehen?
Rödder:
Ich glaube, das Klügste für die Union wäre, aus einer Position der Stärke heraus ganz klare rote Linien zu definieren, an denen sie mit der AfD hart in der Sache spricht. Aber dass sie auch spricht. Und ich glaube, damit würde die Union auch der Demokratie einen Dienst erweisen. Denn diese Sprachlosigkeit zwischen – ja, was sind es? – 3/4 und einem Viertel der Wählerschaft und es wird immer weniger auf der einen Seite und immer mehr auf der Seite der AfD. Diese ausschließende Sprachlosigkeit, die tut der Demokratie n
Dieterle:
… sagt Andreas Rödder, CDU-Mitglied und Professor für Neueste Geschichte an der Uni Mainz. Vielen Dank für das Interview.
Rödder:
War mir ein Vergnügen. Sehr gern.