Sommerinterview mit Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen)

Das Sommerinterview mit Mathias Wagner, Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/ Die Grünen im hessischen Landtag.

Markus Appelmann:
Der Sommer ist da und traditionell starten unsere 17 30 Sat eins Live Sommerinterviews. Den Auftakt machen die Grünen, die bis zum letzten Jahr in Hessen mitregiert haben. Seit Monaten befindet sich die Grüne Partei im Sinkflug. Und nun heißt es nicht nur in Hessen, sondern auch im Bund Opposition. In dieser neuen Rolle müssen sie erst noch ankommen. Viel Gesprächsbedarf mit dem Fraktionschef der Grünen im Hessischen Landtag, mit Matthias Wagner. Der kommt gleich. Zunächst haben wir den Wiesbadener zu einem Fotoshooting eingeladen. Mit im Gepäck drei persönliche Gegenstände.
Im hessischen Landtag gehört Mathias Wagner fast schon zum Inventar: Seit 22 Jahren ist der gebürtige Frankfurter Abgeordneter der Grünen. Zunächst noch im alten Plenarsaal – inzwischen längst abgerissen.
Mathias Wagner (Bündnis 90/Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen: „Ja, das ist nicht das berühmte Brett vor dem Kopf. Sondern es ist ein Brett aus dem alten Plenarsaal. Meine Anfänge als Abgeordneter waren auf diesem Platz an dieser etwas historisch anmutenden Arbeitsplatte. So ging es mal los.“
Vor allem in seinen Anfangsjahren als Abgeordneter galt der hessische Landtag noch als „härtestes Parlament Deutschlands“.
Mathias Wagner (Bündnis 90/Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen: „Damals wurde auf diese Platte noch heftig geschlagen. Entweder aus Begeisterung – oder aus Protest.“
In seiner Zeit als Abgeordneter hat Mathias Wagner Höhen und Tiefen erlebt. Erst in der Opposition, dann 10 Jahre lang gemeinsam mit der CDU in Regierungsverantwortung – jetzt wieder zurück auf der Oppositionsbank. Viel Stress also – den der 51jährige in seiner Freizeit am liebsten einfach wegwandert.
Mathias Wagner (Bündnis 90/Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen: „Ja, das sind meine Wanderschuhe. Die sind, wie man sieht, auch im Einsatz. Jetzt zuletzt im Urlaub im Elbsandsteingebirge. Also das ist noch original Material von dort. Und sobald ich die Dinger anhabe und im Urlaub bin, geht die Erholung los.“
Und – beim Wandern schon mal schlapp gemacht?
Mathias Wagner (Bündnis 90/Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen: „Manchmal sind die letzten Kilometer schon hart. Also irgendwann ging es mal bis auf 25 Kilometer. Und ich gebe zu: Die letzten drei Kilometer haben weg getan.“
Politisch aktiv war Mathias Wagner übrigens schon als Schüler: Im Jahr 1991 setze er im Hochtaunuskreis das erste Schüler-Umwelt-Ticket Hessens durch.
Markus Appelmann:
Und jetzt ist er bei uns. Herzlich willkommen. Matthias Wagner.
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Danke schön. Schön, dass ich da sein kann.
Markus Appelmann:
Wir haben gerade eben dieses Ticket gesehen im Hintergrund. War das um mal drei Etagen zu hoch zu greifen, der Vorreiter des Deutschlandtickets?
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Das war wahrscheinlich wirklich zu hoch gegriffen. Aber die Idee war damals schon die gleiche. Wir wollten ein Verbundticket haben, mit dem damals alle Schülerinnen und Schüler im Hochtaunuskreis alle öffentlichen Verkehrsmittel zu einem sehr, sehr günstigen Preis nutzen konnten. Und wir haben es geschafft.
Markus Appelmann:
War das Ihr erster politischer Erfolg, der Sie letztlich in die Politik gebracht hat?
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Wenn man so will, ja. Also das war damals Teil einer Umweltwoche, die wir organisiert haben. Und das hat so viel Spaß gemacht und für mich die Erfahrung gebracht: Mensch, du kannst was verändern, du kannst etwas voranbringen. Dass ich dann gesagt habe, das will ich auch weitermachen.
