Schwerere Erkältungskrankheiten nach Corona?

Husten im Bus, schniefende Nasen auf der Arbeit – in Deutschland leiden gerade rund 6,7 Millionen Menschen an einer Atemwegsinfektion. Aber woran liegt der hohe Krankenstand? Einige vermuten, dass es etwas mit den Folgen der Corona-Pandemie zu tun haben könnte? Aber ist das wirklich so? Wir sind dem ganzen auf die Spur gegangen.

Es ist der Höhepunkt der Grippewelle. Überall hört man es niesen, husten, schnäuzen. Dementsprechend voll sind die Wartezimmer in den Arztpraxen. So auch bei Allgemeinmediziner Stephan Briem in Mainz.
Dr. Stephan Briem, Hausarzt in Mainz
„Also wir erleben im Moment einen Gipfel der Grippewelle, das kann man wahrscheinlich so sagen. Die letzten Wochen sind geprägt von sehr vollen Infektsprechstunden bei uns in der Praxis. Gerade am gestrigen Tag kann ich sagen, dass wir 40 bis 50 Akutpatienten mit Atemwegsinfekten in der Praxis betreut haben. Und auch eine vergleichbare Zahl, die sich über eine telefonische Krankschreibung krankgemeldet haben.“
Einige Patienten berichten, sie seien jetzt viel öfter krank als vor der Coronapandemie. Könnte also eine vorangegangene Covid-Infektion Schuld an der Krankheitswelle sein? Wir fragen den Direktor der Klinik für Kardiologie am Universitätsklinikum Marburg. Bernhard Schieffer forscht zu den Spätfolgen von Corona.
Prof. Dr. Bernhard Schieffer, Klinikdirektor Kardiologie Universitätsklinikum Marburg
„Es mehren sich die Befunde aus der Wissenschaft, dass Teile des Virus persistieren über Monate bis Jahre und das Immunsystem kompromittieren. Und da ist es nicht erstaunlich, dass die Empfänglichkeit für andere Viruserkrankungen – und hier sind vor allem im Moment RSV und Influenza sehr groß – dazu führen, dass die Menschen häufiger ausfallen und schwerere Erkrankungen haben. Schwerere Erkrankungen der Atemwege aber auch vor allem schwerere Erkrankungen, die mit einer Herzbeutel- und Herzmuskelentzündung einhergehen und das ist tatsächlich etwas, das uns große Sorgen bereitet. Sie kommen mit den Infekten nicht mehr so schnell zurecht, weil sie den ersten noch nicht abgeheilt haben und schon kommt der zweite drauf.“
In welcher Weise das Coronavirus das Immunsystem schwächt und welche Faktoren dabei eine Rolle spielen könnten, dazu stehen die Forschungen noch ganz am Anfang. Auch in Marburg wird daran intensiv geforscht, denn die Folgen der Durchseuchung der Bevölkerung sind im Klinikalltag deutlich zu spüren.
Prof. Dr. Bernhard Schieffer, Klinikdirektor Kardiologie Universitätsklinikum Marburg
„Ja, wir haben wirklich viele Patienten, viele viele Patienten, die mit einer bisher anscheinend simplen RSV oder Influenza bei uns auflaufen und schwerst immunkompromittiert sind. Wir haben Patienten an Kreislaufunterstützungssystemen, an Herz-Lungen-Maschinen liegen, die genau diese Probleme haben. Und wir wissen überhaupt nicht, warum das so ist. Das sind Menschen, die vorher vermeintlich völlig gesund waren.“
Um das Immunsystem zu stärken können Vitamin-D-Tabletten helfen. Besonders wichtig ist es jedoch Ansteckungen zu vermeiden. Und dabei helfen nur die alten Corona-Regeln: Abstand und Maske!