Neues Gutachten: Tempo 30 in Mainz teilweise gekippt
Für einige Mainzer Straßen gilt nicht mehr Tempo 30. Der Stadtrechtsausschuss hat das Tempolimit gekippt. Der Grund: Offenbar sind die Luftwerte in Mainz inzwischen so gut, dass es keine rechtliche Grundlage mehr für Tempo 30 gibt. Doch das letzte Wort in dieser Angelegenheit ist damit womöglich noch nicht gesprochen.
Die Verkehrsschilder sind verhüllt, auf der Fahrbahn steht noch Tempo 30. Lange nicht jeder hat schon mitbekommen, dass man hier auf Rhein-, Parcus- und Kaiserstraße wieder 50 fahren darf.
Autofahrer
„Ach wirklich? Dann müssen die alle Tafeln wieder umstellen.“
Autofahrerin
„Ist viel besser, weil man hier immer im Stau hängt.“
Motorradfahrer
„30, es ist immer sicherer.“
Fahrradfahrerin
„Ich fand es super, dass es von der Geschwindigkeit reduziert wurde und entsprechend habe ich jetzt noch mehr Angst, auf der Rheinallee zu fahren.“
Autofahrer
„Manchmal ist 30 unnötig.“
Unnötig oder sinnvoll, das mag jeder individuell bewerten. Unstrittig ist aber, Tempo 30 ist hier rechtswidrig.
Denn die Straßenverkehrsordnung sieht auf Hauptverkehrsstraßen Tempo 50 vor, für Abweichungen braucht es Gründe. 2020 hat die Stadt die Geschwindigkeitsreduzierung hier damit begründet, dass sich nur so der Stickstoffdioxid-Grenzwert von 40 Mikrogramm einhalten lasse. Die Stadt hat sich dabei auf Schadstoff-Prognosen gestützt, die lediglich bis Ende 2022 berechnet wurden. Seitdem habe sie versäumt, die Rechtsgrundlage der Maßnahme – also die Auswirkung des Tempolimits auf die Luftqualität – zu überprüfen, sagt Friedemann Kobusch, ein Mainzer Jurist, der nahezu täglich selbst auf der Rheinstraße unterwegs ist.
Friedemann Kobusch, hat Beschwerde gegen Tempo-30 eingelegt
„Das Ganze hat für mich so den Eindruck, man merkt das ja auch an verschiedenen Äußerungen, wir gehen hier nach dem Grundsatz vor, der Zweck heiligt die Mittel. Und wenn uns da eben Recht im Wege steht, so what?“
Vier Jahre ist es her, dass Friedemann Kobusch bei der Stadt Einspruch gegen die Geschwindigkeitsbegrenzung eingelegt hat, als Privatperson.
Jetzt bestätigt ein Gutachten, das die Stadt selbst in Auftrag gegeben hat: Der Grenzwert kann auch mit Tempo 50 eingehalten werden. Die Rechtsgrundlage entfällt damit, die Stadt muss Tempo 30 aussetzen, zum Unmut der Mainzer Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger.
Janina Steinkrüger (Bündnis 90 / Die Grünen), Verkehrsdezernentin Mainz
„Ich bin enttäuscht und auch traurig, ehrlich gesagt, weil, wie gesagt, ich kenne die Situation der Menschen, die an den betroffenen Straßen leben. Aber es ist eben eine andere juristische Interpretation als das bei uns die Fachverwaltung halt auch dargelegt hat.“
Steinkrüger möchte Tempo 30 bald wieder einführen und es diesmal mit Lärmschutz begründen. Dass darüber der Landesbetrieb Mobilität als übergeordnete Behörde entscheiden muss, begrüßt Friedemann Kobusch.
Friedemann Kobusch, hat Beschwerde gegen Tempo-30 eingelegt
„Da ist also sozusagen nochmal eine hoffentlich neutrale Instanz, die es rein nach rechtlichen Erwägungen beurteilt.“