Ein Jahr Afrikanische Schweinepest in Hessen

Vor knapp einem Jahr brach in Hessen die Afrikanische Schweinepest aus. Der Kampf gegen das Virus war groß – „ein Marathon, kein Sprint“, wie der hessische Landwirtschaftsminister Ingmar Jung schnell festhielt. Mit ihm sprechen wir gleich, blicken aber zunächst auf ein Jahr Schweinepest zurück.

15. Juni 2024: Bei Rüsselsheim wird erstmals in Hessen die Afrikanische Schweinepest nachgewiesen. Ein paar Wochen später: In Stockstadt am Rhein müssen über 1.000 Schweine getötet werden, der dortige Mastbetrieb hatte mehre Fälle der Schweinepest gemeldet. Für den Kreis Groß-Gerau ein Schock.
Thomas Will (SPD), Landrat Kreis Groß-Gerau
„Also es ist ein Bild, das man so eigentlich nicht sehen möchte. Das einem schon die Gänsehaut auf die Arme treibt. Da geht es um tausend Lebewesen, das lässt keinen einfach nur so, das bleibt in den Kleidern stecken.“
Für Menschen ist das Virus zwar nicht gefährlich, für Schweine aber fast immer tödlich. Das hessische Landwirtschaftsministerium richtet umgehend einen Krisenstab ein. Sperrzonen werden eingerichtet, für Landwirte gelten strenge Auflagen. Insgesamt acht Betriebe müssen ihre Schweinebestände keulen, das Virus breitet sich bis nach Rheinland-Pfalz aus. In Hessen werden über 200.000 Hektar mit Suchhunden und Drohnen nach Wildschweinkadavern abgesucht. Insgesamt 600 Kilometer Zaun werden aufgestellt. Für Jäger gibt es Abschussprämien, um den Wildschweinbestand zu reduzieren. Über 20 Millionen Euro gab das Land Hessen bislang für Maßnahmen aus.

 