Markus Appelmann:
Herr Wagner, jetzt schnüren wir die Wanderschuhe, die wir gerade eben im Beitrag gesehen haben, und gehen in schwieriges Terrain im übertragenen Sinne. Um genau zu sein, schauen wir, wo die Grünen derzeit stehen.
Schwarz-Rot in Berlin, Schwarz-Rot in Wiesbaden – sowohl in Hessen als auch im Bund werden die Grünen zum Regieren nicht mehr gebraucht. Vor sieben Monaten platzt die zerstrittene Ampelkoalition auf Bundesebene. Wirtschaftsminister Robert Habeck wird Kanzlerkandidat der Grünen. Doch ihre 11,6 Prozent bei der Bundestagswahl reichen nicht, um an der Macht zu bleiben. Union und SPD starten Koalitionsverhandlungen. Doch für ein riesiges Schuldenpaket brauchen sie noch eine Zwei-Drittel-Mehrheit im alten Bundestag. Deshalb können die Grünen durchsetzen, dass 100 Milliarden Euro zusätzlich in den Klimaschutz fließen. Außerdem steht die Klimaneutralität bis 2045 jetzt ausdrücklich im Grundgesetz. Doch danach verlieren die Grünen an Bedeutung. Als Opposition in Berlin und Wiesbaden können sie mit Umweltthemen nicht mehr so gut punkten. Sowohl die Bundesregierung als auch die hessische Landesregierung konzentrieren sich auf die Themen Wirtschaft, Sicherheit und Migration. Außerdem macht die wiedererstarkte Linke den Grünen Konkurrenz. Der Höhenflug der Ökopartei – er scheint erst einmal vorbei zu sein.
Markus Appelmann:
Die Grünen sind im Bund aus der Regierung geflogen, ihr Kanzlerkandidat Robert Habeck hat es danach gesagt. Das Angebot war top. Die Nachfrage fehlte. Wird nicht andersrum ein Schuh draus? Die Nachfrage fehlte, weil das Angebot eben nicht top war.
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Ich glaube, dass eine Mischung aus beidem. Wir machen immer ein Angebot und dieses Angebot ist auch nicht beliebig. Dafür gibt es ja unterschiedliche Parteien. Und mal trifft dieses Angebot auf mehr Zustimmung und mal auf weniger Zustimmung. Aber natürlich müssen auch wir schauen, was wir vielleicht anders machen können, wo wir anders kommunizieren können, wo wir auf andere Themen auch setzen müssen. Insofern ist beides, glaube ich, richtig. Das Angebot war schon ganz gut, hätte vielleicht noch besser sein können, aber es war im Moment und das müssen wir zur Kenntnis nehmen nicht so gefragt
Markus Appelmann:
Sowohl wenn wir uns aktuelle Wahlumfragen anschauen, dann sehen wir auf einmal die Grünen fast auf Augenhöhe mit der Linken. Was macht die Linke derzeit so stark oder was strahlt die aus, was die Grünen nicht ausstrahlen?
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Das müssen sie vor allem die Linken fragen. Wir können ein gewisses Politikangebot nicht machen, und wir wollen das nicht machen. Und die Linke setzt auch sehr stark darauf, dass sie die Gesellschaft auseinandertreibt.
Markus Appelmann:
Sie haben jetzt gewisses Politikangebot gesagt Was können Sie denn nicht machen?
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Wir können nicht machen wie die Linken, dass wir sagen, wir verweigern uns einer Beteiligung an der Regierung. Wir verweigern uns einer Koalition. Das ist nicht unsere DNA, das sind wir Grüne nicht. Wir Grünen sagen gerade in Zeiten, wo es demokratisch sehr schwierig wird, Mehrheiten zu bilden, müssen demokratische Parteien miteinander koalitionsfähig sein. Deshalb schließen wir keine Koalition mit demokratischen Parteien aus. Das macht aber die Linke. Ich finde das keinen sehr verantwortlichen Kurs. Und deshalb sind wir die Grünen und nicht die Linken.
