Kassel beschließt Bettensteuer

Offenbach will sie, Kassel bekommt sie zum ersten Juli: die Übernachtungssteuer. Das bedeutet, dass die Kasseler Hoteliers dann fünf Prozent ihres Zimmerpreises als Steuer abgeben müssen. Das hat die Stadt gestern Abend nach monatelangem Hin und Her entschieden. Schlecht für die Reisenden, denn am Ende werden sie die Zeche zahlen. Aber auch die Hoteliers sind nicht glücklich mit dieser Entscheidung.

Wo im 14. Jahrhundert Ordensbrüder gelebt haben, lassen es sich heute Hotelgäste gut gehen. Der Renthof in Kassel hat 55 Zimmer. Geleitet wird das Haus von Jasmin Ohlendorf. Wie sich die Übernachtungssteuer auf ihre Zimmerpreise auswirken wird, kann sie noch nicht sicher sagen.
Jasmin Ohlendorf, Hoteldirektorin
„Bei uns im Haus werden wir ein ausgewogenes Mittelmaß finden müssen. In den letzten Jahren hat sich der Hotelzimmerpreis in Kassel fast schon verdoppelt. Wir haben einen Preis, der nicht mehr zu toppen ist.“
Grund sind die gestiegenen Energie- und Lohnnebenkosten. Ein Einzelzimmer kostet hier durchschnittlich 115 Euro die Nacht. Die meisten Gäste sind Geschäftsreisende. Die Zimmerrechnung übernehmen also ihre Arbeitgeber.
Jasmin Ohlendorf, Hoteldirektorin
„Und auch dort haben wir im Vorfeld schon Gespräche geführt, was das für die einzelnen Unternehmen bedeutet, wenn wir jetzt eine fünfprozentige Erhöhung der Übernachtungspreise auch an die Gäste weitergeben müssen. Und dort war die Tendenz eher, wir haben jetzt ein Maß erreicht, wo man einfach schauen muss, wie man Kosten einspart und dann tatsächlich in den Umkreis ziehen wird.“
Denn im Umland der Stadt gibt es eine solche Steuer nicht. Die gilt in Kassel für alle Pensionen, Hotels und Airbnb-Wohnungen, nicht aber für Reisen von Schulklassen. Kassel hatte im vergangenen Jahr eine Bettenauslastung von 38 Prozent und ist damit eines der hessischen Schlusslichter. Eine solche Übernachtungssteuer belaste die Häuser nur zusätzlich, sagt Oliver Kasties vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband. Er geht deshalb davon aus, dass die Zimmerpreise steigen werden.
Oliver Kasties, DEHOGA Nord- und Ost-Hessen
„Wir wären aus der Hotelleriebranche sozusagen für eine Tourismusabgabe gewesen, die ja zweckgebunden eingesetzt werden muss. Ne Steuer hingegen kann vielseitig eingesetzt werden oder verwendet werden seitens der Stadt. Und da haben die Hotels berechtigterweise die Vermutung, dass das in Haushaltslöcher verschwindet.“
Bei der Tourismusabgabe hätten die Gäste drei Euro pro Nacht auf ihren Zimmerpreis bezahlt. Aber: Die Akzeptanz unter den Gästen sei höher, da die Abgabe eben unmittelbar in touristische Zwecke fließt. Der Tourismusbeitrag war lange auch die favorisierte Lösung der Stadt. Aber:
Norbert Wett (CDU), Dezernent für Tourismus Kassel
„Der Tourismusbeitrag ist rechtlich nicht sicher umsetzbar, da es hier eine Verordnung gibt in Hessen, die das verbietet. Und zwar haben wir gleichzeitig noch einen Kurbezirk hier und ein Kur- und ein Tourismusbezirk gleichzeitig, das geht nicht. Deswegen muss die Verordnung geändert werden.“
Warum also nicht warten, bis das Land die Verordnung in Angriff nimmt?
Norbert Wett (CDU), Dezernent für Tourismus Kassel
„Die Übernachtungssteuer ermöglicht uns zum einen, Streichungen in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten zu vermeiden. Und zum anderen auch den Tourismus in dem Bereich auszubauen, wie wir das die ganze Zeit tun. Wir geben pro Jahr 50 Millionen für Tourismus aus.“
Durch die Übernachtungssteuer erhofft sich die Stadt zusätzliche Einnahmen von jährlich 3 Millionen Euro. Jasmin Ohlendorf und ihre Kollegen wollen jetzt versuchen, den Entscheid doch noch mit einem Bürgerbegehren zu kippen.