Markus Appelmann: Ein Jahr nach dem Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest sprechen wir jetzt mit dem hessischen Landwirtschaftsminister Ingmar Jung. Guten Tag.
Ingmar Jung (CDU), Landwirtschaftsminister Hessen: Ich grüße Sie. Guten Abend.
Markus Appelmann: Herr Jung, blicken wir zunächst auf die aktuelle Lage. Wie stellt sich die dar?
Ingmar Jung (CDU), Landwirtschaftsminister Hessen: Na ja, ist jetzt nach einem Jahr gelungen, recht frühzeitig die Zonen einzugrenzen, die Zonen zu halten letztlich. Und nachdem wir mit vielen Kilometer Festzaun mit vielen taktischen Elektrozäunen es geschafft haben, Gebiete zu begrenzen, sind wir jetzt in einer Situation, der es gelingen kann, die Schwarzwild-Bestände zu reduzieren, verstärkt in die Jagd einzugreifen, um eine Situation zu schaffen, in der wir die Verbreitungschancen geringer haben, in der wir die Chancen zur Eindämmung größer halten. Und wir schaffen jetzt sogenannte weiße Zonen als Schutzriegel, in denen wir die Bestände versuchen, komplett leer zu bekommen, damit, falls weiteres Ausbruchsgeschehen besteht, wir dort eben Grenzen und Sperrriegel haben, damit wir keine Verbreitung nach außen mehr bekommen.
Markus Appelmann: Die Afrikanische Schweinepest ist eingedämmt, noch nicht besiegt. Das haben Sie vor kurzem gesagt. Wie geht es denn jetzt weiter?
Ingmar Jung (CDU), Landwirtschaftsminister Hessen: Ja, ich erinnere immer daran, was die EU Kommission uns von Anfang an gesagt hat: Die Bekämpfung von Schweinepestgeschehen ist nie ein Sprint, sondern immer ein Marathon. Und wir sind noch lange nicht fertig. Wir haben es geschafft, die Situation von uns zu begrenzen, einigermaßen einzudämmen. Aber die Seuche ist noch nicht weg. Wir haben nach wie vor positive Fälle. Wir müssen nach wie vor aufpassen, dass wir keine Verbreitung kriegen. Und wir wissen, dass es im Sommer immer noch etwas stärker losgehen kann. Deswegen sind wir jetzt besonders wachsam und versuchen eben diese Riegel zu schaffen. Versuchen eben Sperrriegel zu schaffen, damit wir keine Ausbreitung bekommen, und sind immer noch darauf angewiesen, dass neben der Unterstützung durch die Jägerschaft, die wir massiv haben, die uns von Anfang an unterstützt hat, die Landwirtschaft uns sehr unterstützt hat, auch die Bevölkerung weiterhin wachsam ist und darauf achtet, dass wir keine unnötigen Gefahren selbst setzen.
Markus Appelmann: Dabei ist aus der öffentlichen Wahrnehmung die Afrikanische Schweinepest ja scheinbar fast verschwunden. Gerade deshalb die Frage: Wie sollen sich die Bürger jetzt weiterhin verhalten?
Ingmar Jung (CDU), Landwirtschaftsminister Hessen: In der Tat ist es auch so unsere Sorge. Ich werde immer angesprochen, dass es mit der Schweinepest ja vorbei sei. Das ist ein gutes Signal, dass die negativen Botschaften natürlich nicht gesendet werden, weil wir es im Moment ganz gut im Griff haben, die Situation. Aber wir haben weiterhin Gefahren, wir müssen weiterhin wachsam sein. Wir fordern jeden auf, bitte schließen Sie Tore, die wir an Festzäunen eingerichtet haben. Achten Sie darauf, dass keine Fleischreste weggeworfen werden. Immer nur in geschlossenen Behältern, insbesondere an Raststätten. Und bleiben Sie weiter wachsam, damit wir nicht in so eine Situation kommen, wie wir vor einem Jahr waren. Das kann ganz schnell passieren. Und es ist wichtig, dass jeder mithilft.
Markus Appelmann: Wir müssen damit rechnen, dass solche Seuchen wie die Afrikanische Schweinepest immer wieder auftreten. Welche Schlüsse ziehen Sie für künftige Seuchenbekämpfung und -prävention?
Ingmar Jung (CDU), Landwirtschaftsminister Hessen: Also für künftige Situationen, wenn sie denn kommen, was wir nicht hoffen. Aber was immer passieren kann, haben wir jedenfalls jetzt gelernt, dass am Anfang schnelles, unbürokratisches und direktes Handeln zählt. Wir haben vom ersten Tag an sofort Maßnahmen ergriffen, haben sofort mit Kadavern begonnen, haben sofort mit Zaunbau begonnen. Die Jägerschaft, der Landesjagdverband, war vom ersten Abend mit am Tisch, hat uns massiv unterstützt mit Drohnensuchen damals dann auch die Jägerschaft sehr viel unterstützt, auch bei der Aufklärung geholfen. Also man muss sehr sehr schnell handeln. Wenn man solches geschehen bekommt, ist es der Teilbekämpfung und auch bei der Prävention, da kann man am besten nur Aufklärung leisten. Wir wissen ja inzwischen, dass das Virus, das wir in Hessen vorgefunden haben, weder in Deutschland noch in Polen vorher vorkam, sondern nur in Südosteuropa. Das heißt, wir haben einen Eintrag über irgendetwas anderes. Und deswegen arbeiten wir auch an der Aufklärung. Jeder muss wissen vielleicht: fleischeste gehören in die Tonne, in verschlossene Behälter und nicht irgendwo in die Natur. Denn man weiß nicht, ob man vielleicht irgendwo wieder ein infiziertes Teil haben könnte und dann der nächste Ausbruch droht. Deswegen ist Aufklärung in der Prävention die wichtigste Maßnahme.
Markus Appelmann: Die Afrikanische Schweinepest ist eingedämmt. Entspannt ist die Lage aber noch nicht. Danke an den hessischen Landwirtschaftsminister Ingmar Jung.
Ingmar Jung (CDU), Landwirtschaftsminister Hessen: Herzlichen Dank.