Kommt das Handyverbot an Hessens Schulen?

Mobbing in Schüler-Chats, demütigende Handyvideos, Klingeltöne im Unterricht – das ist in vielen Schulen in Hessen Alltag. Bislang regelt jede Schule selbst, wie das Smartphone von den Schülern genutzt werden darf. In Hessen soll nun erstmals ein einheitliches Gesetz dafür auf den Weg gebracht werden. Was Schule und Schüler davon halten? Wir haben uns an einer in Frankfurter Schule umgehört.

Das ist die sogenannte „Handygarage“: An der Herderschule im Frankfurter Ostend parken die Fünft- und Sechstklässler jeden Morgen ihre Smartphones in einer Plastikbox. Bereits vor zwei Jahren hat die Integrierte Gesamtschule diese Regel eingeführt, statt Ablenkung vom Handy volle Konzentration auf den Unterricht. Die jüngeren Schüler selbst finden es gut, zumindest größtenteils.
Neven, 11 Jahre alt
„Man wird immer abgelenkt vom Handy. Wenn es klingelt, guckt man da drauf und das lenkt dann auch vom Lernen ab. Wenn ich zum Beispiel lerne und eine Mitteilung bekomme, versinke ich ganz schnell ins Handy.“
Liana, 10 Jahre alt
„Wenn man jetzt das Handy hätte, könnte man sich ja die Aufgaben einfach googeln und gucken, was es wäre. Und dann ist man auch nicht in sein Spiel oder so vertieft.“
Noah, 11 Jahre alt
„Ich finde es eigentlich nicht so gut. Du musst mit deiner Mutter zu einem Termin und du hast ihn halt vergessen, dann ruft deine Mutter dich in der Schule an – und dann kannst du halt nicht rangehen, weil du dein Handy abgegeben hast.“
Die meisten Eltern hier befürworten aber das Handyeinsammeln. Damit ihre Kinder wenigstens in der Schule etwa vor dem gemeinsamen Anschauen fragwürdiger Inhalte geschützt sind. Oder davor, heimlich gefilmt zu werden und anschließend im Internet zu landen.
Mareike Klauenflügel, Schulleiterin IGS Herder
„Diese Situation hatten wir auch schon, dass wir dann Anfragen und auch Sorge von Eltern hatten, die gesagt haben: Von meinem Kind finden sich Dokumentationen aus dem Schulalltag – wie kommt das dahin, was ist da passiert? Und sowas möchten wir vermeiden.“
Bislang mussten sich Schulen im Zweifelsfall auf ihr Hausrecht berufen, eine rechtliche Grundlage fehlt im hessischen Schulgesetz. Genau das will die schwarz-rote Landesregierung ändern und die private Handynutzung an Schulen zunächst ganz verbieten.
Armin Schwarz (CDU), Bildungsminister Hessen
„Wir haben einen Flickenteppich in Hessen. Jede Schule muss derzeit selbst regeln. Jede Kollegin, jeder Kollege muss sich rechtfertigen gegenüber den Eltern. Die Eltern müssen sich gegenüber den Kindern rechtfertigen, wie es mit dem jeweiligen privaten Smartphone aussieht. Und auch die Schulleitungen müssen sich rechtfertigen. Wir helfen hier, schaffen klare Strukturen.“
Die Lehrer bestimmen, wann Smartphones im Unterricht etwa zur Medienbildung genutzt werden dürfen. Und es soll weitere Ausnahmen geben: Oberstufenschülern etwa kann der Blick aufs Handy erlaubt werden. Ein Smartphone nur mitzuführen, soll ebenfalls weiter erlaubt sein. Die Schulen erhalten einen Handlungsspielraum, doch genau hier gibt es für die Opposition zu viele offene Fragen: Lehrer und Schulen würden nicht entlastet, sondern müssten den Rahmen doch wieder selbst festlegen.
Daniel May (Bündnis 90 / Die Grünen), Abgeordneter Landtag Hessen
„Sie lassen die Lehrerinnen und Lehrer damit allein. Das ist genau das Gegenteil, was die Vertreter der Schulpraxis immer wieder gefordert haben.“
Der AfD geht das Verbot nicht weit genug, die FDP ist gegen ein Verbot.
Die Herderschule in Frankfurt will ihre Handygarage schon demnächst auf die siebte und achte Klasse ausweiten. Das hessenweite Handyverbot soll ab dem kommenden Schuljahr gelten. Ob damit dann aber alle Handydiskussionen wirklich beendet sind, bleibt zumindest fraglich.