Weinbau in der Krise

Mit seinen sechs großen Anbaugebieten ist Rheinland-Pfalz das Herz des deutschen Weinbaus. Doch dieser wichtige Wirtschaftszweig für das Land bereitet aktuell Sorgen. 20 bis 30 Prozent der Winzer in Rheinland-Pfalz stehen vor dem Aus – so fürchtet es zumindest Weinbauministerin Daniela Schmitt und sagt, der Weinbau stecke in der existenziellsten Krise der Nachkriegszeit. Ein neues Maßnahmenpaket soll nun Abhilfe schaffen.

Weniger Absatz, steigende Kosten beispielsweise für Energie und Arbeitskräfte. Und nun auch noch die US-Zölle in Höhe von 15 Prozent, die einen wichtigen Absatzmarkt wegbrechen lassen. Viele Winzer blicken mit Sorge in die Zukunft.
Rheinland-Pfalz will deshalb nun eine Million Euro zusätzliche Mittel aus dem EU-Budget in Marketing und Absatzförderung des rheinland-pfälzischen Weines stecken.
Daniela Schmitt (FDP), Weinbauministerin RLP
„Weil es nämlich auch drum geht neue Märkte zu erschließen. Wir haben Winzer, die in der Vergangenheit auf einen Absatzmarkt gesetzt haben und wir begleiten die Winzerinnen und Winzer in die Welt, denn rheinland-pfälzischer Wein ist ein hervorragender Produkt und wir wollen diese Genussmomente auch anderen Menschen auf den verschiedenen Kontinenten bieten.“
So will Rheinland-Pfalz etwa in Indien, Brasilien und Japan um die Gunst der Kunden werben.
Das Maßnahmenpaket soll zudem stärker Innovationen fördern, etwa den Einsatz von Drohnen in Steillagen oder Künstliche Intelligenz im Rebschnitt.
Auch soll die Antragsstellung für Fördermittel vereinfacht werden. Stichwort Bürokratieabbau.
Der rheinland-pfälzischen CDU-Opposition geht das Paket der Ministerin allerdings nicht weit genug.
Gordon Schnieder (CDU), Fraktionsvorsitzender Landtag RLP
„Ich hab vor fast einem Jahr im Parlament schon gefordert, dass wir endlich jetzt was tun müssen. Damals brannte es schon in den Betrieben lichterloh. Es gab damals einen Weinbaugipfel, es ist nichts passiert. Wir müssen auch über reine Marketingmaßnahmen hinausgehen. Wir haben gefordert im Bereich der Rotationsbrachen ranzugehen. Wir müssen Druck aus dem Markt holen. Dass es also den Winzerinnen und Winzern möglich ist Flächen herauszulösen, dafür auch Prämien zu bekommen aber gleichzeitig ihre Pflanzrechte nicht zu verlieren, sodass wir dann Jahre später dort auch wieder in den Markt zurückkommen.“
Um die Weinberge so flexibel bewirtschaften zu können bräuchte es allerdings eine Änderung auf EU-Ebene. Dafür will sich Rheinland-Pfalz einsetzen. Auf einem Weingipfel mit Hessen und den anderen weinbautreibenden Ländern soll im November eine gemeinsame Linie beschlossen werden.
Und am Ende steht natürlich der Appell an die Verbraucher, beim Einkauf auf regionale Weine zurückzugreifen. Auch, wenn die ein bisschen teurer sind als die Konkurrenz aus dem Ausland.
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Eva Dieterle, Moderatorin:
Wir vertiefen das Thema jetzt – mit  Reinhold Hörner, er ist der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der rheinland-pfälzischen Weinbauverbände. Guten Tag.
Reinhold Hörner, Vorsitzender rheinland-pfälzische Weinbauverbände:
Hallo. Guten Tag.
Dieterle:
Herr Hörner, in letzter Zeit gab es immer wieder Meldungen, dass innerhalb weniger Wochen bis zu 50 Prozent der deutschen Weinbaubetriebe Insolvenz anmelden könnten. Das klingt ja hoch dramatisch. Ordnen Sie das bitte für uns mal ein: Wie  seriös sind denn solche Zahlen?
Hörner:
Gut, es ist ein bisschen zu dramatisch ausgedrückt. Wir haben wirtschaftliche Schwierigkeiten. Es sind vielleicht 30 % in wirtschaftlicher Schwierigkeiten gekommen, aber deshalb gleich von einer Insolvenzwelle zu sprechen, halte ich für übertrieben.

Dieterle:
Und trotzdem – der Weinbau ist in einer  Krise. Können Sie denn beziffern, wie viel Umsatz bei den Winzern im letzten Jahr fehlt?

Hörner:
Rheinhessen, der Nahe und der Pfalz, kann ich sagen, da fehlen 250 Millionen Euro Umsatz seit der letzten Ernte ‘24. Und die fehlen ja nicht nur den Winzern, die fehlt der ganzen Region, weil die Winzer das Geld ja nicht in Mallorca oder sonstwo ausgeben, sondern hier in der Region lassen. Das heißt, es wird nicht mehr gebaut, es werden keine Maschinen gekauft, es wird nicht mehr richtig investiert.
Dieterle:
Im Beitrag wurde eben das Weinbau-Paket der Wirtschaftsministerin vorgestellt. Was bringt das den Winzern in Rheinland-Pfalz?
Hörner:
Ja, es ist alles sehr träge. Die Frau Schmitt, die Wirtschaftsministerin, die hat sehr viele Sachen aufgenommen, die wir eigentlich schon seit drei, vier Jahre fordern. Dass mehr Geld in die Werbung kommt, das ist sehr wichtig. Wir haben auch gleichzeitig ja auch die Weinwerbeabgabe erhöht, die seit 30 Jahren nicht mehr erhöht wurden. Aber das ist alles träge, aber da kann das Ministerium direkt auch nichts dazu. Wir sind ja gelenkt eigentlich von Brüssel und dann über Berlin. Und hier sind sehr viele Baustellen, die man beheben müsste.
Dieterle:
Es wird weniger Wein getrunken, dazu kommen Zoll-Belastungen in den USA und viele Herausforderungen mehr. Was muss denn jetzt  passieren, damit es bei den Winzern wieder bergauf geht?
Hörner:
Ich würde mal so sagen: In Deutschland – wenn von zehn Flaschen Wein, die aufgezogen werden, sind nur vier Flaschen deutscher Wein. Das heißt, wir haben hier sehr viel Potenzial, das wir verschenken eigentlich. Weltweit ist halt die Überproduktion da und die ganze Welt denkt, in Deutschland sind kaufkräftige Kunden. Was bei uns ein Problem ist: Die hohen Kosten, sprich Löhne, sprich die ganze Inflation die jetzt gekommen ist, alles zu unsere Kosten und gleichzeitig das Billigangebot aus Südeuropa oder aus Übersee, das tut uns wahnsinnig weh. Aber nichtsdestotrotz ist nicht alles schlecht. Also wir verkaufen auch gut Wein, die Exportzahlen haben zugenommen. Trotz aller Hiobsbotschaften geht es auch nicht alles in die eine Richtung.
Dieterle:
Sie sind weiterhin optimistisch. Herr Hörner, vielen Dank.
Hörner:
Ich bedanke mich. Vielen Dank.