Der Weg aus der Krise – Die rheinland-pfälzische SPD Vorsitzende zu Gast im Studio

Eva Dieterle spricht mit Sabine Bätzing-Lichtenthäler über die Einigung zwischen dem Bund und den Ländern und die Lage der SPD vor dem Bundesparteitag.

Eva Dieterle, Moderatorin:
Guten Abend!
Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD), Landesvorsitzende Rheinland-Pfalz:
Schönen guten Abend.
Dieterle:
Frau Bätzing-Lichtenthäler, Einigung schön und gut, aber man muss sagen, für die Kommunen verbessert sich doch praktisch am aktuellen Zustand gar nichts. Sie waren vorher verschuldet, sie sind es weiterhin.
Bätzing-Lichtenthäler:
Also erst mal ist es wirklich ein großer Erfolg, dass hier 100 % für die Kommunen kompensiert wird. Das ist wirklich ein Punkt. Da hat sich ja unser Ministerpräsident Alexander Schweitzer sehr, sehr stark mit eingebracht, auch unsere Finanzministerin, die mit in der Verhandlungsgruppe war, weil es ganz wichtig ist, gerade aufgrund der herausfordernden Lage der Kommunen, dass da jetzt nicht noch was obendrauf kommt. Und Sie haben es gerade gesagt, das ist ja ein bundesweites Phänomen. Wir schauen in unsere Nachbarländer Hessen, Nordrhein-Westfalen, aber auch bei uns, und unsere Landesregierung hat ja den Fokus auf die Kommunen gesetzt. Ob das durch diese starke Erhöhung des kommunalen Finanzausgleichs ist – 4 Milliarden € so hoch wie noch nie -, die Entschuldung, die Altschuldenübernahme von 3 Milliarden – da hätten wir uns auch gewünscht, der Bund wäre da auch seinem Part noch nachgekommen -, aber auch die Sonderprogramme für diese regional herausgeforderten Kommunen. 200 Millionen für den Klimaschutz, 250 Millionen. Also wir schauen immer da, wo es nötig ist. Und wir werden weiter schauen.
Dieterle:
Worum es heute bei der Einigung ja gar nicht ging, sind die Schuldenberge, die sich aufgehäuft haben bei den Kommunen in den letzten Jahren. Das geht so weit, dass ich eine Gemeinde in der Südwestpfalz die Rede ist von Kleinsteinhausen, keine Stühle mehr leisten kann. Wir hören dazu jetzt mal die Ortsbürgermeisterin Martina Wagner.
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Martina Wagner (CDU) Ortsbürgermeisterin Kleinsteinhausen, am 28.5.2025
„Und mit der Zeit ist das sehr frustrierend, weil man immer wieder auf der Suche ist nach Geld. Man kommt sich manchmal vor wie der Bettelknabe, der überall um Geld bettelt. Und eigentlich ist das auch nicht Sinn und Zweck einer Ortsgemeinde, dass sie überall um Geld betteln muss.“
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Dieterle:
Da fehlt es am Nötigsten. Was sagen Sie ihr?
Bätzing-Lichtenthäler:
Also genau für diese Fälle hat der Ministerpräsident und die Landesregierung unser Programm “Regional Zukunft nachhaltig” auf den Weg gebracht. Das sind 200 Millionen € für solche herausgeforderten Kommunen, um solche Projekte, wie sie es gerade auch anspricht, einfach bürokratiearm schnell auf den Weg zu bringen. Und ich habe selber bei mir in meiner Region Kommunen, die sagen: “Ja, genau, so was braucht es, um uns unter die Arme zu greifen.” Aber wir brauchen auch strukturelle Veränderungen. Und auch hier geht die Landesregierung den Weg, mit den sehr hohen Sozialkosten, auch da Strukturveränderungen herbeizuführen und und da muss der Bund wieder mit ins Spiel kommen, es muss auch ein Konnexitätsprinzip gelten: Wer bestellt, bezahlt. Das muss auf Bundesebene auch eingehalten werden. Und Ministerpräsident Schweitzer wird das in seiner MPK-Zeit im Herbst auch vorantreiben.
