Reaktionen zum Koalitionsvertrag von Union und SPD

Der neue Koalitionsvertrag ist quasi noch druckfrisch und deshalb starten wir damit natürlich auch heute in die Sendung. Vier Wochen lang haben Union und SPD hart verhandelt – und jetzt sorgt das Ergebnis natürlich für jede Menge Diskussionsstoff. Wie kommt er an, der Fahrplan der künftigen schwarz-roten Bundesregierung für die kommenden Jahre? Wir waren heute in Hessen und Rheinland-Pfalz unterwegs und haben viele Stimmen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft dazu gesammelt.

„Verantwortung für Deutschland“, so lautet das Motto des Koalitionsvertrags von CDU, CSU und SPD. Es ist ein Vertrag der Kompromisse. Zum Beispiel einigten sich die Parteien auf eine schärfere Asylpolitik. Doch die Forderung der Union, sofort alle Asylbewerber an den Grenzen zurückzuweisen, soll jetzt nur in Abstimmung mit den Nachbarstaaten erfolgen. Die hessische CDU zeigt sich trotzdem zufrieden mit dem Ergebnis.
Leopold Born (CDU) Generalsekretär Hessen
„Gerade in den Punkten Migration, Wirtschaft, Sicherheit, haben wir CDU-Themen platziert, Unionsthemen für die wir gekämpft haben, es ist mit Sicherheit so, dass ein Koalitionsvertrag zwischen CDU und CSU anders ausgesehen hätte, aber unter diesen Umständen ist der Vertrag wirklich eine sehr gute Grundlage.“
Im Bereich Soziales war der Union vor allem das Bürgergeld ein Dorn im Auge. Das soll nun durch eine Grundsicherung ersetzt werden, die schärfere Sanktionen vorsieht. Die SPD konnte sich bei ihrem Kernthema Rente durchsetzen: Das Rentenniveau soll bis 2031 stabil bei 48 Prozent bleiben. Außerdem peilt die neue Bundesregierung einen Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde im nächsten Jahr an. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer spricht von erfolgreichen Verhandlungen.
Alexander Schweitzer (SPD), Ministerpräsident Rheinland-Pfalz
„Die Punkte, die ich hier verhandelt habe, sind fast eins zu eins auch in den Koalitionsvertrag eingeflossen, insbesondere was die Industrie in unserem Land angeht, Automobil, Chemie, Pharma, Biotechnologie, hier gibt’s einen klaren Kurs für Wachstum, das ist ganz wichtig auch für die Beschäftigten.“
Im Bereich Steuern konnten Union und SPD sich auf Senkungen für kleine und mittlere Einkommen einigen, ebenso wie für Betriebe. Außerdem soll Strom für alle billiger werden. Eine weitere Entlastung für die Wirtschaft soll die Abschaffung des nationalen Lieferkettengesetzes sein.
Johannes Heger, Präsident der Landesvereinigung Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz
„Der Koalitionsvertrag ist wie eine Restrukturierung, also wie eine Sanierung eines Standorts. Das ist gut, weil Missstände beseitigt werden. Aber der große Wurf, die Aufbruchsstimmung, die kann ich darin nicht erkennen.// Was wir in dem Entwurf des Koalitionsvertrags gar nicht sehen, ist eine Hinwendung zur Arbeits- und Sozialpolitik, wir hätten dringend Reformen bei der Sozialpolitik gebraucht, um unsere Sozialsysteme in Deutschland Zukunftsfest zu machen.“
Die geplanten Entlastungen in der Wirtschaft begrüßt auch der Deutsche Gewerkschaftsbund DGB. Denn von denen würden am Ende auch Arbeitnehmer profitieren.
Lukas Bläsius, DGB Rheinland-Pfalz/Saarland
„Bauchschmerzen haben wir bei dem Thema Arbeitszeit. Wenn es am Ende einseitig darum gehen sollte, die Beschäftigten in den Werkshallen und Büros dieses Landes täglich länger zu binden, dann wird das mit den Gewerkschaften so nicht machbar sein.“
Denn der Koalitionsvertrag sieht vor, dass es statt der maximalen Tages-   künftig eine maximale Wochenarbeitszeit könnte. Auch von Grünen, AfD und FDP hagelt es Kritik.
Katrin Eder (Bündnis 90 / Die Grünen), Umweltministerin Rheinland-Pfalz
„Man bekennt sich zwar zu den Klimazielen, aber es bleibt völlig offen, welche Maßnahmen am Ende dazu führen sollen, dass wir die Klimaschutzziele in Deutschland erreichen und was mich schon noch ein bisschen auch schockiert tatsächlich, unter dem Schlagwort der Beschleunigung und Entbürokratisierung wird sehr viel Umweltrecht, soll geschliffen werden und auch aufgeweicht werden, ob das die Umweltverträglichkeitsprüfungen sind, beim Thema Chemikalien spielt der Schutz der Bevölkerung kaum eine Rolle.“
Robert Lambrou (AfD), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen
„Die schwarz-rote Bundesregierung bietet keine Lösung an in den Schicksalsfragen Migration, Wirtschaft und Energie, weder gibt es ausreichend Abschiebungen von illegalen Migranten in der Zukunft noch wird es eine spürbare Steuerentlastung geben und es gibt auch kein Zurück zur Kernkraft.“
Daniela Schmitt (FDP), Wirtschaftsministerin Rheinland-Pfalz
„Letztendlich stellen wir fest, dass alles, was im Koalitionsvertrag festgehalten ist, unter einem Finanzierungsvorbehalt steht, das heißt, man muss leider befürchten, dass weiter ein Gerangel auch um die erforderlichen Haushaltsmittel entstehen wird.“
Die beteiligten Parteien CDU, CSU und SPD müssen dem Koalitionsvertrag jetzt noch zustimmen. Anfang Mai soll Friedrich Merz dann zum Bundeskanzler gewählt werden.