Landwirtschaft der Zukunft – Giessener Forscher simulieren Klimawandel

Zum allerersten Mal kooperieren die Vereinten Nationen mit einer deutschen Universität – genauer gesagt mit der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Dabei geht es um ein Forschungsprojekt, das es schon seit 35 Jahren gibt. Es soll herausfinden, wie man die Landwirtschaft bei uns – und weltweit – fit für die Herausforderungen der Zukunft machen kann.

Eine Wiese in Linden bei Gießen. Durch die Ringe können Biologen in die potenzielle Landwirtschaft der Zukunft schauen. Denn hier wird der Klimawandel nachgestellt. Das heißt, aus großen Rohren wird Grünland mit Kohlenstoffdioxid, also CO2, voll gepustet. Soviel, wie laut wissenschaftlicher Prognosen etwa in 25 Jahren bei uns erreicht wird.
Prof. Christoph Müller, Leiter experimentelle Pflanzenökologie, Justus-Liebig-Universität Gießen
„Was wir hier machen, ist Grünland. Man sieht ja, hier ist typisches, hessisches Grünland. Und wir stellen hier eine erhöhte CO₂-Konzentration ein und schauen, wie sich das Grünland letztendlich, wie das letztendlich reagiert, auf eine erhöhte CO₂-Konzentration, die wir erwarten werden, so Mitte des Jahrhunderts.“
Mehr CO₂ bedeutet mehr Photosynthese und das bedeutet ein schnelleres Wachstum der Pflanzen. Allerdings verändern sich auch die Prozesse im Boden. Und das bedeutet: Pflanzen sind nicht mehr so nahrhaft.
Prof. Christoph Müller, Leiter experimentelle Pflanzenökologie, Justus-Liebig-Universität Gießen
„Allerdings müssen wir dann natürlich auch gucken, wie sieht die Qualität der Biomasse aus. Nehmen wir mal an, eine Kuh frisst dieses Gras, dann müsste für dieselbe Milchproduktion die Kuh mehr fressen, von diesem Gras, was unter erhöhtem CO₂ gewachsen ist. Damit einher geht natürlich, die Kuh wird dann mehr Methan ausstoßen. Also was ich damit sagen will, wir haben es eigentlich mit komplexen Systemen zu tun, wo wir vielleicht eine Veränderung haben, die eine ganze Kaskade von verschiedenen Dingen anstößt.“
Auf der Wiese nebenan simulieren die Wissenschaftler zusätzlich den Anstieg der Temperaturen. In die Kreise wird heiße Luft gepustet. Hier geht es nicht um düstere Prognosen, hier geht es um Lösungsansätze. Forschung, die durch das neu gegründete Zentrum mit den Vereinten Nationen, einen internationalen Rahmen bekommt. Es ist eine virtuelle Plattform, die Wissenschaftler aus der ganzen Welt miteinander vernetzt.
Prof. Christoph Müller, Leiter experimentelle Pflanzenökologie, Justus-Liebig-Universität Gießen
„Der riesengroße Vorteil von den Vereinten Nationen ist natürlich, dass die Kontakte haben zu fast allen Ländern der Erde. Und können dann die Maßnahmen, die wir jetzt hier entwickeln, kann man da auch entsprechend testen. Also wir denken zum Beispiel an Afrika, Asien, also da, wo Bevölkerungswachstum stattfindet. Wo im Prinzip die Nahrungsmittelproduktion wichtig ist.“
Wichtig für die Nahrungsmittelproduktion weltweit und natürlich auch bei uns. Denn Landwirte und auch Unternehmen wollen wissen, was in Zukunft wo am besten angebaut werden kann.
Prof. Christoph Müller, Leiter experimentelle Pflanzenökologie, Justus-Liebig-Universität Gießen
„Es gibt weltweit kein vergleichbares System. Und da kann man schon stolz darauf sein, dass man den Klimawandel nicht nur durch Modellierung versucht zu verstehen, sondern auch tatsächlich durch Datenaufnahme, und das ist einzigartig. Das ist für die Landwirtschaft absolut notwendig, um gesichert auch Erkenntnisse zu bekommen.“
Die experimentelle Feldforschung wird vom Land Hessen gefördert. Durch die Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen bekommen die Wissenschaftler nicht mehr Geld, aber die Kooperation zeigt, dass hier bei Gießen Spitzenforschung betrieben wird.