Dieterle:
Ich möchte noch mal auf den Kreis Südwestpfalz zu sprechen kommen. Dort wird gerade eine Klage gegen die Landesregierung vorbereitet wegen der anhaltenden und ständigen Finanzprobleme. Was sagen Sie diesen Kommunen ganz konkret? Wann wird die Landesregierung dieses Problem in den Griff kriegen?
Bätzing-Lichtenthäler:
Also es ist ja nicht nur in Rheinland-Pfalz diese große Herausforderung. Nochmal: Wir sehen das in anderen Bundesländern, in Bayern, in Baden-Württemberg, in den viel zitierten Ländern …
Dieterle:
Es hilft aber den Kommunen in Rheinland-Pfalz nicht.
Bätzing-Lichtenthäler:
Nein, aber ich will nur sagen: Es ist kein rheinland-pfälzisches Problem, aber es ist eine rheinland-pfälzische Aufgabe, dass wir gerade in den letzten Jahren noch mal 4 Milliarden €, so viel hatte der kommunale Finanzausgleich noch nie, oder eben auch diese Sonderprogramme. Und wir werden da auch weiter dran arbeiten. Wir lehnen uns nicht zurück und sagen: “Die Hausaufgaben sind gemacht.” Aber wir haben in den letzten Monaten, in den letzten Jahren da schon sehr viel auf den Weg gebracht und wir werden da weitermachen. Die Finanzierung vor Ort, damit sie in den Kommunen lebens und liebenswert bleibt.
Dieterle:
So viel zur Finanzlage der Kommunen. Sie bleiben noch bei uns, denn am Wochenende findet der SPD-Bundesparteitag statt und der wird auch Auswirkungen auf die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz haben. Werfen wir einen kurzen Blick auf die Lage.
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Es ist ein historisch schlechtes Ergebnis. Nur 16,4 Prozent holt die SPD bei der vorgezogenen Bundestagswahl im Februar. Die Sozialdemokraten müssen das Kanzleramt räumen, doch sie können als Juniorpartner der Union weiterregieren. Vizekanzler Lars Klingbeil soll beim SPD-Parteitag am Wochenende wieder zum Bundesvorsitzenden gewählt werden.
Einer seiner Stellvertreter soll Alexander Schweitzer werden. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident will in neun Monaten die nächste Landtagswahl gewinnen. Die Landesregierung wird dort seit über 34 Jahren von der SPD geführt. In der letzten Umfrage hat die CDU zwar sieben Prozentpunkte Vorsprung, aber die SPD setzt darauf, dass ihr wie bei den letzten Landtagswahlen eine Aufholjagd gelingt und sie am Ende wieder vorne liegen wird. Alexander Schweitzer ist allerdings noch nicht so populär wie seine Vorgängerin Malu Dreyer. In seiner Ampelkoalition, die lange geräuschlos regierte, wachsen die Spannungen. Denn alle Regierungsparteien müssen sich im Landtagswahlkampf stärker profilieren. Und wenn die schwarz-rote Bundesregierung Deutschland aus der Wirtschaftskrise führen sollte, würde das der SPD nutzen, aber wohlmöglich noch mehr der CDU.
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Dieterle:
Erwarten Sie, dass auf dem Bundesparteitag der SPD am Wochenende das Wahldebakel aufgearbeitet wird? Oder hat Ihre Partei daran gar kein Interesse mehr?
Bätzing-Lichtenthäler:
Nein, wir haben ein großes Interesse daran, dass aufgearbeitet wird. Alexander Schweitzer ist im Präsidium. Ich selber bin im Bundesvorstand, und es war uns persönlich ganz wichtig, dass man nicht einfach zur Tagesordnung übergeht. Und wir haben da auch die ersten Pflöcke im Parteivorstand gesetzt, und das wird sich jetzt auf dem Parteitag fortziehen. Das heißt, wir werden ein neues Grundsatzprogramm erarbeiten und nicht erst in zehn Jahren, sondern zum nächsten Parteitag 2027. Wir stellen uns auch neu auf, personell und, ja, auch inhaltlich. Das wird nicht einfach so zur Tagesordnung übergegangen. Das dürfte man bei diesem Ergebnis auch gar nicht machen.
