Zu Gast im Studio: RLP-Innenminister Michael Ebling (SPD)

Zu Gast im Studio ist der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling (SPD). Mit ihm haben wir über den aktuellen Verfassungsschutzbericht und über die Debatte um Zurückweisungen Asylsuchender an unseren Grenzen gesprochen.

Der rheinland-pfälzische Verfassungsschutz wird in Zukunft alle Mitarbeiter der Fraktionen im Landtag auf Rechtsextreme Kontakte überprüfen. Sollten welche gefunden werden, sollen staatliche Gelder gestrichen werden. Grund dafür ist die bundesweite Einstufung der AfD als gesichert rechtsextrem, die momentan von Gerichten überprüft wird. Und auch der neue Verfassungsschutzbericht für das vergangene Jahr, den der Innenminister heute in Mainz vorgestellt hat, nennt den Rechtsextremismus als große Bedrohung.
Die Burschenschaft „Germania Halle zu Mainz“ wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Den Mitgliedern wird vorgeworfen, Teil der „neuen Rechten“ zu sein, die vor allem im Internet versucht, Kinder und Jugendliche anzuwerben.
Auch im neuen Verfassungsschutzbericht wird eindrücklich vor der zunehmenden Radikalisierung junger Menschen im Netz gewarnt. Innenminister Michael Ebling spricht von einer Parallelwelt.
Michael Ebling, SPD, Innenminister Rheinland-Pfalz:
Und über eine solche Parallelwelt werden gezielt auch immer jüngere Menschen angesprochen. Sie werden instrumentalisiert, sie werden auch ideologisiert. Wir erleben das beim Rechtsextremismus, wir erleben es aber auch beim Islamismus und auch hier konnten wir schon Menschen habhaft werden, die im jungen Alter schwere Straftaten planten und ganz offensichtlich übers Internet radikalisiert wurden.“
Die Zahlen sind erschreckend. In Rheinland-Pfalz gab es 2024 rund 2500 politisch motivierte Straftaten und damit ein Viertel mehr als im Vorjahr. Fremdenfeindlichen Straftaten nahmen sogar um 40 Prozent zu.
Und obwohl die Zahl der registrierten Islamisten im Land leicht abgenommen hat, schätzt der Verfassungsschutz das aktuelle Gefahrenpotential weiter als hoch ein, gerade auch wegen der andauernden Spannung wegen des Krieges in Gaza.
Elmar May, Leiter Abteilung Verfassungsschutz:
Gerade bei dieser Radikalisierung spielen gewisse Ereignisse, sogenannte Triggerpunkte – und da spielt der Gaza-Krieg eine große Rolle. Bilder von Leichen, von verstümmelten Personen – ob sie jetzt real sind oder nicht oder künstlich hergestellt – sie bewirken was bei dem Konsumenten.“
Was die rechtsextremen Verbindungen der AfD angeht, konnte der Verfassungsschutz im vergangenen Jahr noch nicht tätig werden, weil die Einschätzung der Partei als „gesichert rechtsextrem“ aus dem Mai noch nicht rechtskräftig ist.
Islamismus, Radikalisierung und immer mehr Extremismus – die Herausforderungen für den Verfassungsschutz sind groß.
Menschen abweisen, auch wenn sie um Asyl bitten – das ist an den deutschen Außengrenzen seit rund einem Monat möglich. Ausgenommen sind Schwangere, Schwerkranke oder Kinder. Angeordnet hatte das der neue Bundesinnenminister, Alexander Dobrindt von der CSU. Damit hatte er eines der großen Wahlkampfversprechen der Union umgesetzt. Ein juristisch umstrittenes Versprechen.
Vorgestern hat das Verwaltungsgericht Berlin der Klage von drei Somaliern Recht gegeben. Ihre Zurückweisung an der deutsch-polnischen Grenze sei rechtswidrig gewesen. Denn das sogenannte Dublin-Verfahren schreibe vor, dass Deutschland erst prüfe müsse, welcher EU-Staat für den Asylantrag zuständig sei. Die Bundesregierung begründet ihr Vorgehen mit EU-Verträgen, in denen steht, dass in Notlagen Ausnahmen erlaubt sind. Und in DIESER sei man in Deutschland, die öffentliche Ordnung sei in Gefahr, sagt der Bundesinnenminister. Das Berliner Gericht sieht das anders.
Anna von Öttingen, Richterin Verwaltungsgericht Berlin, am 2.6.25
Die Bundesrepublik Deutschland kann sich nicht darauf berufen, dass die Dublin-Verordnung wegen einer Notlage unangewendet bleiben dürfe. Es ist nicht hinreichend dargetan, dass eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung besteht.“
Das Gericht sagt also: Zurückweisungen von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen, so wie sie seit rund einem Monat stattfinden, sind rechtswidrig. Für die Grünen steht fest: Die Migrationspolitik der Union ist krachend gescheitert.
Carl-Bernhard von Heusinger (Bündnis 90 / Die Grünen), Abgeordneter Landtag Rheinland-Pfalz
Dass Innenminister Dobrindt nun angeküdnigt hat, an diesen Grenzkontrollen festzuhalten, intendiert einen weiteren Rechtsbruch. Ich finde, das geht überhaupt nicht.“
Auch die SPD hatte im Bundestagswahlkampf immer wieder betont, sie halte Zurückweisungen von Asylsuchenden an den Grenzen für rechtswidrig. In den Koalitionsverhandlungen mit der Union zeigte sie sich dann aber bereit, eine härtere Migrationspolitik mitzutragen.
Das könnte sich allerdings ändern, wenn es zu weiteren Urteilen kommt, die das Vorgehen an den deutschen Außengrenzen für rechtswidrig erklären.