Archäologische Funde in Eschwege
Im Herzen der Stadt Eschwege ragt der Nikolaiturm als Wahrzeichen in die Höhe. Auf einer Freifläche darunter soll aus einem Parkplatz eine neue Grünanlage entstehen. Bei den Bauarbeiten entdecken die Archäologen neben den bereits bekannten Grundmauern der mittelalterlichen St. Godehard-Kirche aber noch weitere Schätze. Funde, über die sich wohl auch der wohl bekanntesten Film-Archäologe gefreut hätte.
Anja Rutter, Archäologin
„Was vielleicht ein bisschen Indiana-Jones-ig ist, sind so die wirklich spannenden Dinge, wo man sehen kann, da ist eine Geschichte drin, aber wir kriegen sie nicht mehr raus. Und das ist so richtig ‚Ach, schade‘.“
Archäologin Anja Rutter ist in ihrem Element. Sie leitet in Eschwege die Ausgrabung der früheren St. Godehardkirche. Zu Beginn des Projekts rechnet das Team noch damit, nur die Grundmauern der mindestens 700 Jahre alten Kirche zu finden. Doch neben den erwarteten Steinen werden auch weitere Mauerfragmente gefunden, die sich bisher noch nicht chronologisch datieren lassen und nicht ins Bild passen. Für eine bessere zeitliche Einordnung hilft den Archäologen vor allem die Erde.
Anja Rutter, Archäologin
„Dass was wir an der Erde normalerweise angucken sind verschiedene Farben und wie es sich unter den Fingern anfühlt. Das heißt, man geht mit der Kelle da drüber und nimmt so die obere Schicht ab und dann sieht man ganz deutlich, wo der Unterschied ist. Also hier ist im Befund richtig schön. Da rot, da grau und das hat eine richtig nachzeichenbare Linie.“
Im Projekt arbeiten die Archäologen eng mit der Stadt und dem Landesamt für Denkmalpflege zusammen. Vor Beginn der Ausgrabung wurden geophysikalische Messungen durchgeführt, um herauszufinden, was genau sich im Boden befindet. Doch diese waren ungenau. Grund dafür: der Grund – die Asphaltierung des ehemaligen Parkplatzes mit einer Basaltschicht.
Eveline Saal, Landesamt für Denkmalpflege Hessen
„Und Basalt ist durch seine Eigenschaft bekannt, dass die Messung die nicht gut durchdringen. Und wahrscheinlich hat eben dieses Basaltpflaster verhindert, dass wir schon mal vorher einen Einblick in den Boden nehmen konnten.“
Neben undatierten Kirchenmauern wurden aber auch viele Gräber freigelegt. Bisher wurden um die 50 Skelette gefunden, hauptsächlich handelt es sich um verstorbene Kinder und Säuglinge. Das hängt mit den beiden Schutzheiligen der Kirche zusammen. Dem heiligen Godehard und dem Heiligen Nikolaus, die für Kinder zuständig waren.
Eveline Saal, Landesamt für Denkmalpflege Hessen
„Wenn natürlich ein Kind dann starb, was für die Familie extrem schlimm gewesen sein muss, dann hat man die Kinder gerne im Altarbereich außerhalb der Kirche auf dem Friedhof beigesetzt, um den himmlischen Beistand der Heiligen zu erbitten.“
Ein besonderer Knochenfund stellt die Archäologen aber vor ein Rätsel: das Skelett eines ausgewachsenen Menschen.
Anja Rutter, Archäologin
„Normalerweise werden Leute in der Zeit auf dem Rücken liegend beerdigt mit dem Blick nach Osten, zur aufgehenden Sonne, damit sie, wenn der jüngte Tag anbricht, direkt in die Sonne gucken können. Der liegt jetzt mit dem Kopf so vage in der richtigen Richtung, aber man sieht ganz deutlich, die Füße zeigen so rum aufwärts und dann sackt die Person so ein bisschen durch, liegt auf dem Bauch, das ist untypisch.“
Das Geheimnis um das Skelett lässt sich vermutlich niemals lüften. Bei den undatierten Mauern ist das Team optimistischer, durch weiteres Fundmaterial eine Chronologie zu erstellen.
Auch das Interesse der Bevölkerung an der Ausgrabung ist groß. Deshalb veranstaltet die Stadt in Zusammenarbeit mit den Archäologen, Tage der offenen Ausgrabung, an denen Besucher eine kostenlose Führung bekommen.
Mirko Leonhäuser
„Ich komm aus Eschwege und das war mal eine Möglichkeit zu gucken und zu hören, was hier los ist.“Beate Schneider
„Es ist sehr interessant gewesen, also vieles, was man gar nicht so gewusst hat bis jetzt mit der Kirche, was einem gar nicht so bewusst war. Auch da mit den Gräbern, dass das hier unten schon außerhalb war praktisch von der Kirche, wo die Gräber jetzt gefunden worden sind und die Geschichte dazu.“