Schüler bekommen Einblicke in die Justiz
Ende vergangenen Jahres gab es bundesweit 933.000 offene Ermittlungsverfahren – das ist ein Anstieg um 30 Prozent seit 2021. Auch in Rheinland-Pfalz waren Ende 2024 rund 33.000 Fälle offen. Grund dafür ist – wie in vielen Branchen der Fachkräfte-Mangel – weswegen die Justiz jetzt neue Wege geht, um Nachwuchs zu finden.
Verhandlung am Oberlandesgericht Koblenz. Die Anklage: Körperverletzung. Die Staatsanwaltschaft fordert eine Geldstrafe, die Verteidigung einen Freispruch. Doch außer dem Vorsitzenden Richter sind alle Beteiligten Zehntklässlerinnen aus Vallendar, denn die Gerichte in Rheinland-Pfalz öffnen noch bis Freitag ihre Türen für die erste „Woche der Justiz“. Mit Einblicken hinter die Kulissen und Planspielen wie hier in Koblenz sollen junge Leute für die Arbeit im Rechtssystem begeistert werden.
Sophia, 16, Schönstätter Marienschule Vallendar
„Ich fand das eigentlich auch ganz cool mal zu sehen, wie man so als Verteidiger da sitzt, wie man sich eigentlich fühlt.“Finja, 16, Schönstätter Marienschule Vallendar
„Man konnte halt die ganzen verschiedenen Meinungen auch hören und ich habe mich auch mit meiner Partnerin dann abgesprochen, wie wir jetzt auch den Angeklagten verurteilen und wir haben uns auch dafür entschieden, dass er schuldig ist.“
Was für die Schülerinnen Spaß bedeutet, ist für die Gerichte ernst, denn der demografische Wandel und der Fachkräftemangel sind eine große Herausforderung. Der Deutsche Richterbund sprach im Frühjahr sogar von einer drohenden „Überlastung des Rechtsstaates“. In Koblenz gibt es momentan zwar noch genug Richter und Staatsanwälte, aber auf den Ebenen darunter sieht es ganz anders aus.
Jörn Müller, Sprecher Oberlandesgericht Koblenz
„Wir bekommen auch sehr gute Bewerbungen für unsere Rechtspflege, aber leider nicht genug. Und für unsere Justizfachwirte und im IT-Bereich sieht es ähnlich aus. Da würden wir uns durchaus noch mehr Nachwuchs erhoffen.“
Und der soll mit Schnupperkursen von einer Karriere im Rechtssystem überzeugt werden. Ein Trainingssimulator für Zeugenbefragungen per Virtual-Reality-Brille soll beispielsweise einen Eindruck von der Digitalisierung in der Justiz vermitteln. Doch auch in den Staatsanwaltschaften und Gefängnissen in Rheinland-Pfalz wird in dieser Woche nach Nachwuchs gesucht.
Philipp Fernis (FDP), Justizminister Rheinland-Pfalz
„Von wenn Sie reinkommen, dem Justizwachtmeister, die sie begrüßen und für Sicherheit sorgen über unsere Geschäftsstellen, die dafür sorgen, dass ganz praktisch der Laden läuft, dass Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte arbeiten können, Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger – ein Beruf, der gar nicht so bekannt ist. Ja, und Richterinnen und Richter und Staatsanwältinnen und Staatsanwälte natürlich auch. Die kennen alle aus dem Krimi, aber auch da suchen wir Nachwuchs.“
Das Schülergericht aus Vallendar ist in seinem Fall zu einem Urteil gekommen und hat den Angeklagten zu einer Geldstraft verurteilt. Ein Erlebnis, das im Gedächtnis bleibt.
Finja, 16, Schönstätter Marienschule Vallendar
„Also ich fand das richtig spannend und auch cool und ich könnte mir das schon vorstellen, irgendwann später mal Jura zu studieren oder so.“