Ausgabe der Bezahlkarte stockt
Sie soll illegale Migration und Schlepperkriminalität bekämpfen: die Bezahlkarte für Geflüchtete. Die Karte soll Überweisungen und Bargeldabhebungen begrenzen um so zu verhindern, dass Geld zum Beispiel ins Ausland gesendet wird. Seit Monaten spricht die Politik darüber, doch die flächendeckende Einführung des Systems kommt in Hessen und Rheinland-Pfalz kaum voran. Unmut macht sich breit in den Kommunen, die die Karten ausgeben sollen.
In Hessen sollte es zum ersten April soweit sein. Dann wollten Ministerpräsident Boris Rhein und Sozialministerin Heike Hofmann die Bezahlkarte für Geflüchtete in ganz Hessen ausgerollt haben. Doch die Realität sieht anders aus. Weniger als 2.000 Karten sind in diesem Jahr bislang ausgegeben worden – nicht einmal jeder zweite Asylbewerber, der nach Hessen gekommen ist, hat also eine erhalten. Hinzu kommen rund 40.000 Geflüchtete, die bereits in Hessen Leistungen beziehen. Auch sie haben noch keine Karte.
Das Problem: Die Software, die die Funktionen der Bezahlkarte mit den digitalen Systemen der Städte verbindet, existiert noch nicht. Es scheint, als habe man im Sozialministerium die Komplexität der Operation unterschätzt.
Heike Hofmann, SPD, Sozialministerin Hessen
„Wir brauchen noch eine Software, die angebunden wird an die Karte. Da sind wir gerade im Gespräch mit den entsprechenden Anbietern und Herstellern. Es sind gerade noch ein paar wenige technische Hürden, die wir überwinden müssen, aber da sind wir dran.“
Ärgerlich für die Kommunen, die für den Start der Bezahlkarte bereits Personal abgestellt und geschult hatten. Im Rheingau-Taunus-Kreis ist man eigentlich überzeugt vom Nutzen der Karte, auch wenn die schleppende Einführung unnötig Ressourcen bindet.
Tobias Scheffel, Pressesprecher Rheingau-Taunus-Kreis:
„Wir müssen uns erst mal darauf einstellen. Wir müssen ja damit arbeiten und auch das Personal ist erst mal in Teilen gebunden, um das überhaupt sicherzustellen, dass das funktioniert. Von daher haben wir einen Mehraufwand, aber trotzdem wird diese Bezahlkarte ja kommen und wir versuchen uns bestmöglich darauf einzustellen. Momentan können wir das noch nicht aufgrund der fehlenden Schnittstellen.“
In Darmstadt ist man skeptischer. In einem schriftlichen Statement heißt es, angesichts der vielen Probleme sei es unabdingbar gewesen, die Einführung der Karte zu verschieben.
Barbara Akdeniz (Bündnis 90 / Die Grünen), Bürgermeisterin Darmstadt.
„Aus meiner Sicht wäre das aufgewendete Geld besser in Integrationsprojekte investiert worden. Aktuell hakt es an verschiedenen Punkten mit der Einführung, zuallererst an technischen Voraussetzungen.“
Auch im Nachbarland Rheinland-Pfalz hakt es gewaltig bei der Umsetzung. Zwar werden die Karten in den Erstaufnahmeeinrichtungen ausgegeben, in den Kommunen funktionieren sie aber nicht. Außerdem dürfen in Rheinland-Pfalz 130 von 196 Euro monatlich bar abgehoben werden. Es sind zudem Überweisungen mit der Bezahlkarte möglich. Das seien zu wenige Restriktionen, kritisiert der rheinland-pfälzische Landkreistag.
Andreas Göbel, Geschäftsführer Landkreistag Rheinland-Pfalz
„Nicht verhandelbar ist für uns die Überweisungsfunktion. Die Bezahlkarte hat ja gerade den Sinn und Zweck, die Bargeldnutzung einzuschränken. Wenn ich jetzt aber mit der Bezahlkarte Geld auf mein eigenes Konto überweisen kann, dann läuft die Funktion der Bezahlkarte vollständig zuwider und es widerspricht vollständig dem Sinn und Zweck der eigentlichen Einführung.“
Der Landkreistag will Überweisungen für Miete oder ÖPNV zulassen, also eine Positivliste führen, wohin mit der Bezahlkarte überwiesen werden darf. Alles andere soll verboten werden. Das rheinland-pfälzische Integrationsministerium will indes eine Negativliste führen und über die IBAN lediglich Überweisungen ins Ausland verbieten.
Integrationsministerium Rheinland-Pfalz
„Die Entscheidung des Landes zur Nutzung des Negativlistenverfahren trägt [somit] zu einer verwaltungsökonomischen Ausgestaltung des Bezahlkartensystems bei und entlastet die Leistungsbehörden.“