Markus Appelmann:
Nicht nur im Bund sind sie aus der Regierung geflogen, sondern auch in Hessen. Viele hessische Grünenpolitiker aus der ersten Reihe haben sich verabschiedet. Tarek Al-Wazir ist jetzt Bundestagsabgeordneter. Die ehemalige hessische Spitzenkandidatin Angela Dorn wird der Politik nach der Sommerpause den Rücken kehren. Haben Sie, nachdem Sie in Hessen nun nicht mehr mitregieren und nach dem schlechten Abschneiden bei der Bundestagswahl nicht mal den Reflex gehabt, den Platz frei zu machen, weil Sie mitverantwortlich sind?
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Natürlich muss man sich immer prüfen, ob man selbst noch brennt, ob man selbst noch Ideen hat, ob einem das noch Freude macht. Das habe ich natürlich getan. Und ich sehe meine Aufgabe jetzt, die Grünen durch diese Oppositionsjahre zu führen und natürlich dann auch wieder in die Regierung zu führen. Und wenn ich mir die vergangenen anderthalb Jahre anschaue, dann sehe ich sehr, sehr viele Initiativen der grünen Opposition. Ich sehe sehr wenig Initiativen der schwarz roten Landesregierung.
Markus Appelmann:
Darüber sprechen wir gleich noch. Und als hätten die Grünen derzeit nicht schon genug Probleme, präsentiert sich die Kovorsitzende der Grünen Jugend Jette Nitzard in dieser Weise in den sozialen Medien. In einem von ihr mittlerweile gelöschten Post trug sie eine Kappe mit der Aufschrift „Eat the rich“ also „Esst die Reichen“ und einen Pullover mit der Aufschrift ACAB. Das steht für „All cops are bastards“ auf Deutsch: Alle Polizisten sind Bastarde. Das können die Grünen doch so nicht stehen lassen.
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Nein, das können wir so nicht stehen lassen. Das ist völlig inakzeptabel. Diese Äußerung, dass es nicht unser Bild der Polizei. Wir können wirklich dankbar sein als Gesellschaft für den wichtigen Dienst, den Polizistinnen und Polizisten jeden Tag für uns alle leisten. Insofern habe ich für solche Äußerungen auch überhaupt kein Verständnis.
Markus Appelmann:
Müsste sie sich entschuldigen? Das haben die Grünen in Bayern gesagt.
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Das wäre mal ein Anfang. Ja. Weil man darf gerade von einer Jugendorganisation, die ja immer sagt, wir wollen keine Vereinfachung, wir wollen keine gruppenspezifischen Diskriminierungen, kann man erwarten, dass sie das selbst dann auch nicht tut. Und vor allem, dass sie mal ihr Verhältnis dazu klärt, was Polizei in unserem Land leistet.
Markus Appelmann:
Wir haben gerade eben aufgezeigt, dass es bei den Grünen derzeit nicht so richtig gut läuft. Lassen Sie uns doch mal analysieren, an was es liegen könnte. Ein Erklärungsversuch. Wir sind im dritten Jahr der Wirtschaftskrise. Glauben Sie nicht, dass den Menschen Ihr Arbeitsplatz wichtiger ist als grüne Umwelt-Klimaschutz-Themen?
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Das ist sicher so. Themen haben immer Konjunktur. Wenn sie an die Situation vor ein paar Jahren denken, war das Klimathema, was die Menschen sehr stark bewegt hat. Im Moment sind es andere Fragen, wirtschaftliche Fragen, die Sie angesprochen haben, aber auch Fragen nach unserer Sicherheit. Wenn wir uns die Situation auf der Welt anschauen, wenn wir uns den Krieg Russlands gegen die Ukraine anschauen, dann sind das im Moment sehr dominierende Themen und so wechselt sich das immer ab in der Politik.
Markus Appelmann:
Ich möchte diesen Gedankengang noch mal ganz kurz weiterführen, denn wir haben dazu auch noch eine Umfrage.
