Discounter senken Lebensmittelpreise – Bauern in Sorge

Vielleicht haben sie es bei ihrem Wocheneinkauf auch schon im Portemonnaie gemerkt. Lebensmittel-Discounter wie Aldi, Lidl, Norma und Co. liefern sich gerade eine regelrechte Rabattschlacht und buhlen so um die Gunst der inflationsgeplagten Verbraucher. Die Folge: Lebensmittel werden gerade wieder günstiger. Toll, werden sie sich jetzt vielleicht denken, doch das sehen längst nicht alle so.

In dieser Frankfurter Lidl Filiale ist einiges los. Viele Kunden schieben ihren Einkaufswagen durch die Gänge und greifen zu – bei einem der 500 Artikel die nun dauerhaft günstiger sind. Die größte Preissenkung aller Zeiten – so sagt es der Discounter selbst. Und was meinen die Kunden?
Ute Minas: „Gut! Sehr gut!“ – „Warum?“ – „Ei weils die ganze Zeit zu teuer war. Da musste man sich zurückhalte, kann man net alles kaufe.“
Andrea Schneider: „Wenn jetzt ne Tafel Schokolade 1,99€ oder 2, 29€ kostet, dann überleg ich mir das 3 Mal.“
Edayatullaa Hutak: „Ich schaue auch Qualität aber meistens Preis ist auch wichtig.“
Lidl will die Haushalte nach eigenen Angaben endlich wieder entlasten, Gemüse und Butter für jeden erschwinglich machen. Und im Kampf um Marktanteile zieht die Konkurrenz nach – auch Aldi, Edeka und Rewe haben ihre Preis gesenkt. Doch wie ist das in den wirtschaftlich angespannten Zeiten möglich?
Dazu antwortet uns Lidl schriftlich:
„Die aktuelle Preissenkung ist möglich durch unser effizientes Geschäftsmodell. Durch unsere Strukturen und hohe Abnahmemengen können wir günstige Einkaufspreise erzielen und diese Vorteile direkt an unsere Kunden weitergeben. Wir setzen auf schlanke Lieferketten, reduzierte Betriebskosten und ein optimiertes Filiallayout.“
Der Discounter Aldi lehnt ein Interview mit uns komplett ab, wohl aus Angst vor Kritik. Die kommt nämlich von vielen Landwirten – so wie Egon Thomas aus dem rheinland-pfälzischen Mittelstrimmig. Er betreibt Ackerbau und hat 140 Kühe, deren Milch er an Molkereien verkauft. Die aktuellen Preissenkungen seien ein Schlag ins Gesicht der Erzeuger, meint er. Dadurch, dass die 4 größten Einzelhändler 85% des Marktes bestimmen würden, fürchtet er, dass der Milchpreis nun wieder gedrückt wird. (Denn wer billig VERkaufen möchte, muss auch billig EINkaufen.)
Egon Thomas, Milchviehbauer aus Mittelstrimmig: „Im Moment sind wir gerade wieder an neuen Kontraktverhandlungen zum Beispiel für die weiße Linie. Das heißt Trinkmilch und und und, grad für Milch. Und wenn jetzt die Preissenkungen schon angekündigt sind vom Discounter, kann man ganz klar davon ausgehen, dass auch die Molkerei Schwierigkeiten hat marktgerechte Preise durchzusetzen.
Derzeit kann er einen Liter Milch von seinem Hof noch für 48 Cent verkaufen. Weniger darf es nicht sein, sagt er, denn neben den Produktionskosten müssten die Landwirte auch Maßnahmen zum Tierwohl und Umweltschutz umsetzen.
Lidl schreibt uns dazu:
„Die von der heimischen Landwirtschaft erbrachten Nachhaltigkeitsleistungen entlohnen wir, indem wir einen Tierwohlzuschlag zahlen.“
Dennoch, wirtschaftlich seien viele Betriebe am Limit, sagt der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau.
Stefan Fiedler, Vizepräsident Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau: „In extremster Konsequenz ist das so, dass Landwirte die Betriebe schließen werden, weil viele Landwirte auch dadurch, dass wir die letzten Jahre ja auch Milchkrisen hatten, viele Betriebe keinen Nachfolger haben.“
Dann gäbe es weniger regionale Lebensmittel auf dem Markt und die Preise könnten sogar noch höher steigen als bislang. Die aktuelle Preisschlacht der Lebensmittelriesen ist also ein zweischneidiges Schwert – mit Gewinnern und Verlierern.