Trans-Fußballerin beim SV Erbenheim

Das Selbstbestimmungsgesetz ist im vergangenen Jahr in Kraft getreten. Es vereinfacht transgeschlechtlichen Menschen, ihren Geschlechtseintrag ohne Gutachten oder juristische Verfahren zu ändern. Das ist nach wie vor umstritten, weil zum Beispiel frühere Männer im Frauensport Wettbewerbsvorteile haben könnten. Das trifft auch auf Melina Werner zu. Sie wurde als Junge geboren, identifiziert sich selbst aber als Frau. Seit kurzem spielt sie in einer Frauenmannschaft des Wiesbadener Vereins ‚SV Erbenheim‘.

Im Alter von fünf Jahren beginnt Melina Werner mit dem Fußballspielen. Vor zwei Monaten wechselt die 24-Jährige vom Männerteam aus Wiesbaden-Nord zum SV Erbenheim in die Frauenmannschaft. Sie hätte auch in ihrer alten Mannschaft weiterspielen dürfen, doch …
Melina Werner, Mittelfeldspielerin SV Erbenheim
„Es ist halt einfach quasi wie so eine Neugeburt, weil die Jungs da haben mich halt als Maikel kennengelernt, so wie ich vorher hieß, und hier kennt man mich nur als Melina. Probetraining hat sehr viel Spaß gemacht und hatte auch einen guten Vibe gehabt mit den anderen Mädels und dann war eigentlich sofort klar, dass ich mich nicht weiter umschauen muss.“
Vor drei Jahren hat der Deutsche Fußballbund seine Spielordnung angepasst. Trans, intergeschlechtliche und nicht-binäre Personen dürfen entsprechend ihrer Identität entscheiden, ob sie für eine Frauen- oder Männermannschaft auflaufen wollen. Das ist keine Selbstverständlichkeit. In England dürfen Transfrauen ab Juni nicht mehr gegen andere Frauen spielen, auch nicht bei den Amateuren. Melina ist ihr Körpervorteil bewusst. Daher nehme sie sich aus Fairnessgründen manchmal zurück.
Melina Werner, Mittelfeldspielerin SV Erbenheim
„Ich kann auch verstehen, dass manche so bisschen das hinterfragen, gerade auch was den Körpervorteil angeht und so was. Aber ich meine, das ist alles hier Amateur, es soll Spaß machen, hier geht’s um keine Preisgelder, wir werden nicht bezahlt. Also es ist einfach alles nur Hobby.“
Trotzdem ist es ihr wichtig, dass sich alle im Team wohlfühlen. Daher hat sie schon am Anfang angeboten, erst mal die Schiedsrichterkabine zu benutzen. In der Mannschaft wird alles offen kommuniziert. Was hat sich mit Melina als neuer Mitspielerin verändert?
Celine, Spielerin SV Erbenheim
„Nicht viel mehr, als wenn eine andere Spielerin zu uns kommt. Sie ist eine super Bereicherung, sie ist eine super Spielerin. Klar hat man ab und zu mit Kommentaren irgendwie zu kämpfen und es ist irgendwie von außen ein Thema, aber in der Mannschaft ist das Ganze eigentlich kein großes Thema, außer, dass sie eine super Spielerin ist und ein toller Charakter.“
Vorm Spiel werden die gegnerischen Teams über die Situation aufgeklärt, bisher gab es noch keine Probleme. Doch der Schritt an die Öffentlichkeit hat nicht nur für Melina, sondern auch für den Verein Konsequenzen. Sie bekommen Hasskommentare in den Sozialen Medien – häufig anonym. Zu Melinas Schutz werden beleidigende Kommentare von den Verantwortlichen sofort gelöscht.
Mike Steinbach, Vorsitzender SV Erbenheim
„Kritik kann ich verstehen, auch Melina kann Kritik verstehen, wir sind da im engen Austausch. Aber die Beleidigung ist das, was uns da wirklich zu schaffen macht oder besonders auch mir, weil Melina einfach ein feiner Mensch ist. Wir stehen zu Melina, wir haben auch mit den Mädels ausgemacht, falls es Anfeindungen gibt, dass wir geschlossen den Platz verlassen.“
Bald will Melina eine Hormontherapie beginnen. Und auch sportlich gibt es ein klares Ziel.
Melina Werner, Mittelfeldspielerin SV Erbenheim
„Die Spiele, die ich mit der Mannschaft hatte, liefen sehr gut. Hab mich auch gut eingefunden. Und nächste Saison ist der Fokus ganz klar auf dem Aufstieg.“
Bis dahin hofft die junge Frau, dass sich der Wirbel um ihre Person legt und etwas Normalität einkehrt. Denn eigentlich will Melina nur mit Spaß ihrem Lieblingssport nachgehen – so wie andere auch.