Den Menschen in Deutschland ist Nachhaltigkeit offensichtlich nicht mehr so wichtig wie noch vor ein paar Jahren. In einer repräsentativen Umfrage gaben 2019 noch 30 Prozent der Menschen an, sie hätten Schuldgefühle, wenn sie sich nicht umweltfreundlich verhielten. 2024 waren es nur noch 22 Prozent.
Markus Appelmann:
Das zeigt doch, dass die grünen Themen derzeit nicht verfangen.
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Ja, das mag so sein. Das kann aber für eine Partei, die an Werten orientiert ist, die an Programmen orientiert ist, nicht der Anlass sein, das, wofür sie steht, aufzugeben. Politische Parteien machen ein Angebot. Wir machen ein Angebot, was sehr stark natürlich auch auf Umweltschutz setzt. Das werden wir nicht aufgeben, weil das haben wir auch aus unserer langen Geschichte gelernt. Man braucht Beharrlichkeit. Und auch wenn ein Thema manchmal keine Konjunktur hat, wird es dadurch nicht falsch und werden wir weiter für diese Themen kämpfen. So haben wir beispielsweise auch den Atomausstieg erreicht. Der war auch nicht immer populär. Wir sind an dem Thema dran geblieben und haben es am Ende umgesetzt.
Markus Appelmann:
Warum schwächeln die Grünen, fragen wir uns gerade. Und die Frage haben wir auch den Trierer Politikwissenschaftler Professor Uwe Jun gestellt. Und er sagt folgendes:
Prof. Uwe Jun, Politikwissenschaftler Uni Trier
Die Grünen haben natürlich Schwierigkeiten, inhaltlich, weil Thema Umweltfragen, Klimaschutzfragen im Moment auf der politischen Tagesordnung und der öffentlichen Agenda nicht so weit oben stehen. (…) Es ist ihnen bisher nicht gelungen, in einem zweiten Politikbereich hohe Kompetenzwerte aufzubauen. Sie werden nach wie vor sehr stark mit eben nur den Thema Umwelt und Klima in Verbindung gebracht und weniger mit vielen anderen Themen.“
Markus Appelmann:
Da fehlt das zweite große Thema für die Grünen.
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Ja, wir arbeiten dran. Wenn Sie sich anschauen, was wir im Hessischen Landtag an Initiativen in den letzten Wochen und Monaten auf den Weg gebracht haben, dann war das natürlich auch Umwelt und Klimaschutz. Aber wir haben Vorschläge gemacht, wie wir mehr Erzieherinnen und Erzieher in die Kitas bringen. Wir haben Vorschläge gemacht, wie unsere Schulen endlich im digitalen Zeitalter ankommen können. Das heißt, wir kümmern uns auch um andere Themen und wollen…
Markus Appelmann:
Das hätten Sie aber auch in der Regierungszeit – zehn Jahre waren Sie ja an der Macht – auch machen können.
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Das haben wir auch gemacht, und wir hätten das sehr, sehr gerne fortgesetzt. Jetzt gab es den Bruch, weil die CDU gesagt hat, sie will lieber mit der SPD koalieren. Aber das kann für uns ja nicht der Grund sein, keine Vorschläge mehr zu machen, sondern wir hätten gerne die erfolgreiche Arbeit, die wir in der Regierung begonnen haben, jetzt auch fortgesetzt. Und deshalb machen wir die Vorschläge, die wir gerne in Regierungsverantwortung umgesetzt hätten. Oder ab 2029, dann ist ja der nächste hessische Landtag auch vielleicht wieder umsetzen können.
Markus Appelmann:
Wir blicken jetzt erst mal zurück, bevor wir ganz nach vorne blicken. In eine Zeit, in der Sie in erster Reihe die Verkehrspolitik in Hessen mit begleitet haben. Denn die Verkehrspolitik von Schwarz-Rot sieht jetzt ganz anders aus.
Das hessische Wirtschafts-und Verkehrsministerium. Seit fast eineinhalb Jahren hat es einen neuen Hausherrn: Kaweh Mansoori.
Der SPD-Politiker folgt auf Tarek Al-Wazir von den Grünen, der das Ministerium zehn Jahre lang geführt hatte.