Dieterle:
Schauen wir noch mal auf Rheinland-Pfalz. Nach der letzten Umfrage in Rheinland-Pfalz liegt die CDU sieben Prozentpunkte vor der SPD. Woran liegt das?
Bätzing-Lichtenthäler:
Na ja, das sind Werte, da bin ich noch sehr entspannt, würde ich sagen. Wir haben das aus vielen Landtagswahlen vorher auch schon erlebt. Das sind Werte, die keinerlei irgendwie Relevanz aktuell haben. Wir holen auf, wir werden in den Wahlkampf gehen, weil das können wir sehr gut. Das haben wir immer wieder bewiesen. Und ich finde, diese Umfrage zeigt ja noch etwas. Wenn man nämlich die Spitzenkandidaten miteinander vergleicht, dann sieht man Alexander Schweitzer bei 40 % deutlich führend. Das werden wir in den nächsten Monaten noch ausbauen. Und man fragt die Rheinland-Pfälzerinnnen und Rheinland-Pfälzer und die sagen: “Ja, dass sie drittbeliebteste Landesregierung.” Also da ist von Wechselstimmung keine Spur. Deswegen werden wir weiter auf unsere Themen setzen und weiter gut regieren.
Dieterle:
Man hört von der SPD immer so ganz entspannt: “Ja, ja, die Aufholjagd, das kennen wir schon.” Aber eine Garantie dafür gibt es ja nicht. Es wäre doch für Sie eigentlich besser, Sie bräuchten das nicht immer. Auf den letzten Metern kann ja auch mal schiefgehen.
Bätzing-Lichtenthäler:
Natürlich wäre es mir auch lieb, wir bräuchten das jetzt erst mal nicht. Aber man darf sich da auch nie zu früh drauf verlassen. Also selbst wenn jetzt die Umfragewerte noch deutlich vorne wären, auch dann kann noch was anderes geschehen. Also es gilt: am besten immer anstrengen. Das werden wir auch durchziehen. So werden wir das in den letzten Jahren auch hier als Landesregierung getan haben, auch jetzt in unserer Ampel 2.0. Und so werden wir weiter regieren und so werden wir einen starken Wahlkampf machen für ein gutes Rheinland-Pfalz, für eine starke SPD. Und da bin ich sehr zuversichtlich, dass der Spruch “Die Hühner werden am Abend gezählt” auch nächstes Jahr wieder gilt.
Dieterle:
Sie zeigen sich kämpferisch. Stichwort “Ampel 2:0”. Gehen Sie davon aus oder müssen Sie damit rechnen, dass es jetzt in der Ampel ja doch auch der Ton etwas schärfer werden wird, eben weil sich auch gerade die kleineren Parteien profilieren müssen. Die FDP liegt gerade mal bei 3 %, die kämpfen ums Überleben.
Bätzing-Lichtenthäler:
Also wir sind als Ampel wirklich sehr, sehr eng und vertrauensvoll zusammengewachsen. Und natürlich, wenn es nah an den Wahltermin geht, dann wird jeder sich weiter profilieren.
Dieterle:
Aber spürt man das nicht jetzt schon?
Bätzing-Lichtenthäler:
Nein, wir haben als Ampel da wirklich große Brocken auch zu wuppen. Aber wir haben die Kraft dazu, das hinzubekommen. Ganz anders, als das beispielsweise in Berlin immer der Fall war. Und Mainz ist nicht Berlin. Wir kriegen das ,miteinander hin. Wir haben noch einiges vor bis im März 2026 und gerne auch darüber hinaus. Das ist unser Ziel.
Dieterle:
Das wird auf jeden Fall spannend. Frau Bätzing-Lichtenthäler, vielen Dank, dass Sie heute bei mir im Studio waren.
Bätzing-Lichtenthäler:
Danke schön.