Unternehmen schließen – Traditionsbrauerei und Schuhhaus finden keinen Nachfolger

Für ganz Nordhessen war die Nachricht ein Paukenschlag, als Ende August bekannt wurde, dass die traditionsreiche Hütt-Brauerei schließen soll. Weil der scheidende Inhaber bisher keinen Käufer oder Investor gefunden hat, steht die 270 Jahre alte Institution und letzte große Brauerei im Raum Kassel vor dem Aus. Der Familienbetrieb ist damit nicht allein. Viele Unternehmer in Hessen und Rheinland-Pfalz haben es schwer einen Nachfolger zu finden.

Frank Bettenhäuser führt die Hütt-Brauerei in neunter Generation. 15 Jahre lang hat er nach einem Nachfolger gesucht – ohne Erfolg. Deshalb die bittere Entscheidung: Ende Oktober soll hier nach 270 Jahren Braugeschichte die letzte Flasche vom Band laufen.
Frank Bettenhäuser, Geschäftsführer Hütt-Brauerei Baunatal
„Die ganze Region hängt und lebt mit diesem Betrieb. Also es hat richtig geschmerzt, also es hat wirklich wehgetan und das ist einem auch mehr als schwer gefallen. Deswegen suchen wir auch krampfhaft noch nach einer Lösung aber es geht so ein Stück Ära zu Ende, natürlich würde es keinem Spaß machen so einen Betrieb zu schließen. Das hat einfach mit der Generationenfolge zu tun, es ist keiner da der es machen will.“
Bettenhäuser ist der Urururur-neffe von Dorothea Viehmann, der wichtigsten Märchenlieferantin der Brüder Grimm. Sie wuchs hier auf dem Brauereigelände auf. Für viele Nordhessen droht deshalb ein Stück Kultur zu verschwinden.
Ilonka Weisenborn
„Geschockt – also, ich konnte es gar nicht fassen, eine Brauerei, die so gut läuft, dass die auf einmal zumacht aus Altersgründen und keinen Nachfolger hat, das konnte ich gar nicht verstehen.“
Winfried Schneider
„Wäre schade, dann müssen wir uns was anderes suchen, wo gibt es denn noch Brauereien?“
„Das müsste noch 270 Jahre weiterlaufen, denn die Situation ist die, dass das Bier hervorragend schmeckt und der Umsatz so wie ich gehört habe, gut ist und der Gewinn auch gut abgeworfen wird.“
Doch der Bierkonsum geht seit Jahrzehnten zurück. Und quer durch alle Branchen suchen durch den demografischen Wandel so viele Unternehmer wie nie einen Nachfolger. Bei der deutschen Industrie- und Handelskammer haben sich dazu im vergangenen Jahr gut 9600 Senior-Unternehmer beraten lassen. Dem gegenüber standen nicht einmal halb so viele Menschen, die ein Unternehmen weiterführen wollten. Ein Grund ist laut IHK die Angst vor zu viel Bürokratie. Arbeitsplätze und Wertschöpfung gingen so verloren.
Karina Szwede, Hauptgeschäftsführerin IHK für Rheinhessen
„Die Lücke ist natürlich groß, wir gehen davon aus zum Beispiel im Gastgewerbe und Handel, dass wir viermal mehr übergebende Unternehmen haben als übernehmende Unternehmen und das zeigt natürlich die Brisanz des Themas. Es ist wirklich kein Randthema, sondern ein ganz wichtiger Faktor für wirtschaftliche Stabilität.“
Auch das Schuhgeschäft von Rainer Hammes wird so nach 129 Jahren aus der Trierer Innenstadt verschwinden.
Rainer Hammes, Schuhverkäufer in Trier
„Mit über 80 muss man mal ans Ende denken. Leider ist es heute so, dass im Einzelhandel das sehr schwer geworden ist und dass es sich keine Nachfolger mehr finden. Deswegen müssen wir schließen. Ich gebe es auch schweren Herzens auf, aber ich habe Verständnis dafür, dass zumindest aus der Familie niemand mehr weitermachen will.“
Zumindest bei Hütt stehe man nun in Verhandlungen mit Interessenten. Und so hoffen viele auf die Rettung in letzter Sekunde und ein Happy End fast wie im Märchen.