Mansoori will eine andere Verkehrspolitik machen als sein Vorgänger. Eine pragmatische, wie er sagt.
Kaweh Mansoori (SPD), Verkehrsminister Hessen: „Ich will, dass die Menschen in Hessen mobil sein können, dass sie zum Arzt können, zu Freunden, zum Beruf und zwar unabhängig davon, welches Verkehrsmittel Sie nutzen wollen. Wir haben im letzten Jahr fast 450 Millionen Euro zur Verfügung gestellt für den Neubau von Infrastruktur. Das reicht von Radwegen über Straßen bis hin zur Schiene.“
Den Plänen des Bundes, die Autobahn 5 zwischen dem Frankfurter Kreuz und Friedberg zehnspurig auszubauen, hatte Tarek Al-Wazir eine Absage erteilt. Kaweh Mansoori zeigt sich dafür offen, solange die Anwohner ausreichend vor Lärm geschützt werden.
Den Frankfurter Flughafen bezeichnet der SPD-Minister als wichtigen Wirtschaftsfaktor und Jobmotor für Hessen. Seinem Vorgänger wurde hingegen ein distanzierteres Verhältnis zum größten Deutschen Flughafen nachgesagt. Beispielsweise war Al-Wazir seinerzeit der Grundsteinlegung für das Terminal 3 ferngeblieben, das nächstes Jahr eröffnet werden soll.
Kaweh Mansoori bezeichnet seine Verkehrspolitik als nachhaltig und sinnvoll. Will Verbesserungen für Radfahrer und Fußgänger erreichen UND Schiene und Straße ausbauen.
Markus Appelmann:
Kaweh Mansoori hält den zehnspurigen Ausbau der A5 für richtig, wenn der Lärmschutz stimmt. Sie halten das nicht für richtig, aber weniger Staus würden doch auch viel für den Umweltschutz tun?
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Ja, aber genau das geben die Studien zur A 5 ja nicht her. Dass das eine wesentlichen Beitrag zur Lösung der Stauprobleme leisten würde. Und außerdem, wenn dieses Projekt überhaupt kommt, dann in zehn, 15, 20 Jahren.
Markus Appelmann:
Aber irgendwer muss es mal anstoßen.
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Das heißt, für die aktuellen Probleme bringt das gar nichts. Und wenn ich mir anschaue, was Herr Mansoori sage, er will eine pragmatische Politik. Auf Deutsch heißt das bislang in den ersten anderthalb Jahren, dass er einfach gar nichts tut. Wir vermissen dramatisch…
Markus Appelmann:
Er sagt Ideologiefrei. Er will also auf alle Verkehrsmittel setzen.
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Ideologiefrei übersetzt heißt auch Nichtstun. Und ich glaube, das sehen die Pendlerinnen und Pendler ja jeden Tag. Wir haben wirklich chaotische Zustände teilweise bei Bussen und Bahnen. Ich kenne keine Initiative des hessischen Verkehrsministers, daran etwas zu ändern. Wir haben Kürzungen im Bereich der Nahmobilität, also was die Rechte von Radfahrerinnen und Radfahrern angeht.
Markus Appelmann:
Ein gutes Stichwort. Wenn wir gerade beim Thema Radverkehr sind. Da gibt es eine bittere Bilanz des Verkehrsministeriums, das ja zehn Jahre in grüner Hand war: Nur zehn statt 130 Kilometer Radschnellwege wurden gebaut. Das ist doch enttäuschend.
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Wir hätten sicher mehr gewollt. Die Situation war nur, wie wir begonnen haben zu regieren, es gab einfach gar nichts. Und deshalb mussten wir damals sehr viele Projekte planen, die jetzt Stück für Stück in die Realisierung gehen. Und wir haben ja gerade gestern die Studie des ADFC bekommen, die uns im Bereich der Radverkehrsituation in den Städten wirklich ein sehr, sehr gutes Zeugnis ausstattet. Hier ist Frankfurt mittlerweile auf Platz eins, bei den Großstädten. Baunatal ist auf Platz eins bei den mittleren Städten. Das sind noch konkrete Erfolge von grüner Verkehrspolitik. Und umso schlimmer ist es, dass die derzeitige Landesregierung genau in diesen Bereichen kürzt und die Erfolge gefährdet.
