Gewerkschaft der Polizei fordert mehr Personal

Heute in zwei Wochen soll Friedrich Merz zum Bundeskanzler gewählt werden. Doch vorher muss erst noch der Koalitionsvertrag, den Union und SPD ausgehandelt haben, von den Parteien abgesegnet werden. Die CSU hat das bereits getan, die CDU will am kommenden Montag darüber entscheiden und bei der SPD, da haben die Mitglieder das letzte Wort. Mitte nächster Woche wissen wir mehr. Ganz genau in den Koalitionsvertrag reingeschaut hat der Vorsitzende der hessischen Gewerkschaft der Polizei, Jens Mohrherr. Was er von den Plänen hält, darüber sprechen wir gleich mit ihm. Vorher ein Blick auf das Thema innere Sicherheit im Koalitionsvertrag.

Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD. Er verspricht nicht weniger als eine „Zeitenwende in der Inneren Sicherheit“.
Die Koalitionäre wollen unter anderen eine „dreimonatige Speicherpflicht für IP-Adressen“ einführen. Dazu soll es ein neues „Bundespolizeigesetz mit zeitgemäßen rechtlichen Grundlagen“ und „weitere Ermittlungsbefugnisse“ geben.
Weitere Ermittlungsbefugnisse also auch für die rund 10.000 Polizeibeamte in Rheinland-Pfalz und ihre 16.000 Kollegen in Hessen. Beide Bundesländer haben ein gemeinsames Problem: Ihre Beamten schieben einen riesigen Berg von Überstunden vor sich her. Rund 4 Millionen Überstunden sind es momentan alleine in Hessen.
Dazu kommt: Immer mehr Polizeibeamte werden Opfer von tätlichen Angriffen. 2023 waren es laut Bundeskriminalamt deutschlandweit rund 106.000.
Der Druck auf die Koalitionäre ist also groß.
Doch für unseren heutigen Studiogast, den Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei Hessen Jens Mohrherr, steht fest: „Der Koalitionsvertrag bleibt vage und die Politik zaudert.“
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Markus Appelmann, Moderator:
Und jetzt ist er bei uns im Studio. Guten Abend, Jens Mohrherr.
Jens Mohrherr, Landesvorsitzender Gewerkschaft der Polizei Hessen:
Guten Abend.
Appelmann:
“Der Koalitionsvertrag bleibt vage”, sagen Sie. Was passt Ihnen nicht?
Mohrherr:
Nun, es steht einiges drin. Das haben wir gerade im Einspieler gesehen. Aber – und das ist ein großes Aber – die konkreten Finanzierungsvorhaben sind nicht beschrieben, und das macht uns große Sorge. Denn bei Einführung von Künstlicher Intelligenz, von Software-Programmen bedarf es immer Menschen, die diese auch bedienen.
Appelmann:
Jetzt geht ja die Politik aber auch immer einen Schritt auf sie zu. 10.000 Polizisten in Rheinland-Pfalz, 16.000 in Hessen – die Zahl steigt stetig. Warum reicht Ihnen das nicht?
Mohrherr:
Nun, weil auch das Kriminalitätsaufkommen stetig steigt. Das heißt, wo vor zehn Jahren wenig im Internet los war, ist heute eine ganze Menge los. Wir haben Schwerpunkt mittlerweile bei Cyberkriminalität, bei der Internetkriminalität, bei der Kinderpornographie-Bekämpfung. Und das sind eben Sachen, die einen enormes Maß an Personal fordern. Und deswegen brauchen wir mehr Personal.
Appelmann:
Sie fordern schon seit langem ein einheitliches Polizeigesetz. Das war schon in der letzten schwarz-roten Koalition vor zehn Jahren ein großes Thema. Warum ist da nicht mehr passiert und was genau fordern Sie da?
Mohrherr:
Wir fordern beispielsweise eine Rückkehr zum Versammlungsgesetz, was in allen Bundesländern gleich anzuwenden ist. Wir haben jetzt ausgeprägte Versammlungsgesetze in Hessen, ein anderes als in Rheinland-Pfalz, und das kann nicht der Anspruch sein, für eine bundeseinheitliche Zeit bei der Bekämpfung möglicherweise von Straftaten, die eben auch bei Versammlungen geschehen.
Appelmann:
Wir haben gerade eben gehört: “Zeitenwende in der inneren Sicherheit”. Würden Sie das auch so unterschreiben?
Mohrherr:
Nein, mitnichten. Weil wir fordern auch 1 Milliarde als Sicherheitsoffensive. Ein Milliardenprogramm für die Polizei, für die Sicherheitsorgane in Deutschland. Die Bundespolizei braucht händeringend Personal, wenn sie nur annähernd das abbilden soll, was in Sachen Migration geschehen soll. Aber auch die Länderpolizeien, Rheinland-Pfalz und Hessen wurden als Beispiele genannt, benötigen mehr an Personal, um die Aufgaben, die stetig steigen, auch im Sinne der Bürgerinnen und Bürger übrigens nicht zum Selbstzweck, ausüben zu können.
Appelmann:
Herr Mohrherr, jetzt kommen wir noch zu einem anderen großen Thema. Es gibt einen neuen Höchststand bei Gewalttaten gegen Polizisten. Was unternehmen Sie dagegen, wie es da die Gesellschaft, wie es die Politik da gefordert?
Mohrherr:
Die Politik ist nach jedem schrecklichen Vorfall, nach einem toten Kollegen im Dienst oder nach schwerverletzten Kolleginnen und Kollegen im Dienst, immer sehr laut in ihren Forderungen. Aber die Umsetzung fehlt uns auch hier. Das heißt, wenn der Gesetzgeber das Strafgesetzbuch ändern möchte, möge er das bitte schnell tun, damit das auch nach außen sichtbar ist. Und die Justiz muss Strafrahmen, die jetzt schon existieren, dann auch zur Anwendung bringen bei solchen Ereignissen, damit auch eine Abschreckung bei solchen Taten endlich mal der Fall ist.
Appelmann:
… sagt der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei Hessen. Danke, Herr Jens Mohrherr, für Ihren Besuch bei uns.
Mohrherr:
Danke schön.