Zu Gast im Studio: die rheinland-pfälzische Umweltministerin Katrin Eder
Rheinland-Pfalz hat ehrgeizige Ziele: Schon ab dem Jahr 2030 soll das Land seinen Strombedarf bilanziell zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen beziehen – also vor allem aus Wind und Sonne. Der Plan steht. Doch diesen vor Ort auch tatsächlich umzusetzen, ist alles andere als einfach – wie ein Beispiel aus Neuwied zeigt.
Thomas Kill von den Stadtwerken Neuwied und Michael Bleidt vom Verband kommunaler Unternehmen Rheinland-Pfalz begutachten den möglichen Standort für eine neue Windkraftanlage: Insgesamt sieben Windräder sollen hier an diesem Bergkamm im Naturpark Rhein-Westerwald entstehen. Oder besser gesagt: SOLLTEN. Denn von den geplanten sieben Windrädern hat das Land zweien schon wieder den Stecker gezogen – bevor sie überhaupt errichtet wurden. Und zwar aus Denkmalschutzgründen: Denn nur einen Steinwurf vom geplanten Standort entfernt verläuft der Limes – der ehemalige römisch-germanische Grenzwall. Viel zu sehen ist vom UNESCO-Weltkulturerbe zwar nicht mehr – ein Windrad in gerade einmal 50 Metern Entfernung ist aber trotzdem nicht drin. Sehr zum Ärger der Stadt Neuwied, auf deren Gemarkung es nicht viele potentielle Windkraft-Standorte gibt.
Thomas Kill, Stadtwerke Neuwied: „Tatsächlich sind wir auf diesen Wald angewiesen. Wir haben hier unser Planungsgebiet Neuwied gänzlich ausgeschöpft mit diesem Wald. Wir haben sonst keine weiteren Potentiale ausmachen können hier in Neuwied in unserem Netzgebiet.“
Während es in diesem Fall der Limes ist, der dem Windkraft-Ausbau in Neuwied entgegensteht, ist auch der Artenschutz immer wieder ein Thema: Vor allem seltene Fledermäuse haben schon das eine oder andere Windkraft-Projekt im Land verhindert. Um den Energiebedarf in Neuwied, wie von der Landesregierung gefordert, schon in fünf Jahren bilanziell zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien zu decken, müssten hier eigentlich so schnell wie möglich insgesamt 35 Windräder gebaut werden. Weil die Wartezeit von Antrag bis Genehmigung in Rheinland-Pfalz zurzeit rund 5 Jahre beträgt und die bürokratischen Hürden hoch sind – praktisch unmöglich, sagt Michael Bleidt vom Verband kommunaler Unternehmen Rheinland-Pfalz.
Michael Bleidt, Geschäftsführer VkU Rheinland-Pfalz: „Da müssen wir glaub ich an allen Stellen ran, damit wir schneller werden beim Windenergieausbau. Weil das ist das große Problem, was wir aktuell sehen: In den vergangenen vier Jahren, also in der verstreichenden Legislaturperiode der Ampel-Koalition in Rheinland-Pfalz, haben wir viel zu wenig Windenergie gebaut. Nur etwa 20 Prozent dessen, was wir bräuchten. Und dadurch erhöht sich auch die Menge, die wir bis 2030 bauen müssen, auf ein fast schon unrealistisches Maß.“
Thomas Kill, Stadtwerke Neuwied: „Wir wünschen uns generell vereinfachte Genehmigungsverfahren, verschlankte Genehmigungsverfahren in diesem Sektor. Wir möchten weiterhin die Energiewende hier lokal und regional vor Ort vorantreiben. Aber die Rahmenbedingungen kann nur die Politik setzen.“
„Wir sind nicht ihre Auftrags-Killer“ – der Landesjagdverband Rheinland-Pfalz demonstriert am Rande des Parteitags der Grünen gegen das geplante Jagdgesetz. Mit blutigen Reh-Kadavern. Ein drastischer Protest, der vor allem unserem heutigen Studiogast gilt.
Aus Sicht von Umweltministerin Katrin Eder muss der Wald dem Klimawandel angepasst werden. Deshalb sollen mehr Baumarten angepflanzt werden, die mit Trockenheit und Hitze besser klarkommen. Das Problem: Rehe und andere Wildtiere fressen besonders gerne junge Triebe. Wenn deshalb zu wenige der neuen Bäume wachsen können, kann das Ministerium laut neuem Gesetz anordnen, dass der Wildbestand reduziert werden muss.
Tiere schießen, um den Wald zu retten. Das kritisiert auch Christoph Hildebrandt. Wir begleiten den Jäger in seinem Revier in Weinsheim im Kreis Bad Kreuznach. Er sagt: Durch das Gesetz würden die Jäger in Rheinland-Pfalz zu immer mehr Abschüssen gezwungen. Und das obwohl im Land sowieso schon rund 100.000 Rehe pro Jahr geschossen würden.
OTON Christoph Hildebrandt, Jäger aus Weinsheim
„Dass das jetzt nochmal zentralisiert. Dass das von behördlicher Seite uns auch noch weiter vorgeschrieben werden soll. Wenn ihr das nicht umsonst ein Kündigungsrecht eingeführt wird, ein Sonderkündigungsrecht. (…) Immer mit dem Ziel vor Augen, noch mehr zu schießen.“
Für den Landesjagdverband Rheinland-Pfalz steht fest: Das Gesetz ist ein „Riesenfehler“. Es gehe nur noch ums Totschießen zum Nutzen der Waldbesitzer. 20.000 Mitglieder hat der Verband. Sie helfen auch zum Beispiel bei der Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest und kümmern sich um Kitzrettungen – und das freiwillig.
OTON Dieter Mahr, Präsident Landesjagdverband Rheinland-Pfalz
„Unsere Jägerinnen und Jäger pachten freiwillig. Sie zahlen dafür Jagdpacht, sie zahlen Jagsteuer, sie zahlen Berufsgenossenschaftsbeiträge, sie gehen mit viel Herzblut rein. Wir müssen uns beteiligen an Aktionen, was die Frage von Seuchenbekämpfung angeht. (…) Und wenn dieses Gesetz kommt, dann entziehen wir uns diesem einfach indem wir nicht mehr pachten, dann haben wir nämlich einfach all diese Aufgaben, Verpflichtungen und Lasten weniger. Und das ist etwas, was keiner haben will.“
Deshalb wird der Landesjagdverband seine Proteste fortsetzen – kommende Woche ist die nächste große Demo in Mainz geplant.