Markus Appelmann:
Jetzt kommen wir noch zum größten deutschen Airport, zum Frankfurter Flughafen. Die Grünen haben, sage ich mal, ein gespaltenes Verhältnis zu diesem Flughafen. Wie würden Sie sagen?
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Ich glaube, viele Menschen in der Region haben ein gespaltenes Verhältnis zu diesem Flughafen, weil man natürlich auf der einen Seite die enorme wirtschaftliche Bedeutung dieses Flughafens sieht, auf der anderen Seite die Menschen aber auch in Ruhe schlafen wollen. Und das auszutarieren, den wirtschaftlich Nutzen und die Lärmbelastung für die Bevölkerung, das war das, was wir in unserer Regierungszeit immer gemacht haben. Jetzt haben wir eine Debatte über geplante neue Flugrouten und auch hier: Wir hören vom hessischen Verkehrsminister einfach nichts in dieser Frage.
Markus Appelmann:
Sie haben jetzt gerade weit ausgeholt, haben Positives wie Negatives zusammengebracht. Wir gucken noch mal ganz weit zurück und haben Pressemitteilungen der Grünen aus Hessen rausgekramt.
2013 fordert die Grüne Landtagsfraktion „die Ausbaupläne für das Terminal 3 vollständig zu stoppen und auf den weiteren Ausbau zu verzichten.“ Der Tag des Spatenstichs für das dritte Terminal rund zwei Jahre später– für Mathias Wagner ist er damals ein „bitterer Tag“.
Markus Appelmann:
War das rückblickend ein Fehler, politisch den Jobmotor im Rhein Main Gebiet zu bekämpfen?
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Nein, das war ja nie unsere Position. Wir haben gesagt, der Flughafen muss Perspektiven haben. Aber es gibt irgendwann auch Grenzen der Belastung. Und wir hatten damals schon darauf hingewiesen, was jetzt gerade aktuell in der Diskussion ist, dass es nämlich zu Flugrouten kommen kann, die eine enorme Belastung für die Menschen im Rhein Main Gebiet bedeuten. Und genau das ist jetzt in der Diskussion und hier erwarten wir…
Markus Appelmann:
Was wäre die Lösung der Grünen? Weniger Flugbewegungen oder was genau?
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Die Lösung wäre gewesen, dass man akzeptiert, dass es irgendwann auch eine Grenze des Wachstums gibt. Und das hätte für den Flughafen noch sehr viele Möglichkeiten der Entwicklung gegeben.
Markus Appelmann:
Wir hatten letztes Jahr 60 Millionen Passagiere. Ist das die Grenze?
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Das ist noch nicht die Grenze. Es wäre sehr viel mehr auch sonst möglich geworden. Aber am Ende ist das jetzt entschieden. Das neue Terminal wird gebaut, der Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Frankfurter Flughafens ist gefallen. Aber was wir jetzt erwarten von der Landesregierung und worauf wir Grüne auch sehr stark achten werden, ist, dass die Balance gehalten wird zwischen wirtschaftlicher Entwicklung des Flughafens und Lärmbelastung der Menschen im Rhein Main Gebiet. Und hier macht die Landesregierung leider bislang nichts.
Markus Appelmann:
Kaweh Mansoori sagt Flugtickets müssen bezahlbar bleiben. Ist das auch Ihre Meinung? Oder sagen Sie, die Menschen müssen nicht nach Mallorca fliegen? Die können auch an die Nordsee fahren.
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Die Menschen sollen Urlaub machen, wo sie Urlaub machen wollen. Ja, das ist ganz klar. Wichtig ist, dass die Preise die Wahrheit auch tatsächlich sagen. Und Flugverkehr ist sehr umweltbelastend. Im Moment zahlen die Zechen sehr stark andere, weil das auf die Allgemeinheit ausgelagert wird. Insofern ist das, was auf europäischer Ebene, Stichwort CO2-Bepreisung usw gemacht wird, aus unserer Sicht der richtige Ansatz.
