Welttag Multiple Sklerose – Was eine Diagnose bedeutet

Heute ist Welt-MS-Tag. Ein Tag, an dem Aufmerksamkeit und Verständnis für Multiple Sklerose, eine Erkrankung des zentralen Nervensystems,

Maja Litzenbauer, MS-Patientin: „Bei mir war es so, dass ich tatsächlich schon in 2019 die ersten Symptome hatte. Vor allem beim Sport. Ich spiele Handball und da es mir häufig, vor allem, wenn dann der Puls oben war und die Körpertemperatur auch hoch war, sind meine Beine einfach weggesackt. Und ich hatte so eine Art Schwächegefühl, würde ich das beschreiben, und da war ich auch damals im Krankenhaus.“

Doch erst vier Jahre später, als Maja Litzenbauer Taubheitsgefühle im Rücken, in den Händen und Füßen hatte und der Sehnerv des rechten Auges betroffen war, ist bei ihr Multiple Sklerose diagnostiziert worden. MS ist eine entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems. Die Schutzschicht der Nerven wird beschädigt. Der Verlauf ist bei jedem Menschen anders. Oft kommen die Symptome in Schüben.

Maja Litzenbauer, MS-Patientin: „Tatsächlich habe ich es im ersten Moment mit viel Humor genommen und viel Erleichterung genommen. Weil ich vier Jahre mit irgendetwas gelebt habe, wo ich nicht wusste, wo kommt das her, ist das ein eingeklemmter Nerv, was ist das, was kann ich dagegen tun. Und jetzt habe ich die Antwort, ich kann was dagegen tun, es gibt Medikamente, zwar keine Heilung, aber ich kann das Ganze eindämmen.“

Die 23-Jährige betreut hauptberuflich die Social-Media-Kanäle der Deutschen Multiple-Sklerose-Gesellschaft Hessen. Sie will vor allem junge Betroffene erreichen und unterstützen, aber auch generell auf die Krankheit aufmerksam machen. Dafür trifft sich Maja Litzenbauer am Mittag mit Benno Rehn in Fulda vor dem „Spätlesereiter“, der heute einen orangefarbenen Schal trägt.

Benno Rehn, Geschäftsführer Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft Landesverband Hessen: „Damit verzieren wir Denkmäler in ganz Hessen aus Anlass des Welttages für Multiple Sklerose. Dieser Tag wurde eingerichtet, um auf diese Krankheit aufmerksam zu machen und darauf aufmerksam zu machen, dass diese Krankheit viele verschiedene Symptome und Beeinträchtigungen haben kann.“

Beeinträchtigungen, die nicht Betroffene oft gar nicht wahrnehmen.

Maja Litzenbauer, MS-Patientin: „Das ist eine Erschöpftheit, die kann sich keiner vorstellen, der nicht selbst darunter leidet, und ich finde, das ist ein Symptom, auf das man vielmehr aufmerksam machen muss.“

Markus Appelmann, Moderator 17:30 Sat.1 live: „Ein Symptom von vielen – darüber spreche ich jetzt mit Leiter der MS-Ambulanz am Frankfurter Uniklinikum, Doktor Yavor Yalachkov. Guten Abend!

Dr. Yavor Yalachkov, Leiter MS-Ambulanz Uniklinikum Frankfurt: „Guten Abend. Grüße Sie“.

Markus Appelmann: „Um die Symptome ging es gerade schon. Auf welche muss man da bei sich selbst achten, wie merkt man, dass man Multiple Sklerose hat?“

Dr. Yavor Yalachkov: „Die Multiple Sklerose ist auch bekannt als die Erkrankung der 1000 Gesichter. Und diesen Namen hat sie sich verdient aufgrund der Tatsache, dass sie tatsächlich sehr vielfältige Symptome machen kann. Das ist eine Augenimmunerkrankung, das heißt, das eigene Immunsystem greift die Nervenzellen an, insbesondere die Isolierungsschicht und Nervenzellen. Und je nachdem, in welchem Teil des zentralen Nervensystems die Schädigung stattfindet, also zum Beispiel am Sehnerv, im Gehirn, im Rückenmark, kann es auch unterschiedliche Symptome machen. Das heißt, es kann eine zum Beispiel Sehstörungen sein, die durch den Augenarzt nicht zu erklären ist. Das kann auch eine Lähmung sein, wo eine bestimmte Schwäche von einem Arm oder von einem Bein vorliegt, eine Gangstörung, eine Koordinationsstörung, eine Sprechstörung. Das kann auch eine Inkontinenz machen. Bzw. Blase und Mastdarmstörungen. Es kann aber auch ganz unterschiedliche, sowohl kognitive als auch emotionale Probleme machen.“

Markus Appelmann: „MS zeigt sich also bei jedem anders – Sie haben es ja gesagt: Die Krankheit der 1000 Gesichter. Jetzt wissen wir, dass es eine UNHEILBARE Krankheit ist. Was für ein Leben steht ihren Patienten denn nach der Diagnose Multiple Sklerose bevor?“

Dr. Yavor Yalachkov: „Eine unheilbare Krankheit. Das klingt ja erst mal wie ein Urteil. Und deswegen. Bevor ich jetzt auf diese Frage konkret eingehen, möchte ich vorab sagen Das ist heutzutage ganz anders. Ja, streng genommen ist es eine unheilbare Krankheit. Wir können sie jetzt nicht wegzaubern, aber wir können sie so gut unter Kontrolle halten, dass sie wie ausgeheilt ist. Im besten Falle. Natürlich gibt es eine sehr große Varianz zwischen den Patienten, aber bei den meisten können wir es mit den heutzutage verfügbaren Therapien eigentlich sehr gut hinkriegen, so sie ein einigermaßen normales Leben führen kann Das schlicht die Lebenserwartung kann ganz normal sein, Die können genauso lange leben wie jemand anders ohne die Erkrankung. Die Betroffenen können ganz normal ihre Hobbies, Sport, ähm Job, Ausbildung, Familienplanung inklusive Schwangerschaft und Stillen fortführen“

Markus Appelmann: „Da möchte ich einhaken. Sie haben gerade gesagt, Sie können Multiple Sklerose so gut im Griff halten, dass es WIE ausgeheilt ist. Könnte MS irgendwann heilbar sein?“

Dr. Yavor Yalachkov: „Das ist natürlich eine mutige Formulierung. Trotzdem möchte ich gerne Optimist bleiben und ich würde sagen, ich kann es mir vorstellen. Es gibt verschiedene Ansätze. Es gibt Ansätze, die das Immunsystem noch stärker modulieren als die Medikamente, die wir heutzutage haben. Zum Beispiel indem man genetisch modifizierte, patienteneigene Immunzellen einsetzt, um die Autoimmunfunktion zu bekämpfen.
Das steckt doch noch in den Kinderschuhen. Das ist noch weit weg von der Praxis. Aber trotzdem ist es ein erstes positives Anzeichen.“

Markus Appelmann: „Man kann also mit einer guten Therapie schon ein nahezu normales Leben führen. Ein wichtiges Thema über das wir gesprochen haben mit Doktor Yavor Yalatschkov, danke Ihnen für das Gespräch!“

Dr. Yavor Yalachkov: „Ganz herzlichen Dank auch für die Einladung.“