Markus Appelmann:
Kurz vor Ende der Sendung wollen wir die Schlagzahl noch mal erhöhen und kommen zu unserer Rubrik „Auf ein Wort“. Ich liefere Ihnen ein Wort und möchte von Ihnen einen ganz schnellen Gedankengang dazu.
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Ich versuch’s mal
Markus Appelmann:
Tik Tok
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Brauche ich nicht.
Markus Appelmann:
Gendern.
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Soll machen wer es machen will.
Markus Appelmann:
Sie machen es nicht?
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Ich mache es je nach Publikum. Wenn’s jemand wichtig ist, mache ich das gerne aus Respekt. Und wenn es jemand eher nervt, muss ich es eben nicht aufdrängen.
Markus Appelmann:
Weil wir haben die Genderpause bei Ihnen noch nicht gehört bislang.
Speaker 2
Ich dachte, Sie nervt‘s eher. Deshalb habe ich es weggelassen.
Markus Appelmann:
Danke schön. Jetzt bin ich mal gespannt. Tanzkurs
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Habe ich nie gemacht und bin auch völlig unbegabt.
Markus Appelmann:
Milliardenpaket
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Ist richtig, kommt leider viel zu spät, weil es die Union lange blockiert hat.
Markus Appelmann:
Handyverbot
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Ist prinzipiell richtig, aber noch kein Konzept für Medienerziehung an unseren Schulen.
Markus Appelmann:
Das stand vor kurzem auch in der Pressemitteilung von Ihnen.
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Ja, manchmal schreibe ich ja auch selbst.
Markus Appelmann:
Chat GPT
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Wird die Welt revolutionieren mit all dem, was mit künstlicher Intelligenz dahintersteckt.
Markus Appelmann:
Mal ganz ehrlich Haben Sie schon mal eine Rede von Chat GPT schreiben lassen?
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Nein, habe ich bislang noch nicht. Aber das ist schon verdammt gut, was da rauskommt.
Markus Appelmann:
Also, Sie haben es geprüft?
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Ja, schon.
Markus Appelmann:
Quotenfrau.
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Kann ich nichts mit anfangen. Ich kann sehr viel damit was anfangen, dass die Hälfte der Macht den Frauen gehört.
Markus Appelmann:
Sterneküche
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Kann sehr lecker sein, wenn es nicht in den Bereich Chichi und Tamtam geht. Das mag ich nicht. Ich möchte mich aufs Essen konzentrieren und nicht auf sonstige Geschichten.
Markus Appelmann:
Hessentag.
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Ole. Ole. Sehr schön. Haben wir gerade wieder.
Markus Appelmann:
Sind Sie noch mal da?
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Ah, ich bin am Sonntag wieder da. Zum Festumzug.
Markus Appelmann:
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Kann schon mal vorkommen.
Markus Appelmann:
Wann? Zuletzt?
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Hm. So sechs Wochen her. Also nicht richtiger Hangover. Aber es war schon spät und der Morgen kam zu früh.
Markus Appelmann:
Traumurlaub.
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Also richtigen Traumurlaub habe ich nicht. Für mich ist eigentlich entscheidend, freie Zeit, neue Sachen zu sehen oder gerne auch zu wandern.
Markus Appelmann:
Neue Sachen zu sehen, das ist ein gutes Stichwort für mich. Ihnen noch mal ein kleines Andenken an die Sommerinterviews 2025 zu übergeben. Das ist das Bild, was wir herausgesucht haben aus dem Fotoshooting, und das wird hoffentlich einen guten Platz bei Ihnen finden.
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Ja, herzlichen Dank. Das kann man auf jeden Fall sehr viel besser aufhängen als das Brett, was auf diesem Motiv abgebildet ist.
Markus Appelmann:
Vielen Dank! In der Tat danke für den Besuch. Matthias Wagner, der Fraktionschef der hessischen Grünen.
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Die Grünen), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen:
Sehr gerne.